Schönberg: Viele Senioren vereinsamen während Corona-Lockdown

Für viele Senioren bedeutet die Corona-Pandemie einsame Stunden. Dass der Lockdown den älteren Menschen im Schönberger Land stark zusetzt, weiß auch Stephanie Herrmann. Als „Landfee“ unterstützt sie diese seit einem Jahr in ihrem Alltag. Sie schenkt ihnen ein offenes Ohr und ihre Zeit. Gerade jetzt ist ihr Job unverzichtbar, denn für viele ihrer insgesamt 17 Kunden ist sie an manchen Tagen der einzige soziale Kontakt. Wenn die Betreuerin eintrifft, werde sie von ihren Kunden oftmals sehnsüchtig erwartet, sagt sie. Die Begrüßung erfolge mit einem breiten Grinsen im Gesicht und einem kleinen Witz auf den Lippen. „Menschen brauche jemanden zum Reden“: Schon an der Türschwelle beginnt ihre Arbeit, denn ihre Gesellschaft ist, was viele der Senioren am meisten brauchen: „Einige werden zwar auch von ihren Angehörigen betreut, es sind aber auch viele dabei, die keinen Besuch empfangen können“, sagt Stephanie Herrmann. Mit den ersten Lockerungen nach dem Lockdown im Frühjahr 2020 sei die Nachfrage rapide angestiegen. Nach dem zweiten wurde die Situation noch schlimmer, so die Selbstständige. „Es meldeten sich Kunden, die zunehmend vereinsamt waren. Die Menschen brauchen jemanden zum Reden.“ Großer Stress durch Isolation: Ängste, Nöte und Sorgen sind Folgen der Pandemie. Stephanie Herrmann nimmt sich dieser an und versucht eine Lösung zu finden. Diese psychosoziale Betreuung ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit. Manche Kunden rufen sie mehrmals am Tag an. Es sind Kunden, die keine Angehörigen haben und völlig allein sind: „Für diejenigen ist so eine Isolation ein noch viel größerer Stress“, so die Betreuerin. Schlimm ist es vor allem an wichtigen Anlässen, wie beispielsweise Beerdigungen oder Geburten: „Wir können schon viel mit Bildern oder Video-Telefonie aushelfen, aber ein Baby im Arm seiner Uroma ist nicht zu bezahlen“, sagt sie. Außerdem habe eine Kundin ihren 90. Geburtstag mit nur einem Angehörigen feiern müssen, eine Weitere wird sich vermutlich nicht von einem verstorbenen Angehörigen gebührend verabschieden können. Dass es Menschen aller Altersklassen so geht, weiß Stephanie Herrmann, doch sind es vor allem die Senioren, die derzeit kaum jemanden in ihrem Leben haben. „Kunden sind wie Familienmitglieder“: Über den seelischen Service hinaus unterstützt sie die Menschen zum Beispiel beim Einkauf, begleitet sie zum Arzt oder ins Impfzentrum und hilft ihnen im Haushalt. Natürlich unter Einhaltung aller Hygieneregeln. Auch wenn diese wichtig sind, erschweren die Maßnahmen ihre Arbeit: „Es ist nicht einfach, wenn man sich nicht einmal die Hand geben oder denjenigen in den Arm nehmen kann“, sagt die ehemalige Pflegefachkraft. Lesen Sie auch Hilfe im Alltag: Die „Landfee“ ist in und um Schönberg unterwegs Trotz Corona: Wotenitzer liefern florale Grüße zum Valentinstag Nordwestmecklenburg: Jetzt werden mobile Pflegekräfte geimpft Ihr Job scheint anspruchsvoll – vor allem während der Pandemie. Ihre Entscheidung, sich vor einem Jahr selbstständig gemacht zu haben, bereut Stephanie Herrmann jedoch nicht. Der Beruf mache ihr viel Spaß und ihre Kunden seien wie Familienmitglieder für sie geworden: „Dieser Job gibt mir persönlich sehr viel und ich glaube, meinen Kunden auch“, sagt sie. Kunden sagten Termine ab: Auch der Schönberger Betreuungsservice „Haushalt Plus“ nimmt eine hohe Nachfrage wahr. Zu Beginn der Pandemie seien rund 30 Prozent der Aufträge abgesagt oder pausiert worden, sagt Manuela Kletzin. „Viele unserer Kunden waren sich unsicher, weil sie nicht wussten, wie sich das Virus überträgt.“ Mittlerweile habe das Personal wieder viel zu tun: „Die Hemmnisse sind nicht mehr so groß und der Hilfebedarf besteht auch während des Lockdowns“, so die Ehefrau des Inhabers Alexander Kletzin. Um die Gesundheit der Senioren nicht zu gefährden, würde das Personal regelmäßig getestet und geschult werden. Von Lena-Marie Walter