Buchhändler in Ostholstein: Das sind unsere Buchtipps

Von Herbst-Blues keine Spur an der Kuhtorstraße. Während die Frankfurter Buchmesse dieser Tage coronabedingt erstmals digital über die Bühne gehen muss, kann sich die Belegschaft der Oldenburger Buchhandlung Ton & Text mehr denn je über analogen Publikumsbesuch freuen. Inhaberin Hanna Maschke (35) berichtet: „Laut einer bundesweiten Umfrage vom Juli haben insgesamt 13 Prozent der Leserschaft häufiger zum Buch gegriffen als in der Zeit vor Corona – diesen positiven Trend können auch wir registrieren.“ Mit Online-Shop, Lieferdienst und Social Media gegen den Lockdown: Und dass sich eine Million Verbraucher während der Pandemie erstmals online oder telefonisch beim stationären Buchhandel bestellte Bücher nach Hause liefern lassen oder in der Filiale abgeholt haben, war und ist auch in Oldenburg zu bemerken. Die 35-jährige Geschäftsinhaberin sagt: „Dass wir gleich zu Beginn des fünfwöchigen Lockdowns im März und April auf unseren Online-Shop nebst Lieferdienst bauen konnten und mussten und neben unseren Facebook- und Instagram-Auftritten auch einen Youtube-Kanal ins Leben gerufen haben, zahlt sich nun langfristig aus. Das ist schon eine interessante Zeit.“ So konnten vier ihrer zwölf Angestellten in den beiden Standorten Oldenburg und Heiligenhafen schon frühzeitig wieder aus der Kurzarbeit zurückgeholt werden, ehe auch die restliche Crew nach der Wiedereröffnung am 20. April wieder an Bord ging. Und nicht nur das. Am 1. Juni eröffnete Ton & Text „im kleinen Rahmen unter Corona-Bedingungen“ auch die dritte Filiale in Grömitz und vergrößerte das Team um zwei weitere Mitarbeiter. „Auch wenn die Übernahme des dortigen top-eingerichteten Ladens schon vor Corona geplant war, geschah das doch mit reichlich Magengrummeln“, gesteht Hanna Maschke, fügt aber mit einem Lächeln hinzu: „Jetzt geben wir aber auch da Vollgas.“ Und das lohnt sich. Die in Hamburg geborene Teamchefin, die die Oldenburger Buchhandlung, in der sie selbst 2009 als Azubi ihre Karriere startete, 2018 übernahm, kann nach einem Blick in ihre Buchhaltung vermelden: „Wir haben bis Ende August gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Umsatzplus von knapp 14 Prozent zu verzeichnen – trotz oder vielleicht gerade wegen Corona. Schließlich haben etliche Leser übers Internet den Weg zu uns gefunden, die ansonsten bei Amazon & Co. zu Hause waren.“ Dickes Lob für „Mitarbeiter-Kohorten und großartige Kundschaft“: Für die positive Stimmung bei Ton & Text macht Hanna Maschke zwei weitere Faktoren verantwortlich: „Zum einen liegt das natürlich auch an unseren tollen Mitarbeiter-Kohorten, zum anderen muss man unsere wirklich liebe, ja eigentlich sogar großartige Kundschaft loben.“ Dabei hebt sie hervor: „Nicht nur während des Lockdowns haben wir Anrufe von besorgten Bücherfreunden erhalten, die sich tatsächlich nur erkundigen wollten, wie es uns geht. Diese unverhoffte Unterstützung tat und tut uns sehr gut.“ Einzigartiger Buchladen-Mix im einstigen Friseursalon: Guter Dinge ist auch Jörg Storath im Buchladen Lensahn an der Bäderstraße. Der 55-jährige Inhaber und seine vier Mitarbeiter können dort im einstigen Friseursalon auf einen über drei Etagen verteilten Fundus von weit mehr als 50 000 Buchtiteln zurückgreifen – neu wie gebraucht. Dass sein Buchladen auch in Pandemie-Zeiten „erfreulich gut aufgestellt“ ist, liegt laut Storath daran, „dass wir in Kombination mit Antiquariat und Online-Shop ein wohl einzigartiger Mix in der Region sind. Unser Einzugsgebiet reicht bis Fehmarn, Kiel und Lübeck.“ Das Internet hat auch die Eutiner Buchhandlung Hoffmann mit ihren acht Mitarbeitern, davon zwei Azubis, über die Lockdown-Phase hinweggerettet – und sorgt seitdem für zusätzlichen Schub. Martina Hoffmann, die das 1932 ursprünglich in Hamburg gegründete Geschäft in dritter Generation mit ihrem Ehemann Jan führt, sagt: „Im Frühjahr sind wir quasi über Nacht zu einer Online-Buchhandlung geworden. Das war unser großer Vorteil.“ Dass Kunden ihre Lektüre nun verstärkt online bestellen und Bücher wie Hörbücher portofrei nach Hause liefern lassen, dürfte das Buchgeschäft in der Rosenstadt auch künftig beleben. „Nicht den Optimismus verlieren und trotz Halbvermummung lächeln“: „Bislang sind wir mit einem blauen Auge davongekommen“, sagt Tini Meier, Inhaberin der Buchhandlung „Belletrist“ in Timmendorfer Strand. „Die Saison war zwar wegen der zahlreichen Reglements sehr anstrengend, zumal unser Geschäft sehr klein ist und sich dort eine Zeit lang nur vier Personen zugleich aufhalten durften.“ Trotzdem hätten ihr Team und sie es geschafft, motiviert zu bleiben. „Eine zweite Schließung wäre aber nicht tragbar“, meint Tini Meier mit Blick auf den Herbst, will aber bei ihrem bewährten Prinzip in der Krise bleiben: „Nicht den Optimismus verlieren und trotz Halbvermummung lächeln.“ „Statt Langeweile im Fernsehen in eine andere Welt abtauchen“: „Tatsächlich haben wir die Corona-Krise bis jetzt gut, eigentlich sogar supergut überstanden“, erklärt Juliane Hagenström, die als Inhaberin der „Bücherliebe“ in Stockelsdorf während des Lockdowns mit ihrem Team im Eiltempo einen Bestell- und Lieferdienst aus dem Boden gestampft hatte. Inzwischen kommt die Kundschaft wieder persönlich vorbei – zahlreicher als vor Corona. Hagenström sagt: „Das liegt zum einen daran, dass ich in so einem Ort wie Stockelsdorf sehr viele Stammkunden habe und man sich persönlich kennt.“ Zum anderen hätten die Leute mehr Zeit zum Lesen: „Weil viele Freizeitveranstaltungen weggebrochen sind und Fernsehen auf Dauer zu langweilig wird, haben viele das Buch für sich neu entdeckt – als eine wunderbare Möglichkeit, in eine andere Welt abzutauchen.“ Lesen Sie auch Verleger aus dem Norden vermissen die Frankfurter Buchmesse Aktionstag: Kinos in Schleswig-Holstein kämpfen gegen die Pandemie Junge Künstler kapern leere Läden in Lübeck Von Andreas Oelker, Sebastian Rösenkötter, Ulrike Benthien, Sabine Latzel und Doreen Dankert