Coronavirus: Kinderschutzbund Ostholstein erwartet Zunahme von Gewalt

Schulen, Kindergärten, Spiel- und Sportplätze waren ebenso wie Jugendtreffs und andere Einrichtungen geschlossen. Um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, wurde die Minimierung von Sozialkontakten angeordnet. Die Folge: Tausende Kinder verbringen deutlich mehr Zeit bei ihren Eltern als gewöhnlich. Ostholsteins Kinderschutzbund-Geschäftsführer Martin Liegmann rechnete mit einem Anstieg von Gewalt gegen Mädchen und Jungen und rät, den neuen Alltag klar zu strukturieren. Ein Interview von Ende März 2020: Warum erwarten Sie einen Anstieg von Gewalt innerhalb von Familien? Zunächst einmal möchte ich sagen, dass wir uns Sorgen machen. In China ist die häusliche Gewalt um das Dreifache gestiegen. Warum sollte es hier anders sein? Wir gehen von einer erheblichen Gefährdung aus. Eltern sind es nicht mehr so gewöhnt, Werktage mit ihren Kindern zu verbringen. Die Zeit wird schnell lang. Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Wie sollen Eltern mit der veränderten Situation umgehen? Mein Appell an die Menschen lautet: Verbringt die Zeit mit euren Kindern, fördert sie, gebt ihnen eine Struktur, das vermittelt Sicherheit und Normalität. Es ist nicht gut, sie den ganzen Tag im Schlafanzug rumlaufen zu lassen und sie mehr oder weniger sich selbst zu überlassen. Was sollen Mütter und Väter den ganzen Tag mit ihrem Nachwuchs machen? Die Kinder brauchen Aufgaben. Zum Beispiel können Zwölf- bis 14-Jährige zwei Tage pro Woche kochen. Jüngere Kinder können sich um die Spülmaschine kümmern, oder Wäsche aufhängen. Es geht darum, sich am Haushalt zu beteiligen. Irgendwann ist die Wohnung sauber und dann? Spiel- und Bolzplätze sind gesperrt. Dennoch sollten Eltern mit ihren Kindern rausgehen. Die müssen sich auspowern. Zudem hoffe ich, dass Nachbarn gelassen mit einem möglichen Mehr an Kinderlärm umgehen und sich nicht auch noch beschweren. Es geht jetzt um Verständnis und Toleranz. Wie sollen Eltern mit dem ausgefallenen Unterricht und den damit verbundenen Hausaufgaben umgehen? Es ist wichtig, dass die nach Hause geschickten Aufgaben erledigt werden. Das Programm der Schulen unterscheidet sich in Teilen voneinander. Eltern sollten bei Fragen die zuständigen Lehrer kontaktieren. Die Schulen sind alle besetzt. Man kann dort anrufen. Lesen Sie dazu auch: Quarantäne ohne Lagerkoller, so funktioniert’s – ein Leitfaden Warum Familien jetzt über ihre Aufgabenteilung sprechen sollten Nachbarn sind nicht selten diejenigen, die mögliche Missstände hören oder sehen. Wie sollen Sie auf eine mögliche Kindeswohlgefährdung reagieren? Wie schon vor der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen gilt, dass Nachbarn, wenn sie sich Sorgen machen, Beratungsstellen, das Jugendamt oder die Polizei anrufen sollen. Aufgrund der aktuellen Entwicklung rund um das Coronavirus ist das Familienzentrum Neustadt des Kinderschutzbundes bis einschließlich 19. April geschlossen. Während sämtliche Angebote des Familienzentrums Neustadt wie persönliche Sprechstunden, Eltern-Kind-Treffs, Vorträge, Kurse, Einsätze in den Familien eingestellt sind, unterstützen und beraten die Koordinatorinnen der Frühen Hilfen Familien mit Kindern bis zum Schuleintritt telefonisch. Die Koordinatorinnen sind täglich von 9 bis 12 Uhr und zusätzlich montags von 15 bis 17 Uhr und mittwochs von 12 bis 17 Uhr unter den Nummern 01 60/96 73 69 65 und 01 51/50 14 30 24 sowie per E-Mail an familienzentrum@kinderschutzbund-oh.de erreichbar. Schwangere und Eltern von Neugeborenen und Babys können sich bei der telefonischen Säuglingssprechstunde durch eine Kinderkrankenschwester kostenlos bei Dingen wie Stillproblemen, Wechsel zur Beikost oder bei Fragen zur Entwicklung des Babys jeden ersten und dritten Mittwoch von 9 bis 12 Uhr unter der Nummer 045 03/892 87 62 beraten lassen. Zusätzlich kann auch außerhalb dieser Sprechstunde auf dem Anrufbeantworter eine Nachricht hinterlassen werden. Die Nummer des Elterntelefons (Nummer gegen Kummer) lautet 08 00/111 05 50. Sie ist anonym und kostenfrei. Der Kinderschutzbund ist unter der Nummer 045 61/512 30 erreichbar. Wie wirken sich die Anordnungen rund um Covid-19 auf die Arbeit des Kinderschutzbundes aus? Mir ist es ganz wichtig, zu betonen, dass unsere Einrichtungen alle geöffnet haben. Sprich: Es ist immer jemand da, den Eltern ansprechen können. Natürlich sollte dies in erster Linie telefonisch geschehen. Unsere Mitarbeiter können Fragen rund um die Notbetreuung, zu zahlender Elternbeiträge und pädagogischer Art klären. Zudem haben wir Spezialisten, die helfen können, wenn eine Situation zu eskalieren droht. Klar ist, es wird mit Sicherheit Schwierigkeiten geben. Der Kinderschutzbund steht mit Rat und Tat zur Seite. Anonyme und kostenfreie Beratung verspricht das Elterntelefon. Registrieren Sie seit der Schließung von Schulen und Kitas mehr Anrufe? Definitiv. Viele Eltern fragen sich, was sie mit ihren Kindern machen sollen. Da können wir einige Tipps geben und wollen das in den kommenden Tagen auch verstärkt kommunizieren. Einen Überblick über alle Angebote gibt es auf www.kinderschutzbund-oh.de. Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Liveblog zur Corona-Krise: Das ist die Lage in Lübeck und Schleswig-Holstein Schutzmasken richtig tragen: So geht’s! 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