A1 zwischen Sereetz und Lübeck: Porentiefe Reinigung beim Flüsterasphalt

Opa wird gewaschen. Die Abkürzung Opa steht für offenporiger Asphalt, landläufig Flüsterasphalt genannt. Dieser Straßenbelag, der seit knapp vier Monaten auf der A 1 zwischen Sereetz und der Anschlussstelle Lübeck-Mitte liegt, wird in diesen Nächten gereinigt. Dafür fahren noch bis Freitag jede Nacht zwei Spezialfahrzeuge sehr, sehr langsam auf der Autobahn hin und her. Langsam heißt wirklich langsam. Extrem langsam. Mit den Spezialfahrzeugen ist beispielsweise ein Tempo von 0,2 Kilometern pro Stunde möglich, erläutert Bernd Sauerland, Betriebsleiter und Prokurist der Firma Behrens & Behrens aus Scheeßel (Niedersachsen). Zwei Fahrzeuge der Firma erledigen den Reinigungsauftrag des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV). Auf der A 1 sollen die Reinigungslaster nach Informationen der Straßenmeisterei jedoch mit einer für ihre Zwecke geradezu atemberaubenden Geschwindigkeit unterwegs sein: zwei Kilometer pro Stunde. Sechs Stunden von Sereetz bis Lübeck: Und so dauert es eben immer eine ganze Nacht, um die nur wenige Kilometer lange Strecke abzufahren und den Reinigungsauftrag über drei Fahrspuren pro Fahrtrichtung zu erledigen. Von 18 bis 24 Uhr ist die Kolonne unterwegs vom Parkplatz Seeretzer Feld bis zur Anschlussstelle Lübeck-Mitte, von 24 bis 6 Uhr geht es in die Gegenrichtung. Abgesichert werden die Reinigungsarbeiten durch Laster der Straßenmeistereien Scharbeutz und Bad Oldesloe mit blinkenden Richtungspfeilen am Heck. Aber warum muss ein in Teilen erst seit vergangenem Juni liegender Straßenbelag überhaupt gereinigt werden? Das liegt eben daran, dass es ein offenporiger Asphalt ist. Der hat nicht nur große Poren, sondern auch viele Hohlräume, die Schall und Wasser schlucken. Blöd nur, wenn sie verstopft und voll mit Dreck sind, etwa vom Reifenabrieb oder von verlorenen kleinsten Ladungsteilen, etwa von Schüttgut. Gereinigt werden muss Flüsterasphalt laut LBV je nach Bedarf, also abhängig vom Grad der Verschmutzung. Darüber hinaus gelte: Die Reinigung sollte in der Regel jährlich erfolgen. Zwar besitzt der „Opa“ laut Landesbetrieb gewisse Selbstreinigungskräfte, die durch darüber fahrende Autos ausgelöst werden. Aber das funktioniert nicht immer und vor allem nicht auf den Strandstreifen. Deshalb muss regelmäßig feucht durchgefeudelt werden. Viel Wasser und ein Mega-Staubsauger: In Wahrheit ist das natürlich nicht so einfach, und da kommt die sogenannte Drehjet-Technik der Firma Behrens & Behrens ins Spiel. Die Fahrzeuge für die Autobahnreinigung haben 3300 Liter Frischwasser im Tank und sogenannte Dreckfräsen oder Drehdüsen. Mit bis zu 200 bar Druck, erläutert Sauerland, wird Wasser in die Poren des Asphalts gepresst und von einer Art Hochleistungsstaubsauger mit 17 000 Kubikmetern Luftwechsel pro Stunde wieder aufgesaugt. Die Fahrzeuge haben noch eine Besonderheit: Der Fahrantrieb ist ein hydrostatischer. Er ermöglicht das extrem niedrige Tempo, das mit einem Schaltgetriebe nie zu erreichen wäre. Damit kann eine Geschwindigkeit von null bis 26 Kilometern pro Stunde stufenlos eingestellt werden. Gefahr des Aquaplanings: Würde der Flüsterasphalt nicht gereinigt, verlöre er nach Angaben des LBV nicht nur seine lärmschluckende Wirkung, für die die offenen Poren zuständig sind. Die Hohlräume im Straßenbelag könnten auch kein Wasser mehr aufnehmen, so dass die Gefahr von Aquaplaning bestünde. Wie viel ein Reinigungsgang wie der jetzige kostet, ist noch nicht ganz klar, da es sich seit der Verkehrsfreigabe des Abschnitts um den ersten großen Reinigungsdurchlauf handelt. Der LBV schätzt die Kosten jedoch auf etwa 20 000 Euro. Bei einem jährlichen Reinigungsrhythmus stehen der A 1 noch ein paar Durchgänge mit den Drehjet-Düsen bevor. Später könnte sich die Frequenz noch steigern. „Mit zunehmendem Alter sind die Poren eher verschlossen“, sagt Betriebsleiter Sauerland. Hinzu komme, dass ein „Opa“ eine begrenzte Lebensdauer habe. „Nach zehn Jahren ist der oft schon ziemlich aufgebraucht.“ Standstreifen kommen später an die Reihe: Die Standstreifen sind beim jetzigen Reinigungsdurchlauf nicht gekehrt und gefeudelt worden. Für sie werde zurzeit noch geprüft, ob eine Reinigung notwendig ist, teilte der LBV mit. Sollte dies der Fall sein, erfolge diese Reinigung gesondert. Grund: Der Aufwand für die Absicherung ist nicht so hoch wie auf regulären Fahrspuren, so dass die Arbeiten am Tage erledigt werden können. Lesen Sie auch Halloween im Sealife-Center: Wesen aus einer anderen Welt. Adventskalender, Dosenbier und Tabak: Dänen decken sich auf Fehmarn ein. Eutin: LMK schließt, aber so geht es im Kaufhaus weiter. Von Susanne Peyronnet