Toter am Burgfeld: Lübecker Rechtsanwalt schließt Notwehr aus

Es war eine schreckliche Fehleinschätzung der beiden Männer, die eine Villa am Lübecker Burgfeld für verlassen, für einen „Lost Place“ hielten und in der vorletzten Nacht des Jahres in das Haus einstiegen. Wenig später schoss der Bewohner des Hauses auf die flüchtenden Männer, ein 38-Jähriger wurde von drei Schüssen getroffen und starb. Neben der menschlichen Tragik des Vorfalls ist das Geschehen für den Lübecker Strafrechtler Frank-Eckhard Brand aber auch „ein interessanter juristischer Fall“. Für den erfahrenen Rechtsanwalt ist eines vollkommen klar: „Notwehr scheidet definitiv aus.“ Hausfriedensbruch und Flucht: Zur Begründung sagt er, der Hausfriedensbruch, den die beiden Eindringlinge begangen hätten, sei zwar grundsätzlich ein Notwehr-fähiges Delikt. Aber: Der vermutete Angriff der Eindringlinge sei „nicht mehr gegenwärtig“ gewesen, als der Hausbesitzer geschossen habe, denn beide befanden sich auf der Flucht und waren bereits außerhalb des Hauses. „Zudem war der Schusswaffengebrauch unverhältnismäßig“, sagt Brand, der den Fall auch mit seiner Tochter, einer Jura-Studentin, diskutiert habe. Waffengebrauch unverhältnismäßig: Selbst wenn sich der 57-jährige Eigentümer innerhalb des Hauses von den beiden jungen Männern bedroht gefühlt hätte, wäre der sofortige Waffengebrauch unverhältnismäßig gewesen. Vorausgesetzt, die Männer wollten tatsächlich nur einen „Lost Place“ (verlassener Ort, Anm. d. Red.) aufsuchen. Totschlag und versuchter Totschlag: Die tödlichen Schüsse in den Rücken des 38-Jährigen wertet Brand auf alle Fälle als Totschlag; hinzu komme, weil er vermutlich auf den anderen Eindringling geschossen habe, versuchter Totschlag. Bereits am Wochenende hatten zahlreiche LN-Leser bei Facebook intensiv über den Vorfall am Burgfeld diskutiert. Lesen Sie auch Haftbefehl in Lübeck wegen Totschlags: Verdächtiger war ein Waffennarr Toter in Lübeck: Polizei fasst Verdächtigen - Opfer starb durch drei Schüsse Drei Überfälle in 10 Tagen: Toter im Lübecker Stadtpark wurde von der Polizei gesucht Schüsse auf Flüchtenden: Heimtücke im Spiel? Der Lübecker Rechtsanwalt überlegt aber weiter, man müsse sich eventuell auch Gedanken über das Mordmerkmal der Heimtücke machen. Einem Flüchtenden außerhalb der eigenen vier Wände mehrfach in den Rücken zu schießen, könne vom Gericht auch als „heimtückischer Überfall“ gewertet werden – womit aus dem Vorwurf des Totschlags ein Mordvorwurf werden könnte. Von Sabine Risch