Bedrohte Existenzen: Hoteliers in Boltenhagen haben noch keine Perspektive

Die Corona-Krise macht besonders den Betrieben zu schaffen, die vom Tourismus abhängen. Auch wenn es derzeit die ersten Lockerungen der Regeln zur Eindämmung des Virus gibt, fehlt den Hotel- und Restaurantbetreibern in Mecklenburg-Vorpommern bislang jede Perspektive. Das Ostseebad Boltenhagen wäre seit Ostern eigentlich voller Besucher, doch Straßen, Strand und die Hotels sind leer. Im Hotel „John Brinckman“, das schon zu DDR-Zeiten Urlauber als FDGB-Heim beherbergte, sind die Gänge leer, es ist kühl und still. Lediglich an der Rezeption ist das Licht eingeschaltet und eine Mitarbeiterin beantwortet dort stundenweise Anfragen von Urlaubern. Knapp 40 Angestellte auf Kurzarbeit: „Alle drei Tage werden die Wasserhähne aufgedreht, damit sich keine Legionellen in den Leitungen bilden, die Heizung ist abgestellt“, beschreibt Direktorin Nadine Miller den derzeitigen Stillstand. Für die knapp 40 Angestellten hat sie sofort Kurzarbeitergeld beantragt, als das möglich war. „Auch die Soforthilfe hatten wir direkt am 20. März beantragt und das Geld haben wir Mittwoch bekommen“, sagt Nadine Miller. Dennoch könne der Betrieb einen viel längeren Stillstand nicht ohne Schaden überstehen. Zu den ersten Lockerungen sagt Nadine Miller: „Hotels werden wahrscheinlich die Letzten sein, die wieder öffnen dürfen.“ Übernachtungen sind Hauptgeschäft: Allerdings könnte das „John Brinckman“ zunächst mit dem Betrieb von Café und Restaurant beginnen. „Auch damit würde es knapp, selbst wenn draußen alle Strandkörbe belegt wären“, sagt die Direktorin. Schließlich müssten dann wieder Köche und Servicepersonal mit den Einnahmen der Speisen und Getränke bezahlt werden. „Wir sind ein Hotel und wir machen unser Geschäft mit Übernachtungen“, sagt Miller, die befürchtet, darauf noch lange warten zu müssen. Für die Tourismusbetriebe und auch für die Geschäfte im Ostseebad Boltenhagen hätte eigentlich schon mit dem Osterwochenende die Saison begonnen. Normalerweise wären dann bis zu 90 Prozent der etwa 10 000 Gästebetten belegt gewesen und auch jetzt würden sich noch Urlauber in Boltenhagen und der Umgebung tummeln. Geschäfte müssen auf Einheimische setzen: Stattdessen sind die Straßen und der Strand meistens leer – wie die Betten, die für Besucher gedacht sind. Auch wenn jetzt wieder kleine Geschäfte im Ostseebad öffnen dürfen, sind sie auf die Ströme der Urlauber und Tagesgäste angewiesen, die immer noch ausbleiben. Sie müssen jetzt voll auf die einheimischen Kunden setzen. Die Möglichkeit haben die Ferienunterkünfte nicht. Außer dem Hotel „John Brinckman“ sind auch das Seehotel „Großherzog von Mecklenburg“, das Dorf- und das Iberotel der Weißen Wiek, der Tarnewitzer Hof, das Gutshaus Redewisch sowie Pensionen, etliche Ferienhäuser und -wohnungen wie verwaist. Die Tourismusbranche hat klare Eckpunkte formuliert, deren Umsetzung sie von der Landesregierung für einen Wiedereinstieg in das Urlaubsgeschäft fordert: So soll umgehend ein Fahrplan für das stufenweise Wiedereinsetzen des Tourismus inklusive des Buchungs-, Reise- und Veranstaltungsgeschäfts festgelegt werden – selbstverständlich unter Berücksichtigung des Gesundheitsschutzes. Es sollen Kampagnenmittel für das Wiederbeleben des Tourismus im Land bereitgestellt werden. Die Landestourismuskonzeption soll angepasst werden und es sollen weitere Strategiepapiere zum touristischen System des Landes erarbeitet werden. Es soll ein ressort- und parteiübergreifender „politischer Dialog“ mit der Tourismusbranche etabliert werden. Mit den Gastgebern soll für sie ein Modernisierungs- und Investitionspakt des Landes erstellt werden. Dabei sollte eine Strategie für mehr Differenzierung, Digitalität und Qualität im Beherbergungs- und Gastronomiegewerbe verfolgt werden. Prüfen der Option der Senkung der Mehrwertsteuer für das Gastgewerbe (für alle Speisen) auf sieben Prozent, um den Betrieben nach der Krise die benötigte Liquidität für den Neustart zu verschaffen. Wenige Mitarbeiter halten dort allein aus Sicherheitsgründen die Stellung. „Wir haben unser gesamtes Gelände mit Kameras überwacht“, sagt Nadine Miller, die sich schon ein wenig Sorgen wegen möglichen Vandalismus macht. Krise ist kaum aufzuholen: Den Hoteliers und ihren Angestellten bleibt nur das schlichte Abwarten. „Wir hätten theoretisch ja auch Zeit, um noch Renovierungsarbeiten zu machen“, sagt Miller. Aber so lange nicht klar ist, wie lange die Einnahmen wegfallen, gehe es erst einmal darum, die Kosten so gering wie möglich zu halten und zu hoffen, dass die Schließung nicht zu lange dauert. Die Gäste, die jetzt nicht kommen dürfen, kommen schließlich nicht zusätzlich, wenn Übernachtungsreisen wieder erlaubt werden. Lesen Sie auch: Hotel- und Gaststättenverband in MV fordert ein Rettungspaket Krise trifft auch Reisebüros hart Wenige Hotels haben trotz Corona-Krise geöffnet Von Malte Behnk

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