zahnärzte behandeln in corona-krise weiter trotz höherem ansteckungsrisiko

Für Peer Levering ist es ganz alltäglich seinen Patienten tief in Mund und Rachen zu schauen. Er bohrt, spült – und verwirbelt dabei die Keime in der Mundhöhle. Levering ist Zahnarzt in Bad Schwartau. Je weiter sich das Coronavirus ausbreitet, desto größer werden seine Bedenken. Levering fühlt sich dem Virus arbeitsbedingt ausgeliefert: „Der Patient braucht gar nichts zu tun. Ist er mit dem Virus infiziert, ist das Risiko einer Ansteckung für uns besonders hoch.“ Keine geeignete Schutzausrüstung für Zahnärzte: Wirklich umsetzbare Lösungen gibt es für die Zahnärzte nicht. Andere Handschuhe wären denkbar, aber Levering sieht die Beweglichkeit seiner Finger zu sehr eingeschränkt. Möglich wäre ein wirksamerer Atemschutz statt der einfachen OP-Maske. Was anderes ist aber nicht mehr zu bekommen: „Wir hatten Spezialmasken, aber die waren schnell aufgebraucht.“ Auch Vollanzüge sind nicht mehr erhältlich: „Die Kollegen fühlen sich allein gelassen, weil es eine geeignete Schutzausrüstung, mit der wir auch behandeln können, für uns nicht gibt.“ Versorgungsauftrag verpflichtet zur Behandlung: Einige Zahnärzte hatten deswegen gefordert, Praxen vorübergehend zu schließen und einen Notdienst einzurichten. Die Zahnarztverbände haben ihre Kollegen scharf zurechtgewiesen. Zahnärzte mit Kassenzulassung seien im Rahmen des Versorgungsauftrages dazu verpflichtet Patienten zu behandeln, heißt es in einem Schreiben der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und der Zahnärztekammer. Bei Verletzungen drohen Sanktionen, heißt es weiter. Außerdem: Nur staatliche Behörden können Praxen schließen oder eine Notversorgung anordnen. Nicht erforderliche Behandlungen verschieben: Die Verbände empfehlen den Zahnärzten, nicht erforderliche Behandlungen zu verschieben und Hygienevorschriften sowie das Infektionsschutzgesetz einzuhalten. Dadurch würden sie Patienten und Personal bestmöglich schützen. Infizierte oder unter Quarantäne gestellte Personen sollten sich im Notfall telefonisch an den Hauszahnarzt wenden. Die Behandlung selbst solle aber in einer Universitäts-Zahnklinik oder einer Klinik mit zahnmedizinischem Bereich stattfinden. Entzerrter Terminplan zum Schutz von Patienten: Levering geht beim Schutz seiner Patienten und Mitarbeiter ganz pragmatisch vor: Im Wartezimmer stehen jetzt nur noch wenige Stühle, dazwischen zwei Meter Abstand. „Wir nehmen die Sorgen unserer Patienten ernst“, sagt Levering. Termine werden verschoben, sodass nur noch drei Patienten gleichzeitig im Wartebereich sind. „Das funktioniert auch deshalb, weil Patienten Termine absagen“, sagt Levering. Wer nur zur Kontrolle kommen wollte, verschiebt seinen Termin auf unbestimmte Zeit. Bei Schmerzbehandlungen oder bereits begonnen Zahnbehandlungen ist das nicht so leicht. Wirtschaftliche Sorge: Kurzarbeit kaum möglich: Zu der gesundheitlichen Sorge mischt sich bei Levering auch die wirtschaftliche. Weniger Patienten bedeuten weniger Einnahmen. Aber Kurzarbeit ist im medizinischen Bereich schwer umzusetzen: „Nachher kommen Patienten, und es sind zu wenig Mitarbeiter in der Praxis.“ Jetzt einfach den gesamten Jahresurlaub zu nehmen, ist für Levering auch keine Lösung – im Gegenteil: „Wir haben einen Versorgungsauftrag und wollen dem gern nachkommen.“ Spätestens bei akuten Zahnschmerzen sei jedem klar, wie systemrelevant Zahnärzte sind, betont er. Vertrauen in Patienten: Der Versorgungsauftrag bringt Levering aber auch an seine Grenzen. „Ich wünsche mir, dass mich jemand von meinen wirtschaftlichen Sorgen befreit, damit ich mich auf die Patientenbehandlung konzentrieren kann.“ Bei der Behandlung vertraut Levering seinem eigenen Immunsystem. Und darauf, dass nur Patienten in die Praxis kommen, die nicht mit Covid-19 infiziert sind. 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