Wochenmärkte in Lübeck schließen: Anwohner schockiert

Entsetzte Gesichter sieht man zurzeit in Moisling und Buntekuh, wenn es heißt: Die Wochenmärkte sollen abgeschafft werden. Zahlreiche Lübecker kaufen dort seit etlichen Jahren Obst und Gemüse aus der Region, frischen Fisch oder Eier. Die Ware aus dem Supermarkt ist für sie oft gar keine Alternative. Das Vorhaben der Stadt, die Märkte unter freiem Himmel verschwinden zu lassen, heißen die Anwohner daher überhaupt nicht gut. Märkte sind nicht mehr wirtschaftlich: Die Stadt begründet ihr Vorhaben damit, dass das Angebot nicht mehr wirtschaftlich sei, es gebe einfach zu viele Märkte in Lübeck. Neben Moisling und Buntekuh ist auch der Meesenplatz betroffen, dort soll der Markt nur noch ein statt zwei Mal pro Woche stattfinden. Im Rathaus wird das Vorhaben zurzeit noch diskutiert, wie auch auf der Straße. Sven Clasen aus Moisling kann die Argumente der Stadt nicht nachvollziehen. Er berichtet: „Viele Leute nutzen das Angebot und einige verdienen damit ja auch ihren Lebensunterhalt.“ Der 46-Jährige kauft selbst zwar seltener bei den Ständen vor der Rewe-Filiale im Andersenring ein, findet aber trotzdem: „Es wäre wirklich schade, wenn es den Markt hier nicht mehr geben würde.“ „Regionale Händler unterstützen“: Der Lübecker Klaus Schulz besucht regelmäßig mehrere Wochenmärkte im Stadtgebiet. Er denkt auch an die Lebensmittelverkäufer: „Das sind Orte, an denen man die regionalen Händler unterstützen kann“, sagt er. „Außerdem trifft man dort oft auch den ein oder anderen.“ Somit wäre eine Abschaffung des Marktes laut Schulz für alle Beteiligten „sehr ungünstig“. Anwohnerin zeigt auch Verständnis: Anwohnerin Martina Stendel hat dagegen einen anderen Eindruck: „Ich finde es schade, aber kann es verstehen, weil das Angebot wenig genutzt wird.“ Für die Marktbeschicker lohne sich das Geschäft bestimmt nicht mehr. Die 62-Jährige kauft regelmäßig Fisch und Gemüse auf dem Wochenmarkt im Andersenring ein. „Es ist einfach nett“, sagt sie. Sollte der Markt tatsächlich verschwinden, würde sie stattdessen nicht in die Innenstadt, sondern nach Bad Schwartau fahren. Ein Wochenmarkt in jedem Stadtteil: So ein weiter Weg kommt für Vivien Horn weniger in Frage, da sie dann mit ihrer kleinen Tochter eine lange Busfahrt auf sich nehmen müsste. „Es ist doch schön, wenn es in jedem Stadtteil einen eigenen Wochenmarkt gibt“, sagt die 36-jährige Mutter. Im Andersenring gäbe es zwar nur noch ein paar Stände, aber man bekäme doch alles, was man braucht. „Ich kaufe dort immer frisches Obst und Gemüse“, so Horn. „Im Supermarkt ist das einfach nicht so gut.“ „Früher gab es viel mehr Buden.“: Marion Wilms sieht sich dagegen gezwungen, im Supermarkt einzukaufen, wenn der Wochenmarkt abgeschafft wird. Die Moislingerin hat schon in den letzten Jahren beobachtet, dass der Markt in ihrem Stadtteil immer kleiner wurde. „Früher gab es viel mehr Buden. Da konnte man alles kriegen: Gemüse, Obst, es gab sogar einen Imbiss und einen Trödelstand.“ Lesen Sie auch Wochenmärkte in Lübeck: So hart schuften die Marktbeschicker Lübeck plant drastische Erhöhung der Wochenmarkt-Gebühren Lübeck: Corona-Regel fällt weg - Zusammen einkaufen wieder erlaubt Schade für die älteren Generationen: Laureen Koch wohnt erst seit drei Wochen in Moisling und kauft meist im Supermarkt ein. Unter jüngeren Leuten sei das normal, meint die 18-Jährige. Dennoch würde sie eine Abschaffung des Wochenmarktes nicht begrüßen. Sie findet: „Es wäre gerade für die älteren Generationen schlecht, die kennen das einfach.“ In Buntekuh ist man „nicht einverstanden“: Betroffen sind aber nicht nur Moislinger. Auch in Buntekuh soll es bald keinen Wochenmarkt mehr geben. Anwohnerin Ute Träger erzählt: „Als ich das erfahren habe, war ich sehr enttäuscht.“ Jeden Freitag gehe sie auf dem Markt in der Korvettenstraße zum Eiermann, kaufe Fisch und Gemüse. „Ich bin damit nicht einverstanden“, sagt die Rentnerin über das Vorhaben der Stadt und fragt: „Was haben wir hier denn sonst noch?“ Ute Trägers Ehemann Horst wünscht sich derweil, dass die Wochenmarktbetreiber eine Übereinkunft mit dem Eigentümer des Grundstücks aushandeln können. Der 77-Jährige ist jedoch skeptisch, „ob die Marktbeschicker daran überhaupt noch Interesse haben“. Von Rabea Osol