Corona in Timmendorfer Strand: Schnelltest half dem Hotel Seeschlösschen

Hotelchefin Alexandra von Oven-Batsch bezeichnet sich selbst als überaus penibel, wenn es um Corona geht. Deshalb und weil sie wenig zufriedenstellende Erfahrungen mit den offiziellen Tests gemacht habe, habe sie auf selbst beschaffte Schnelltests gesetzt, berichtet sie aus der Quarantäne heraus. Die Chefin des Grand-Hotels Seeschlösschen in Timmendorfer Strand musste sich wie ihre rund 100 Mitarbeiter nach dem Corona-Ausbruch in ihrem Hotel isolieren. 35 der Angestellten sind am Wochenende positiv auf Corona getestet worden. Langes Warten auf Testergebnisse: Als vor einigen Wochen ein Mitarbeiter aus München zurückgekommen sei und Corona-Symptome gezeigt habe, habe das – am Ende negative – offizielle Testergebnis von einem Donnerstag bis zum darauffolgenden Dienstag auf sich warten lassen, berichtet von Oven-Batsch. „Das dauerte mir zu lange.“ Deshalb habe sie sich erkundigt, wann die Schnelltests herauskommen, und sich dann welche über eine Apotheke besorgt. Als sich am vergangenen Donnerstag eine Mitarbeiterin mit einem positiven Corona-Test bei ihr meldete und eine weitere Fieber gehabt habe, habe sie die Packung mit den Schnelltests geholt, ihren Hausarzt angerufen und alle, die mit der fiebrigen Kollegin zusammenarbeiteten, testen lassen. „Alle Leute, die zusammen wohnen, wurden am Donnerstag in Quarantäne versetzt.“ Das sind 13 Mitarbeiter, für die das Hotel in einem Haus Wohnungen bereitstellt, weil es in Timmendorfer Strand so gut wie keinen bezahlbaren Wohnraum für Mitarbeiter gibt. Ein Zimmermädchen war infiziert: Parallel hat von Oven-Batsch das Gesundheitsamt informiert. Der Schnelltest am Donnerstag hatte nur einen Corona-Fall ergeben, betroffen war ein Zimmermädchen. „Die ist nicht so nah am Gast“, sagt die Hotelchefin. Das Gesundheitsamt hatte dann die Mitarbeiter testen lassen und am Sonnabend drei positive Ergebnisse gemeldet. Parallel war noch einmal der von Alexandra von Oven-Batsch selbst organisierte Schnelltest zum Einsatz gekommen und hatte positive Ergebnisse über die Abteilung Housekeeping hinaus gebracht. Wegen dieser Ergebnisse ist das Hotel noch am Sonnabend geschlossen worden. Ohne die Schnelltests wäre das Haus noch länger in Betrieb geblieben, glaubt die Hotelchefin. Sie sei geschockt gewesen, wie viele Fälle es nun schon seien, berichtet von Oven-Batsch weiter. Das Gesundheitsamt hatte am Montag 35 Infizierte im Seeschlösschen gemeldet, bis auf drei wohnen alle von ihnen im Kreis Ostholstein. Das hat die Zahl der Infizierten im Kreis hochgetrieben. Landrat Reinhard Sager (CDU) geht davon aus, dass der Kreis noch in dieser Woche zum Risikogebiet erklärt werden könnte. „Die Schnelltests haben sich als sehr hilfreich erwiesen. Ohne sie hätten wir frühestens Dienstag oder Mittwoch die Ergebnisse gehabt“, meint von Oven-Batsch. Dass der Corona-Ausbruch seinen Ursprung in der Unterkunft hatte, glaubt sie nicht. „Es sind viele betroffen, die nicht dort wohnen.“ Erstaunt ist die Hotelchefin darüber, wie unterschiedlich sich die Infektionen auswirken. „Wir haben viele Mitarbeiter, die merken nichts von der Infektion.“ Jetzt sind erst einmal alle, einschließlich der Chefin, bis 30. Oktober in Quarantäne. Wann das Seeschlösschen wieder geöffnet werden kann, sei bisher nicht absehbar. Die Gemeindeverwaltung Timmendorfer Strand reagiert auf die steigenden Infiziertenzahlen und schließt das Rathaus wieder für den Publikumsverkehr. Die Einwohner werden gebeten, ihre Anliegen nur telefonisch, per Post oder E-Mail vorzutragen. Wer persönlich mit einem Mitarbeiter sprechen muss, muss sich dafür einen Termin holen. Der Zugang zum Rathaus ist nur mit Maske möglich, Desinfektionsmittel steht bereit. Die Telefonzentrale des Rathauses ist montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr und von 13 bis 17 Uhr unter der Telefonnummer 045 03/80 70 und per E-Mail unter info@timmendorfer-strand.org zu erreichen. Die Hotline der TSNT GmbH ist täglich von 10 bis 15 Uhr unter der Telefonnummer 045 03/357 70 und unter E-Mail info@timmendorfer-strand.de zu erreichen. Für die 200 Gäste, die noch am Sonnabendabend abreisen mussten, war die Schließung ein herber Schlag. „Als wir um 18 Uhr ausgecheckt hatten, standen wir auf der Straße. Über 700 Kilometer Heimreise waren an dem Tag nicht zu schaffen“, teilt Brigitte Kloecking aus Bayern mit. Es sei trotz schlechten Gewissens nichts anderes geblieben, als in Hamburg zu übernachten. „Aber was blieb uns übrig?“ Weiter denkt Kloecking: „Das Gesundheitsamt sollte mal darüber nachdenken, welche Konsequenzen es hat, 200 Urlauber auf die Straße zu setzen, ohne zu wissen, ob sie Corona im Gepäck haben. Wir sind bis dato ohne Symptome, freiwillig zu Hause und haben selbst einen Test vor Ort organisiert.“ Gemeinde empfiehlt Masken auch im Freien: Angesichts des Ausbruchs im Hotel hat die Gemeinde Timmendorfer Strand Handlungsempfehlungen für alle Einheimischen, Touristen und Gastronomiebetriebe herausgegeben. Dazu gehöre Mund-Nasen-Schutz an allen Orten, an denen es eng wird. Ordnungsamtsleiter Michèl Soltmann erläutert, dass das auch für Aufenthalte im Freien gilt, etwa auf dem Timmendorfer Platz oder im Niendorfer Hafen. So weit, dass sie Schilder aufstelle oder eine Maskenpflicht verhänge, wolle die Gemeinde aber noch nicht gehen. Gastronomiebetrieben wird nahegelegt, ihre Restaurants, Cafés und Kneipen um 23 Uhr zu schließen, also freiwillig eine Sperrstunde einzuhalten. Bereits vor dem Ausbruch im Seeschlösschen, berichtet Soltmann, habe die Gemeinde angesichts steigender Zahlen ausnahmslos alle gastronomischen Betriebe mit Sitzplätzen kontrolliert. Mit dem Ergebnis, dass lediglich kleinere Verstöße festgestellt wurden, etwa gegen das Abstandsgebot. Was häufig nicht den Gastwirten, sondern den Gästen anzulasten sei, die Stühle verrücken. Wurde zuvor oft mal ein Auge zugedrückt, wenn sofort nachgebessert wurde, würden nun alle Verstöße dokumentiert und dem Kreis gemeldet. Der verhängt dann Bußgelder. Lesen Sie auch Adventsmarkt in Scharbeutz fällt aus. Auffahrunfall nahe Eutin: Autofahrer schiebt vier Fahrzeuge ineinander. Steigende Corona-Zahlen: So bewältigen Hausärzte die Lage. Von Susanne Peyronnet