Zwischen Carmen und dem Rosenkavalier – Gala-Abend "Unter die Haut" im Theater Lübeck

Mit dem Titel „Unter die Haut“ ging im Lübecker Theater am Sonnabend ein überzeugendes Opern-Galakonzert über die Bühne. Seitdem die allgemeinen bekannten Einschränkungen durch die Pandemie auch das Theater-, Oper- und Konzertleben nahezu zum Erliegen gebracht haben, wurde es hier deutlich wie nie, wie sehr die Oper es möglich macht, dem Alltag zu entrücken. Präzise und klangschön: Unter der souveränen und einfühlsamen musikalischen Leitung von Generalmusikdirektor und Operndirektor Stefan Vladar begleitete das Philharmonische Orchester der Hansestadt Lübeck die Mitglieder des Opernensembles präzise und klangschön. So eröffnete das Orchester luzide und transparent mit den ersten zwei Zwischenspielen aus Benjamin Brittens düsterer Seefahreroper „Peter Grimes“. Die beiden letzten Intermezzi „Moonlight“ und „Storm“ waren dann über das Programm verteilt – und die Wucht des Sturms ließ erkennen, dass es vor allem um den inneren Sturm der Operntitelfigur geht. Schickt die Clowns rein! Ohne Übergang folgte „Send in the clowns“ aus Steven Sondheims Musical „A Little Night Music“, das Sara Wortmann aus dem Schauspielensemble als Conférencière mit Swing und großer Präsenz vortrug. Zusammen mit (dem nicht uneitlen) Bernd Reiner Krieger und Steffen Kubach, dessen Schauspielbegabung längst bekannt ist, führte sie durch den Abend, der in drei Textblöcke aufgeteilt worden war. Die nächsten Termine für die Gala „Unter die Haut“: 3. Oktober (16 und 19.30 Uhr), 30. Oktober (19.30 Uhr), 8. November (16 und 19.30 Uhr), 28. November (19.30 Uhr), 30. Dezember (19.30), 9. Januar (19.30) und 14. Februar. Kartentelefon: 0451 / 399 600. Daraufhin erhielten die bewährten und die neu engagierten Kräfte des Opernensembles Gelegenheit, ihre stimmliche Visitenkarte abzugeben: Yoonki Baek (Tenor), Rúni Brattaberg (Bass), María Fernanda Castillo (Sopran) gehören nunmehr zum festen Opernensemble, das mit Evmorfia Metaxaki (Sopran), Johan Hyunbong Choi (Bariton) und Gerard Quinn (Bariton) vertreten war. Aus dem Internationalen Elitestudio des Theaters Lübeck ergänzten Nataliya Bogdanova (Sopran), der Tenor Daniel Schliewa, Milena Juhl (Mezzosopran) und die Sopranistin Virginia Felicitas Ferentschik in den Ensemblestücken ebenso zuverlässig wie unauffällig. Profunde Tiefe, launige Spielfreude: Zum Kabinettstück geriet der Monolog des Ochs „Da lieg’ ich“ aus dem „Rosenkavalier“ von Richard Strauss, den der färöische Bass Rúni Brattaberg mit profunder Tiefe und launiger Spielfreude vortrug, was neugierig machte auf weitere Aufgaben. Der Bariton Johan Hyunbong Choi überzeugte mit seinem virilen Auftrittslied des Escamillo aus Bizets „Carmen“, wohingegen der südkoreanische Tenor Yoonki Baek in der Cavaradossi-Arie „E lucevan le stelle“ aus „Tosca“ und im Duett mit Mimì aus Puccinis „La Bohème“ weniger durch Stimmkraft als durch ein schönes Timbre überzeugen konnte. Seiner Partnerin Maria Fernanda Castillo als Mimì war zunächst ihre Nervosität anzumerken, die dann aber später in der glorios gesungenen „Pace, pace“-Arie der Leonora aus Verdis „La forza del destino“ vergessen war. Anrührend mit Puccini: Besonders anrührend gelang Evmorfia Metaxaki das „O mio babbino caro“ aus Puccinis „Gianni Schicchi“, wofür das Publikum mit begeistertem Applaus dankte. Auch der bewährte Gerard Quinn stellte wieder einmal unter Beweis, dass Stimmkraft und Stimmschönheit sich nicht ausschließen. Er gab die klagende Arie „Ya vas lyoublyou“ („Als deine Liebe du mir schenktest“) aus Tschaikowskys Oper „Pique Dame“ mit kantablen Bögen und großer Legatokunst zum Besten. Vereint zur Schluss-Fuge: Am Ende vereinte sich das Ensemble zur Schluss-Fuge „Tutto nel mondo è burla“ aus Verdis letzter Oper „Falstaff“(ohne Chor!). Mit der beglückenden Zugabe, dem Quintett „Selig, wie die Sonne meines Glückes“ aus Wagners „Meistersingern“ wurden die Zuhörer mehr als zufrieden entlassen. Lesen Sie auch Begeisternder Beethoven in der Lübecker MuK Jeder ist Peer Gynt – Premiere im Theater Lübeck „Schimmelreiter“-Premiere in Lübeck: Großes Theater trotz Corona-Pandemie Von Dieter Kroll