Wochenmarkt auf Lübecks Markt: Ungeeigneter Standort?

Ein Wochenmarkt auf dem Markt – das hört sich naheliegend an. Die Stadtverwaltung allerdings ist anderer Ansicht: „Der Platz ist aufgrund seiner Lage und baulichen Voraussetzungen“, so heißt es in ihrer Vorlage für ein neues Marktkonzept, „(...) für einen Wochenmarkt im Grunde ungeeignet.“ Die Marktbeschicker, die dort auch jetzt im Corona-Winter die Stellung halten, wollen aber bleiben. LTM: Markt ist „weniger relevant“ für die Versorgung: Die LTM, die städtische Tourismusagentur, hält den Markt auf dem Markt im Grunde sogar für verzichtbar: Der Ort sei „für die Nahversorgung weniger relevant (als die übrigen Wochenmärkte, d. Red.) und könnte auch unabhängig vom Weihnachtsmarkt für mittel- und längerfristige Veranstaltungskonzepte für Bürger:innen und Gäste besser genutzt werden, wenn er denn dauerhaft (...) zur Verfügung stünde“, teilt sie auf LN-Anfrage schriftlich mit. Verwaltung: Marktstände „möglichst platzsparend“ organisieren: Die Vorlage der Verwaltung, die in den politischen Gremien noch nicht diskutiert worden ist, schlägt vor, den Wochenmarkt weitgehend auf den Lebensmittelverkauf zu beschränken, die Marktstände anders aufzubauen und einheitlich zu gestalten und den Platz mehr für touristische Zwecke und Veranstaltungen zu nutzen. „Die Anordnung der Marktstände soll daher möglichst platzsparend organisiert sein.“ Klingenberg als Markt-Alternative? Am frühen Donnerstagmittag ist nur wenig los auf dem Markt – wie in der ganzen Innenstadt, coronabedingt. Waltraud Brinkmann (69) hatte 30 Jahre lang einen Blumenstand auf dem Markt. Jetzt hilft sie als Verkäuferin an einem Obst- und Gemüsestand aus. „Was war das mal für ein schöner Markt!“, sagt sie. Jetzt sei er nicht mehr so attraktiv. Aber verzichten möchte sie auf einen Standort in der Innenstadt trotzdem nicht. Vorstellen könnte sie sich einen Umzug auf den Klingenberg. Dorthin sind die Marktstände immer während des Weihnachtsmarkts ausgewichen. Markthändler: „Das würde unsere Existenz bedrohen“: Für Jürgen Witte (69) aus Meddewade (Stormarn) dagegen wäre der Klingenberg keine Alternative. Er verkauft seit 33 Jahren auf dem Markt handgefertigte Ledergürtel. Er tut das auch in Hamburg und St. Peter-Ording, aber die zwei Tage pro Woche in Lübeck sind für ihn besonders wichtig: „Das würde unsere Existenz bedrohen, wenn die fehlen würden.“ Er ist auf die Touristen angewiesen, die vor allem im Sommer über den Markt gehen – und von denen es am Klingenberg viel weniger gibt. Lesen Sie auch Lübeck: Bürgerschaft macht Corona-Pause: Wann kommen Online-Sitzungen? Holstein Kiel gegen Bayern München: Freude auch bei Lübeckern Lübeck: Geschäfte und Praxen im geräumten C-A-Haus ab Freitag wieder auf „Eine besondere Art von Wochenmarkt“: Athir Al-Kaderi (38) verkauft aus einem Wagen heraus Kaffeebohnen, schenkt nebenbei auch Kaffee aus. Er hält nichts von einer Beschränkung auf Lebensmittel. „Das ist eine ganz besondere Art von Wochenmarkt“, sagt er. Gerade die Mischung von Lebensmittelhandel mit anderen Sortimenten ist für ihn das Wertvolle: „Wenn man andere touristische Städte sieht: Da gibt’s auch Wochenmärkte, auf denen schöne, handgefertigte Sachen angeboten werden.“ Burkhardt Eymer, Vorsitzender des CDU-Ortsverbands St. Gertrud, fordert mehr Parkplätze in der Nähe des Wochenmarkts Hasenweg. Dadurch soll der Markt attraktiver werden, der eine „wertvolle Ergänzung des Einzelhandels in St. Gertrud“ sei. Eymer warnt vor der Schließung kleinerer Wochenmärkte. Hintergrund ist die diskutierte Aufgabe der Märkte in Buntekuh und Moisling. Neue Kurzzeit-Parkplätze könnten laut Eymer bei der geplanten Radweg-Sanierung an der Roeckstraße entstehen. Grüne sind für Konzentration auf Lebensmittel: Der Grünen-Politiker Axel Flasbarth sagt: „Die Wichtigkeit des Marktes steht und fällt damit, wie einzigartig das ist, was dort angeboten wird.“ Wenn Händler dort frische, regionale Lebensmittel anböten: „Dann ist es eine hervorragende Ergänzung zu dem Angebot, das es in der Innenstadt gibt.“ Er habe nichts dagegen, wenn dort auch ein Kunsthandwerker stehe, aber grundsätzlich stimme er einer Konzentration auf Lebensmittel zu. Gespräch mit SPD, CDU und Marktbeschickern: Dem CDU-Wirtschaftspolitiker Bernhard Simon gefällt der Tenor der Verwaltungs-Vorlage nicht. „Wir werden dafür eintreten, dass der Markt erhalten bleibt“, verspricht er. „Wir möchten, dass unsere Händler Geld verdienen. Das sind Einzelunternehmer, die hinter ihrem Betrieb stehen.“ Simons SPD-Kollege Peter Reinhardt hält zwar einen Wochenmarkt am Rathaus grundsätzlich für wünschenswert: „Mit einem Blumenstand, Obst und Gemüse, Fisch, Fleisch, Wurst, das muss vorhanden sein. Aber ich brauche dort keine großen Kleiderstände.“ Reinhardt betont: „Das ist nur eine Vorlage, ein Entwurf.“ In der übernächsten Woche werde es ein Gespräch mit Vertretern von SPD, CDU und Marktbeschickern geben. Von Hanno Kabel