Travemünde: Hotel Stilwerk Baubeginn später. Finanzierung ungewöhnlich

Der Neubau verzögert sich: Noch ist unklar, wann der Bau des Hotels Stilwerk startet. Angepeilt ist der Baubeginn bis zum Sommer 2021. Dabei sollte das Design Hotel schon im Sommer 2020 eröffnen. Hotel Stilwerk: Baugenehmigung ist da: Doch: Es hat gedauert, bis die Stadt eine Baugenehmigung erteilt hat. Sie liegt seit Dezember 2019 vor. Dann kam Corona – und die Pandemie hat das Vorhaben weiter verzögert. Mittlerweile hat die Stadt die Frist der Baugenehmigung verlängert bis zum 30. Juni 2022. Heißt: Bis dahin muss der Hotel-Neubau starten, dann endet die Gültigkeit der Baugenehmigung. Kleinanleger haben in Travemünder Hotel investiert: Unterdessen werden private Kleinanleger unruhig. Denn sie haben Geld in das Projekt gesteckt - und wissen nicht, ob sie es wieder bekommen. Die Finanzierung des Hotels Stilwerk ist ungewöhnlich. Zumindest ist sie in Lübeck nicht weit verbreitet. Das Zauberwort heißt Schwarmfinanzierung. Konkret: Der Bau des Hotels kostet 13 Millionen Euro – Stand 2018. Die Investoren sind der Hamburger Stilwerk-Chef Alexander Garbe und Travemünder Gastronom Azer Bislimaj. Mittlerweile sind die Kosten gestiegen. Das bestätigt Garbe. Zur genauen Höhe möchte er keine Auskunft geben. Finanzierung über Exporo: Aber: Von den 13 Millionen Euro werden 2,2 Millionen Euro von privaten Kleinanlegern finanziert. Die Investoren haben das Bauprojekt der Online-Plattform Exporo angeboten. Exporo ist ein Schwarmfinanzierer – oder auch Crowdfinanzierer genannt – und sammelt Geld bei privaten Kleinanlegern für Immobilienprojekte. Die Anleger erhalten dafür einen festen Zinssatz. Das Travemünder Projekt wird als Kurpark Hotel vermarktet. Exporo hat 2,2 Millionen Euro dafür eingesammelt. Insgesamt haben 1301 Anleger ihr Geld in das Bauvorhaben gesteckt, nach Auskunft von Exporo. Damit hat jeder Kleinanleger im Durchschnitt 1700 Euro in das Hotel-Projekt investiert – als Darlehn. Dafür gibt es 5,5 Prozent Zinsen. Satte Rendite von 5,5 Prozent: Ein gutes Geschäft für beide Seiten. Für den Investor: Er kommt unbürokratisch an Geld. „Es war die am schnellsten verfügbare Finanzierung“, sagt Garbe, „um die Baugenehmigung und die weitergehende Planung zu ermöglichen.“ Und für die Anleger. Denn 5,5 Prozent sind eine ungewöhnlich hohe Rendite. Bei Banken gibt es aktuell für Otto Normalverbraucher Null Zinsen für Guthaben. Wer sechsstellige Summen auf seinem Konto parkt, muss bei einigen Banken sogar noch Geld dafür bezahlen. Hotelprojekt: Anleger noch ohne Geld: Beim Travemünder Projekt haben die Anleger allerdings noch nichts von ihrem Geld gesehen. Die Anleger sollten ihre Darlehn samt Zinsen am 31. Oktober 2020 erhalten. Aber da der Bau des Hotels noch nicht begonnen hat, fließt auch kein Geld. Denn häufig nutzen Investoren die Gelder aus der Schwarmfinanzierung, um damit Kredite bei den Banken zu erhalten. Platt gesagt: Sie nutzen es als Eigenkapital. Lesen Sie auch Travemünde: Neues Stilwerk-Hotel wird gebaut Stadtbibliothek in Travemünde muss Stilwerk-Hotel weichen Travemünde - Hotel in der Parkallee soll 2019 eröffnen – LN - Lübecker Nachrichten So ist das auch in Travemünde. Exporo bestätigt: „Das Darlehen der Anleger soll durch die Auszahlung der Finanzierungssumme des Kreditinstitutes zurückgeführt werden, welches den Hochbau begleitet.“ Allerdings dauern die Gespräche zwischen Investor und Banken länger als gedacht – wegen der Corona-Pandemie. Kein Datum für Rückzahlung: „Wir wurden darüber in Kenntnis gesetzt, dass diese Verhandlungen langsamer verlaufen als angenommen“, so Exporo. Die Folge: Es gibt keinen Termin für die Auszahlung der Darlehen an die Anleger. „Eine zeitliche Einschätzung ist uns zum aktuellen Zeitpunkt jedoch nicht möglich.“ Allerdings steht Exporo zum Hotel-Projekt in Travemünde. „Wir sind weiterhin überzeugt von Standort und Vorhaben.“ Risikoreiche Anlage: Klar ist aber: Das Investment für Anleger ist risikoreich. Denn im Falle der Insolvenz des Projektes, kriegen sie ihr Geld meist nicht wieder. Totalverlust heißt das in der Finanzwelt. Diese Form der Geldanlage „eignet sich für den erfahrenen, selbstbestimmten Anleger“, schreibt Exporo selbst, „der die Risiken dieser Investments kennt und einschätzen kann.“ Exporo ist einer von mehreren Crowdfinanzierern auf dem Markt. Die Projekte des Unternehmens teilen sich in zwei Bereiche auf. Nummer eins: Bestand – Anleger investieren in vermietete Immobilien. Nummer zwei: Finanzierung – Anleger investieren in Neubauprojekte wie beim Hotel Stilwerk in Travemünde. Insgesamt hat Exporo 376 Projekte finanziert – Stand Ende 2020. Bis Ende 2020 hat die Plattform den Anlegern von 193 Projekten das Geld zurückgezahlt. Die anderen Projekte laufen noch. Bis Ende 2020 sind 17 Projekte nicht im Zeitplan und verzögern sich. Exporo hat ein zweistufiges Verfahren, um die Projekte zu prüfen, für die die Plattform Geld einsammelt. Es würden bei Weitem nicht alle angenommen, die Exporo angeboten würden, so das Unternehmen. Es würde die Projekte sehr genau prüfen. Stilwerk -Inhaber Alexander Garbe hat bereits andere Projekte mit einem Schwarmfinanzierer auf die Beine gestellt. „Wir haben bereits mehrere Male mit Crowdfunding finanziert und gute Erfahrungen damit gemacht“, sagt Garbe. So berichtet die Immobilien-Zeitung im Juli 2020, dass für das Stilwerk-Gebäude am Fischmarkt in Hamburg und für das Begleichen von Schulden knapp fünf Millionen Euro über Exporo eingeworben wurden. Denn: Bei einer Pleite erhalten zuerst die Banken Geld. Ist dann noch etwas übrig (was meist nicht der Fall ist), sind die Kleinanleger an der Reihe. Eingedenk des hohen Risikos erhalten „als Ausgleich dafür die Anleger eine höhere Verzinsung“, erklärt Exporo das Anlage-Modell. Kritik an der Schwarmfinanzierung: Kritik an der Schwarmfinanzierung kommt vom Institut für Finanzdienstleistung (IFF). „Crowdinvesting in Immobilien ist ein sehr risikoträchtiges Investmentmodell“, so Duygu Damar vom IFF. „Es kann nicht einmal durch den angebotenen, hohen Zinssatz gerechtfertigt werden“, stellt sie klar. Denn die Seriosität und Bonität der Projketträger würden meist nicht kontrolliert. Die Plattformen unterliegen keiner Aufsicht – und haben keine Einlagensicherung wie Banken. EU: Regeln für Crowdfinanzierung: Dieser ungewöhnlichen Finanzierung hat sich die EU angenommen. Im Oktober 2020 hat sie eine neue Verordnung erlassen. Sie gilt ab 10. November 2021. Dann müssen Schwarmfinanzierungs-Plattformen ihre Ausfallqouten offenlegen. Heißt: Sie müssen auf ihrer Website notieren, wie viele ihrer Projekte gescheitert sind. Zudem müssen Plattformen ihre Anleger bewerten, ob sie das Risiko tragen können – und sie gegebenenfalls vor der Geldanlage warnen. Allerdings ist Damar skeptisch: „Dennoch ist große Vorsicht geboten, weil die Verordnung nicht jedes Modell von Crowdinvesting erfasst.“ Von Josephine von Zastrow