Studentin aus Lübeck misst sich im Kitesurfen mit der Weltklasse

Zwei Jahre hat sich Giulia Böhmerle darauf gefreut: Im vergangenen Semester hat die Medizinstudentin, die aus Süddeutschland kommt und wegen ihrer Leidenschaft Kitesurfen an die Küste zog, ihr Physikum oder Erstes Staatsexamen an der Medizinischen Universität zu Lübeck abgelegt. „Das gab mir die Zeit, erstmals an einem World Cup teilzunehmen.“ Unglaubliche Erfahrungen auf den Kapverden: Erste Station der Global Kitesports Association (GKA) World Tour 2020: Sal, eine der kapverdischen Inseln. Vier Wochen verbrachte die angehende Medizinerin dort, trainierte sogenannte Freestyle-Tricks am „Kite Beach“, lernte den berühmten Spot „Ponta Preta“ kennen und machte „unglaubliche Erfahrungen“. Vor allem mit der Natur: Wenn man bei ablandigem Wind mit dem Land im Rücken hinaus surfe, „auf das offene Meer hinaus blickt, gleichen die Farben bei Sonnenschein einem Wassermalkasten, und die Stimmung ist durch eine Portion Respekt vor der Natur einfach einmalig!“ Tolle Unterstützung der Kollegen aus aller Welt: Aber auch menschlich habe sie tolle Erfahrungen gemacht, „ich habe viel Unterstützung bekommen“, sagt die 22-Jährige. Sportlich war sie ebenfalls erfolgreich: Nach mehreren Runden kam sie unter 28 Frauen aus aller Welt auf den neunten Platz, der gleich mehrfach vergeben wurde. Natürlich sei sie auch etwas aufgeregt gewesen vor der ersten Runde, „dabei hat mir aber meine Prüfungserfahrung aus dem Studium sehr geholfen, und ich habe auch wirklich tolle Unterstützung unter den Ridern gefunden, so dass ich das meistern konnte.“ „Es ist wie eine Sucht – ich brauch’s immer wieder!“: In den Wellen reiten, nicht nur die Kraft des Wassers, sondern auch die des Windes im Gleitschirm einkalkulieren müssen, das Board ohne Schlaufen auch bei Sprüngen von drei bis vier Metern Höhe immer an den Füßen halten – ein harter, nicht ungefährlicher Sport. Doch Giulia Böhmerling steht seit ihrem 14. Lebensjahr auf dem Brett: „Mein Vater hat mir das Kitesurfen beigebracht“, sagt sie. Es wurde zu ihrer absoluten Leidenschaft. „Man ist mit der Natur in direktem Kontakt – das ist wie eine Sucht, ich brauch’s immer wieder!“ Verletzt habe sie sich bislang nie ernsthaft, „ich habe auch noch nie Angst gehabt.“ Kleinere Blessuren blieben allerdings nicht aus, denn „ab und an trifft man mal das Riff . . .“ Viel auf Reisen: Die absoluten Hotspots fürs Kitesurfen liegen natürlich weit entfernt von Schleswig-Holstein, zum Beispiel am Atlantik in Frankreich oder Spanien oder gar auf anderen Kontinenten. Aber: In ihrer Freizeit während des Semesters sucht Giulia Böhmerle Wellen und Wind vor allem auf oder vor Fehmarn. In den Wintermonaten zieht es sie in wärmere Gefilde. Einkünfte durch Job und Sponsering: Flugreisen, Unterkunft, das alles ist nicht ganz preiswert. „Bislang habe ich immer nebenbei in der Industrie gearbeitet und davon meine Winterreisen finanziert“, sagt sie. Zudem hat sie inzwischen einen Sponsor: die italienische Kitemarke Roberto Ricci Designs (RRD), die sie mit Material unterstützt. „Und meine Eltern sponsern mich auch gelegentlich.“ Kitesurfen, wie es die Lübecker Studentin betreibt, ist gerade für Frauen noch relativ neu. Hier steht man auf einem Surfbrett mit Spitze (wie beim Wellenreiten), das sich nur in eine Richtung fahren lässt und mit den Füßen umgedreht werden muss. Das Board hat keine Schlaufen (Straps). Giulia Böhmerle betreibt zudem „Strapless Freestyle“, das sind Sprünge und Tricks mit dem schlaufenlosen Board. Kiteboarden ist deutlich weiter verbreitet. Hier steht der Sportler mit den Füßen in Schlaufen auf einem Board, das einem Snow- oder Wakeboard ähnelt. Abstimmung mit dem Uni-Plan: Zeitlich, so könnte man vermuten, lässt sich ein Medizinstudium mit einem Extremsport, der in aller Welt betrieben wird, schwer vereinbaren. Doch für die 22-jährige Wahl-Lübeckerin scheint das kein Problem zu sein: „Die Prüfungen sind immer während der Semesterzeit – das passt.“ Die World Tour geht weiter: Nach dem ersten Weltcup-Termin ist vor dem nächsten: Im Mai steht Marokko auf dem Programm der Tour, im August Sylt, Anfang September Hvide Sande (Dänemark), Ende September Mauritius, im Dezember Brasilien. Soweit der vorläufige Plan. Ob alle Termine gehalten werden können, ist wegen der Corona-Krise allerdings noch ungewiss. In der Szene wird man auf alle Fälle noch eine Menge von der Studentin aus Lübeck hören. Wer ihren Weg auf Instagram verfolgen will, kann das Mehr Nachrichten aus Lübeck lesen Sie hier. Von Sabine Risch

Extremsport - Lübecker Studentin misst sich im Kitesurfen mit der Weltklasse