Verkehrsminister Jost de Jager: „Ohne Ausbau gingen jetzt die Lichter am Flughafen aus“

Lübecker Nachrichten: Sie waren zum Spatenstich am Flughafen Lübeck für das bessere Instrumentenlandesystem. Lohnt sich das überhaupt noch? Jost de Jager: Auf alle Fälle. Der Flughafen ist zwar in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, aber mit dieser Investition wird die Voraussetzung geschaffen, um einen privaten Betreiber zu finden. Außerdem können mit ILS-CAT II weitere Fluggesellschaften gewonnen werden, was für die weitere Perspektive des Flughafens unerlässlich ist. LN: Bis Ende 2012 muss ein Betreiber gefunden sein. Glauben Sie, dass das durch eine technische Verbesserung besser geht? De Jager: Das ist nicht irgendeine technische Neuerung. Es geht darum, dass ein Flugbetrieb nach internationalen Standards aufrechterhalten werden kann. Investoren, die ja auch auf anderen Flughäfen der Welt tätig sind, müssen hier gleiche Bedingungen vorfinden. LN: Der Flughafen ist im Abwind. Hat er noch eine Zukunft? De Jager: Man muss die negative Entwicklung der Fluggastzahlen sehen, aber auch richtig einordnen. Ryanair hat verlautbart, dass die Einstellung der London-Linie eine Reaktion auf die Flugverkehrssteuer ist, die die Bundesregierung erhebt. Diese Steuer wird Mitte 2012 einer Neubewertung unterzogen. Die gilt es abzuwarten. Ziel muss sein, den Flughafen nicht auf einen Kunden zu konzentrieren. Nur mit weiteren Gesellschaften ist ein profitabler Betrieb möglich. LN: Das versucht Lübeck seit Jahren, aber es fliegen nur zwei Billig-Airlines. De Jager: Wir wissen natürlich nicht mit Gewissheit, ob die wirtschaftliche Perspektive des Flughafens positiv ist. Wir wissen aber genau, würden wir den Ausbau nicht fördern, gingen jetzt die Lichter am Flughafen aus. ILS-CAT II ist eine Investition, die die Möglichkeit eröffnet, dass es mit dem Airport weitergeht, und ein Geschäftsmodell zu finden, dass sich nicht allein auf Ryanair stützt. Und ich würde nicht nur auf eine Ryanair-Basis setzen. LN: Flughafen-Gegner nennen den Einbau von ILS-CAT II Verschwendung von Steuergeldern. De Jager: Falsch. Wir fördern nicht Ryanair und nicht die Flughafengesellschaft, sondern wir fördern eine öffentliche Verkehrsinfrastruktur, die Voraussetzung für eine privatwirtschaftliche Aktivität ist. LN: Lübecks Bürgermeister fordert die Abschaffung der Luftverkehrsabgabe. Ist das realistisch? De Jager: Wir stellen fest, dass bestimmte Flughäfen betroffen sind – jene, die nicht in Ballungsgebieten liegen und ein Geschäftskonzept wie der Lübecker Flughafen verfolgen . . . LN: Billigflug. De Jager: Mit dem Begriff habe ich Schwierigkeiten. Man muss in der Auswertung der Luftverkehrsabgabe 2012 gucken, ob es zu Verwerfungen kommt. Ich würde mich nicht darauf versteifen zu sagen, um den Flughafen Lübeck zu retten, muss der Bund die Luftverkehrsabgabe zurücknehmen. Jeder Flughafen muss seine Geschäftsfähigkeit beweisen – unter den gegebenen Umständen. LN: In Lübeck wird viel Hoffnung in eine Kooperation mit dem Flughafen Hamburg investiert. Ist das realistisch? De Jager: Ich halte die Kooperation für unabdingbar und hätte sie mir schon früher gewünscht. Ich warne aber davor zu glauben, dass Hamburg Entwicklungshilfe leisten wird. Der Flughafen Hamburg muss auch etwas von einer Kooperation haben. LN: Das Land bezuschusst den Airport, lehnt eine Beteiligung ab. Machen Sie sich einen schlanken Fuß? De Jager: Überhaupt nicht. Aufgabe des Landes ist die Förderung von Infrastruktur. Das machen wir bei Häfen, Straßen und Flughäfen. Es ist aber keine klassische Aufgabe des Landes, Flughäfen zu betreiben. Eine Beteiligung ist durch den Koalitionsvertrag ausgeschlossen. LN: Kommen wir zum UKSH. Der Wissenschaftsrat empfiehlt die Trennung der Unikliniken. Wird es so kommen? De Jager: Unser Ministerium gibt im September dazu eine Stellungnahme ab. Wir werden uns im Wesentlichen an die Empfehlungen halten. Das heißt, es wird eine stärkere Unabhängigkeit von Lehre, Forschung und Wissenschaft im Bereich der Medizin in Lübeck und Kiel geben, das werden wir sicherstellen. Zugleich können wir eine Holding bilden, die die übergreifende Krankenversorgung regelt. LN: Also ein Holding-Modell? De Jager: Das würde ich in diesem frühen Stadium der Prüfung sagen. Im Kern lautet die Fragestellung, ob die fusionierte Krankenversorgung mit einer nicht fusionierten Medizin – das haben wir derzeit – für die Wissenschaft gedeihlich ist oder nicht. Der Wissenschaftsrat hat gesagt, dass es besser sei, wenn es bei zwei getrennten Fakultäten eine stärkere Mitbestimmung der akademischen Ebene in der Krankenversorgung vor Ort gibt. Das wollen wir an beiden Standorten machen. Klar ist, dass die Neuordnung auf der akademischen Ebene die bisherige, mühsame Sanierung des UKSH nicht unterlaufen darf. LN: Im Land wird über den Verkauf des UKSH diskutiert. Fällt eine Entscheidung vor der Landtagswahl im Mai 2012? De Jager: Mit Sicherheit. Einen Verkauf vor 2015 wird es aber auf keinen Fall geben. Das ist in einer Anwendungsvereinbarung zum Tarifvertrag festgehalten. Das habe ich unterschrieben, und ich lege Wert darauf, dass meine Unterschrift gilt. LN: Können sich die Lübecker weiterhin Hoffnung machen auf eine Stiftungs-Uni? De Jager: Ja, das haben wir einvernehmlich festgelegt. Aber die Umwandlung ist von Voraussetzungen abhängig. Beispielsweise von der Frage, was aus den Gebäuden wird. Wenn die Gebäude beispielsweise bei einem PPP-Modell an einen privaten Partner übertragen werden, können sie logischerweise nicht mehr das Stiftungskapital der Stiftungs-Uni werden. Dann muss man andere Wege finden. LN: Wie kommentieren Sie die kritischen Äußerungen von UKSH-Chef Jens Scholz zu den Empfehlungen des Wissenschaftsrates? De Jager: Geholfen haben sie nicht. Kai Dordowsky und Josephine von Zastrow

Lübeck - Verkehrsminister Jost de Jager: „Ohne Ausbau gingen jetzt die Lichter am Flughafen aus“