Coronavirus treibt Ostholsteins Rathäuser in die Zwangspause

Das Coronavirus wirkt sich auch auf die Kommunalpolitik im Kreis Ostholstein aus. In einigen Orten können Projekte nicht wie geplant angeschoben werden. Zudem wird ein Einbrechen der Gewerbesteuer für das laufende Jahr erwartet. Um handlungsfähig zu bleiben, reagieren Gemeinden und Städte unterschiedlich. Mancherorts soll getagt werden, andernorts treffen Bürgermeister Eilentscheidungen. Das Innenministerium des Landes stellt klar, dass Sitzungen nur bei zwingender Notwendigkeit durchgeführt werden sollen. Angesichts der aktuellen Lage bestünden keine Bedenken, wenn die für Sitzungen der Gemeindevertretungen oder der Kreistage geltende Vierteljahresfrist überschritten werde. „Soweit in der aktuellen Situation ein zwingender Anlass für eine Sitzung bestehe, ist diese allerdings grundsätzlich öffentlich durchzuführen“, sagt Sprecher Dirk Hundertmark. „Videoübertragungen können die Öffentlichkeit nicht ersetzen.“ Ausfall wirkt sich auf Fotovoltaikprojekt aus: Burkhard Busch, Leitender Verwaltungsbeamter vom Amt Ostholstein-Mitte, sagt, dass die Gemeinden Schashagen, Schönwalde, Kasseedorf, Sierksdorf und Altenkrempe sämtliche Termine abgesagt haben. Dies führe dazu, dass es bei Rechtssetzungsverfahren wie einer Bauleitplanung zu Verzögerungen komme. Konkret betroffen sind ein privates Bauvorhaben in Sierksdorf und ein größeres Fotovoltaikprojekt in Schashagen. „Alle weiteren wichtigen Entscheidungen können und werden soweit vertretbar durch Eilentscheidungen der Bürgermeister oder des Amtsvorstehers durchgeführt“, erklärt Busch. „Teilweise werden diesbezügliche Onlinevoten abgefragt. Die formelle Beschlussfassung wird dann nachgeholt.“ Unter anderem gehe es dabei um zusätzliche Stellen für die Kita-Betreuung. Lesen Sie auch: Darum gibt es so viele parteilose Bürgermeister in OH Mehr aktuelle Nachrichten aus Ostholstein Die Stadt Eutin verzichtet ebenfalls auf Ausschusssitzungen. Bürgermeister Carsten Behnk (parteilos) spricht von einer dynamischen Lage und täglichen Treffen eines Leitungsteams im Rathaus. „Selbstverständlich verzögern sich Prozesse zeitlich durch die momentan herrschende Ausnahmesituation“, sagt er. Ehrenamtliche Kommunalpolitiker bekommen ein Zeitproblem: Etwas weiter nördlich im Kreis beobachtet Oldenburgs Bürgermeister Jörg Saba (parteilos) die Situation und geht davon aus, dass die Stadtverordnetenversammlung für den 26. März abgesagt wird. Auswirkungen auf Bauprojekte seien bislang nicht feststellbar, jedoch komme es generell zu einer Verlangsamung von Prozessen. Deswegen rechnet Saba ebenso wie viele seiner Amtskollegen mit einer Art Sitzungsstau: „Natürlich gilt auch hier, dass aufgeschoben nicht aufgehoben bedeutet. Nicht nur die Sitzungen, sondern auch andere Termine müssen zum Teil nachgeholt werden.“ Dies könne für die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker durchaus problematisch werden, da es in der Zeit nach Covid-19 zu einer Fülle von Terminen kommen werde. Stockelsdorf muss noch einmal tagen: Vor den Osterferien (30. März bis 17. April), die gleichbedeutend mit einer politischen Pause sind, gibt es in Stockelsdorf nur noch eine Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Bauen, Planung und öffentliche Sicherheit. Laut Bürgermeisterin Julia Samtleben (SPD) muss die Sanierung von Straßenschäden ebenso wie der Kauf eines Feuerwehrfahrzeuges angeschoben werden. Zugleich erwartet sie Folgen für Bauprojekte, sagt aber auch: „Ich gehe davon aus, eine seriöse Prognose ist jedoch derzeit nicht möglich. Die Auswirkungen sind abhängig von der Dauer der Krisensituation.“ Das Innenministerium des Landes stellt klar, dass politische Sitzungen abgesagt werden können, dies aber keinesfalls vorgeschrieben sei. Jedoch müssen die Empfehlungen der Gesundheitsbehörden beachtet werden. „Beispielsweise sei die zahlenmäßige Beschränkung in Sitzungsräumen eine Möglichkeit, um ausreichend Abstand zu gewährleisten“, erklärt Dirk Hundertmark, Sprecher des Ministeriums in Kiel. Falls Gemeindevertreter aufgrund von Erkrankungen oder Quarantäneanordnungen nicht an einer Sitzung teilnehmen können, empfiehlt das Innenministerium sogenannte Pairingabsprachen, um die Mehrheitsverhältnisse beizubehalten. Das erwarten Neustadt und Timmendorfer Strand: Der Bürgermeister von Timmendorfer Strand Robert Wagner und dessen Neustädter Kollege Mirko Spieckermann (beide parteilos) schätzen die derzeitigen Auswirkungen aufgrund abgesagter Sitzungen als wenig gravierend ein. Jedoch könnten die Ausschüsse in der nächsten Sitzungsperiode deutlich länger dauern. Ähnlich äußert sich auch Schwartaus Bürgermeister Uwe Brinkmann (parteilos): „Die Absagen bringen uns nicht in Schwierigkeiten. Wir haben ein zeitkritisches Thema auf dem Plan und werden die Entwicklung deshalb weiter genau beobachten. Sollte die Dürrephase über den 17. April hinausgehen, müssen wir aber über außerordentliche Einberufungen nachdenken, denn dann geht es darum, wichtige Fristen für den Neubau des Gymnasiums am Mühlenberg einzuhalten“, erklärt Brinkmann. Fest stehe auch, dass es bei der Bauleitplanung Verzögerungen geben werde. „Die Pläne können derzeit nicht öffentlich ausgelegt werden. Eine Online-Veröffentlichung reicht nicht“, sagt er. Geringere Gewerbesteuer-Einnahme wird erwartet: Wie heftig die finanziellen Folgen ausfallen, lässt sich derzeit nicht seriös vorhersagen. Dennoch ist absehbar, dass den Gemeinden und Städten Geld fehlen wird. „Auf die Realsteuereinnahmen wie Grundsteuer, Zweitwohnungssteuer sowie Hundesteuer hat dies zunächst keine Auswirkungen. Hinsichtlich der Gewerbesteueranteile ist dies jedoch zu erwarten – gleiches gilt dann wohl auch für die Einkommenssteueranteile“, erklärt Burkhard Busch vom Amt Ostholstein-Mitte. Kreissprecherin Anika Sommerfeld ergänzt: „Zum aktuellen Zeitpunkt ist unklar, wie sich die Situation insgesamt entwickeln und welche konkreten Auswirkungen sie haben wird.“ Auch wie am Ende zum Beispiel eventuelle Verluste abgewickelt würden, könne derzeit nicht abgeschätzt werden. 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