Bürgermeisterin von Scharbeutz: „Corona wird die Saison 2021 bestimmen“

Die Pandemie wird auch den Sommer 2021 an der Küste bestimmen: Davon ist die Scharbeutzer Bürgermeisterin Bettina Schäfer überzeugt. Sie rechnet mit weiter bestehenden Einschränkungen und notwendiger Besucherlenkung. Wichtig sei es, schon jetzt einheitliche Konzepte für die Küste zu entwickeln, um den Ansturm von Urlaubern und Tagesgästen ab Ostern bewältigen zu können, beispielsweise über die schon bewährte Strandampel. Weitere Möglichkeiten: ein Schnelltest-Zentrum und die Sperrung von Zufahrten. Saison 2021 unter besonderen Bedingungen: Planung läuft: Geschlossene Restaurants und Geschäfte, nur spärlich belegte Parkplätze, wenige Spaziergänger am Strand: Zumindest wochentags wirkt Scharbeutz in diesem Januar streckenweise wie leergefegt. Unendlich weit weg erscheint der Gäste-Trubel eines Sommertages – allerdings nicht für Bettina Schäfer. Die parteilose Bürgermeisterin der Gemeinde Scharbeutz und ihr Team stecken bereits mitten in den Planungen der Saison 2021, unter weiterhin besonderen Bedingungen. „Auch dieser Sommer wird sehr von Corona geprägt sein“, ist Bettina Schäfer sicher. Dabei ist ihrer Ansicht nach in dieser Saison mit einem mindestens ebenso großen Andrang an Urlaubern und Tagesgästen zu rechnen wie im Vorjahr – wenn nicht mit noch mehr. „Mit dem Wissen von heute war der vergangene Sommer zum Warmlaufen“, sagt die Bürgermeisterin. 2021 würden vermutlich noch mehr Menschen in Deutschland Urlaub machen als 2020. „Dafür müssen wir jetzt ein einheitliches Konzept für die gesamte deutsche Küste beziehungsweise alle Urlaubsorte entwickeln. Wir brauchen generelle Regelungen, um diesen Sommer für alle in gute Bahnen zu lenken.“ Mehr zum Thema: So bereiten sich die Urlaubsorte in SH auf die Saison vor Andrang auf die Wintersport-Orte als Warnung: Denn nach Einschätzung von Bettina Schäfer wird durch die jetzt angelaufenen Impfungen im Sommer noch keine Herdenimmunität erreicht sein. Deshalb sei mit Einschränkungen wie in 2020 zu rechnen. Gleichzeitig „wollen die Leute raus, weil sie sich nach Luft und ein bisschen Freiheit sehnen“. Das habe der Andrang auf die Wintersport-Orte nach dem ersten Schneefall gezeigt. „Das war quasi mit Ansage“, meint Schäfer, „und Ähnliches haben wir beispielsweise bei gutem Wetter an Ostern auch zu erwarten.“ Zumal Ostern, also das erste April-Wochenende, häufig als Zeitpunkt für größere Lockerungen der Einschränkungen genannt wird. Deswegen wird auch 2021 die Besucherlenkung eine große Aufgabe sein. Ein Mittel bleibt die 2020 entwickelte Strandampel, die gerade mit einem Tourismuspreis ausgezeichnet wurde und die jeweilige Belegung der Plätze an der Wasserkante zeigt. „Die Strandampel hat für viel Entzerrung gesorgt“, bilanziert Bettina Schäfer. „Doch wir müssen die Besucherströme voraussichtlich noch stärker lenken.“ Eine Möglichkeit könne es sein, die Tagesausflügler schon an den Autobahnen über eventuelle Überfüllungen zu informieren oder Zufahrten zu sperren. Unterstützung durch die Polizei oder die Bundeswehr? „Diesbezüglich ist aber auch das Land gefragt, das können die Kommunen nicht alleine regeln“, meint die Bürgermeisterin. Bereits 2020 habe die Gemeinde an den letzten heißen Wochenenden „tolle Unterstützung“ von der Landespolizei erhalten. „Das würde ich mir ab Saisonbeginn wieder wünschen“, sagt Bettina Schäfer. „Aber die Polizei hat sehr viele Sonderaufgaben hinzubekommen, und ihr steht ja auch nur begrenzt Personal zur Verfügung.“ Doch nachdem Soldaten in Seniorenheimen ausgeholfen haben, stelle sich auch die Frage, ob vielleicht die Bundeswehr mehr Unterstützung leisten könne. „Nur mit Appellen an die Vernunft ist es jedenfalls nicht getan“, meint Bettina Schäfer, das habe der jüngste Andrang auf die Wintersport-Orte eben gezeigt. Ein weiteres Aufgabenfeld sind Schnelltests auf das Coronavirus. „Wir waren schon 2020 so weit, ein Schnelltest-Zentrum im Ort aufzuziehen, sind dann jedoch in den ,Lockdown light’ gestartet, so dass das nicht mehr zum Zuge gekommen ist“, berichtet die Bürgermeisterin. „Doch wir hätten es von jetzt auf gleich wieder am Start.“ Sylt plane eine ähnliche Einrichtung, „hat es wegen der Insellage aber auch leichter, denn dort könnte man die Menschen direkt am Zug abpassen“. In den Küstenorten auf dem Festland könnten hingegen lediglich die Gäste in Ferienwohnungen und Hotels erfasst werden. „Es darf nicht zu Eskalationen kommen“: „Was aber ist mit den Einheimischen, den Zweitwohnungsbesitzern und den Tagesgästen?“, fragt Bettina Schäfer. „Gerade wenn der Tagestourismus Fahrt aufnimmt, müssen wir so aufgestellt sein, dass alle eine gute Zeit haben. Sonne und Strand sollen etwas Schönes sein. Da darf es nicht zu Eskalationen kommen, weil alle mittlerweile gereizter sind und der eine dem anderen mit dem Handtuch zu nahe kommt.“ Die Planungen der Saison 2021 unter Corona-Aspekten dürfe deshalb nicht erst im April beginnen, mahnt sie. „Wir brauchen großflächige, einheitliche Regelungen.“ Denkbar wäre es zum Beispiel, an den Wochenenden nur Gäste mit einer Buchung und Ostholsteiner in die Küstenorte zu lassen. „Aber dabei sind gemeinsame Konzepte wichtig. Es nützt nichts, wenn in Scharbeutz etwas anderes gilt als in Grömitz, Heiligenhafen oder Timmendorfer Strand.“ Gewerbetreibende brauchen Lockerungen spätestens ab April: Zu berücksichtigen sei auch die Angst der Einheimischen vor einer verstärkten Verbreitung des Virus durch Urlauber und Tagesgäste. „Der Tourismus soll seine Akzeptanz behalten“, nennt Bettina Schäfer ein weiteres Ziel für die Saison 2021, „denn er ist schließlich die Haupteinnahmequelle in der Gemeinde.“ Für die Gewerbetreibenden sei dringend zu hoffen, dass spätestens ab April Lockerungen erfolgen könnten, sagt die Bürgermeisterin. „Scharbeutz ist sicher besser gestellt als mancher Ort im Binnenland. Aber irgendwann geht allen finanziell und mental die Puste aus.“ Großveranstaltungen wie der für den September angesetzten Konzertreihe „Stars am Strand“ im Nachbarort Timmendorfer Strand steht Bettina Schäfer skeptisch gegenüber. „Es wäre schön, wenn so etwas wieder möglich wäre, aber für den September sehe ich so etwas noch nicht.“ Sie persönlich freue sich auf kleinere Ereignisse, „etwa Treffen mit dem engsten Freundeskreis – auf jedes Stück Normalität, das wir zurückbekommen“. Lesen Sie auch Winterberg macht Skigebiete dicht, im Harz werden Straßen gesperrt - Chaos an Ausflugsorten Lübecker Bucht: Corona-Strandampel gewinnt Tourismuspreis Bundeswehr: Mit 5000 Soldaten gegen das Coronavirus Einzelhandel schickt „Brandbrief“ an Merkel und fordert Staatshilfen im Januar Tourismus 2021: So planen Ostholsteins Urlaubsorte Ein „wirkliches Durchatmen beim Thema Corona“ werde es erst im Herbst geben, glaubt die Scharbeutzer Bürgermeisterin. Trotzdem ist sie optimistisch. „Unsere Region wird gestärkt aus der Krise herausgehen und noch mehr als Urlaubsregion angenommen werden als zuvor“, ist sie überzeugt. „Doch es wird noch eine Weile dauern, bis die Menschen ihre Angst verloren haben – und dieser Sommer wird noch einmal sportlich-anstrengend.“ Von Sabine Latzel