Unterricht per Video: Lübecker Schulen bereiten sich auf zweiten Lockdown vor

An etwa zehn Lübecker Schulen sind laut Stadt aktuell Corona-Infektionen bekannt. Unterricht findet trotzdem statt: Lehrer unterrichten an der Tafel und stehen jederzeit für Fragen bereit. Schüler plaudern mit ihren Sitznachbarn. Die Pausen können sie mit ihren Freunden verbringen. Doch was passiert, wenn die Fallzahlen steigen? Wenn Schüler, wie im vergangenen Frühjahr, zu Hause vor dem Laptop sitzen, statt im Klassenzimmer? Die Baltic-Schule bereitet sich schon jetzt auf dieses Szenario vor. „Als die Neuinfektionen Anfang November in die Höhe geschossen sind, haben unsere Lehrer gleich eine Schulung zu dem neuen Videokonferenzsystem der Stadt gemacht“, erklärt Schulleiter Maik Abshagen. Er meint „BigBlueButton“. Mitte Oktober wurde der Zugang zu dem Videokonferenzsystem von der Stadt auf den Servern der Travekom für Lübecker Schulen geöffnet. Das Ziel der Baltic-Schule: Besser vorbereitet sein, als bei der ersten Schulschließung. „Damals haben die Schüler nur Aufgaben per E-Mail bekommen“, berichtet Maik Abshagen. „Jetzt proben wir schon einmal: Letzte Woche haben wir teilweise die eine Hälfte einer Klasse zu Hause unterrichtet und die andere vor Ort“, erklärt Maik Abshagen. Schüler sehen zu Hause, was an der Tafel steht: „Das hat gut geklappt“ , berichtet Michel Adam (18). „Wir konnten auf dem Bildschirm zu Hause sehen, was unser Lehrer an der elektrischen Tafel im Klassenraum anschreibt“, erklärt der Zwölftklässler. Auch seine Klassenkameradin Ina Krüger (18) ist zufrieden: „Unser Lehrer hat uns im Unterricht erklärt, wie das Programm funktioniert. Zu Hause hat alles einwandfrei geklappt.“ Wird ein Schüler positiv auf das Coronavirus getestet, kann die Schulleitung das Gesundheitsamt der Hansestadt Lübeck von montags bis freitags über gesonderte Rufnummern oder per E-Mail erreichen. Laut Gesundheitsamt sei durch eine Ausweitung der internen Kommunikationswege eine zeitnahe Bearbeitung sichergestellt. Das Vorgehen wird je nach Covid-19-Fall oder Verdachtsfall mit den Schulleitungen abgestimmt. Im weiteren Verlauf informiert die Schulleitung das Lehrerkollegium, Eltern und Schüler über den Stand der Ermittlungen sowie das Vorgehen. Das passiert im engen Austausch mit dem Gesundheitsamt. Lehrkräfte, Eltern und Schüler werden deswegen gebeten, von einer direkten Kontaktaufnahme abzusehen. Gruppenarbeit: Geht das auch online? Mit der Software könne der Unterricht auch bei einer erneuten Schulschließung nach Plan stattfinden: Lehrer können über ihr Mikrofon mit den Schülern sprechen. Wenn Schüler etwas sagen möchten, oder eine Frage haben, melden sie sich über die Meldefunktion der Software. Außerdem gibt es einen Chat, in dem man miteinander schreiben kann. „Es gibt eine Whiteboard-Funktion, bei der Schüler und Lehrer gemeinsam arbeiten und Ergebnisse zusammentragen können“, erklärt Abshagen. Auch Gruppenarbeit ist online möglich: Es gibt „Breakoutrooms“, virtuelle Räume für Gruppenarbeit während einer digitalen Unterrichtsstunde. Schüler wollen Unterricht vor Ort: Alles kann die Software aber nicht ersetzen. „Es fehlt einfach, seine Freunde und Klassenkameraden zu sehen, wenn man zu Hause vor dem Laptop sitzt“, berichtet Jihad Kassim (20) aus der Dreizehnten. Auch seiner Mitschülerin Misem Horoz (18) graut es vor einer erneuten Schulschließung: „Wenn es zum Abi hin ernst wird, möchte ich lieber vor Ort unterrichtet werden“, sagt sie. „Damit fühle ich mich einfach sicherer.“ Das kann Michael Janneck, Schulleiter des Johanneums, gut verstehen: „Präsenzunterricht kann durch nichts in der Welt ersetzt werden“, sagt er. Auch am Johanneum wurde das Programm schon in mehreren Lerngruppen getestet. „Die Stadt hat die bestmögliche Lösung gefunden, da es sich um ein Open-Source-Produkt handelt“, findet Janneck. „Anders als bei kommerziellen Systemen, kann der Quelltext eingesehen werden. Damit wird für Transparenz gesorgt.“ Neben den vielen Funktionen für den Online-Unterricht sei auch das ein Grund für die Stadt gewesen, „BigBlueButton“ für Schulen anzubieten: „Es ist eines der wenigen Open-Source-Produkte, die es ermöglichen, auf eigenen Servern betrieben zu werden, ohne dass dabei Lizenzkosten anfallen“, erklärt Pressesprecherin Dorel. Die Daten werden nur auf den Servern des Betreibers, also der Travekom, verarbeitet. „So muss man sich keine Gedanken um die Daten der Schüler machen“, sagt Schulleiter Michael Janneck. Lesen Sie auch: Lübeck: „Trave“ saniert für 17 Millionen Euro Hochhaus in Moisling Lindenau: Strengere Corona-Regeln für Lübecks Standesamt Lübecker Gastronomie: Außer-Haus-Verkauf gestaltet sich schwierig Von Nina Lennartz