Die Problemlöser: Oldenburger Firma baut Star Trek-Raumschiff für Netflix

Die Syntechnics GmbH gilt als Spezialist für scheinbar unlösbare Aufgaben: Weltbekannte Unternehmen wie Lufthansa, Siemens, Netflix, der Yachthersteller Bavaria, Nissan und Klavier-Hersteller Steinway haben bereits mit dem Betrieb aus Oldenburg zusammengearbeitet. Ein Umzug der Firma mit 21 Mitarbeitern nach Bayern oder Bremen wurde mehrfach diskutiert, aber immer verworfen. Kein Wunder, die Geschäftsführer Dustin und Davin Homeyer sind eng im Kreis Ostholstein verwurzelt. An der Wand in Dustin Homeyers Büro hängt eine interaktive Tafel. Zu sehen ist das Bild einer aus Eichenholz gefrästen Bibliothek. 40 Kubikmeter wurden verarbeitet. Es ist eines von mehr als 400 Projekten, welches die Syntechnics GmbH in den vergangenen Jahren umgesetzt hat. Das Ergebnis steht in einer Londoner Privatvilla. Ein Raumschiff für die Ifa: Ein anderes befindet sich fast direkt vor dem Büro der Geschäftsführer. Es ist der Nachbau des Star Trek-Raumschiffes USS Shenzhou, welcher in der Science-Fiction-Serie von Philippa Georgiou kommandiert wird. Stellt sich die Frage, warum die Mitarbeiter des Oldenburger Betriebs ein Raumschiff angefertigt haben? Laut Dustin Homeyer kam der Auftrag über eine Marketing-Agentur, die ein ordentliches Budget hatte, um die neue Star Trek-Serie zu bewerben. Diese lief in Deutschland exklusiv beim Streaming-Anbieter Netflix. Im Raumschiff selbst konnten sich Besucher während der Internationalen Funkausstellung 2017 in Berlin am Telekom-Stand einen Star Trek-Charakter auf ihr Gesicht projizieren lassen. Anschließend wurde das Raumschiff nicht mehr benötigt und gelangte zurück nach Oldenburg. Ein Verkauf ist aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Sie sind Ostholsteiner Jungs: Dass Aufträge wie diese zum Arbeitsalltag von Dustin Homeyer gehören, war nicht absehbar. „Meine Familie kommt aus dem Ruhrgebiet. Ich bin in Essen geboren, im Alter von zweieinhalb Jahren sind wir nach Lübbersdorf gezogen“, sagt er. Nach dem Abitur habe er in Münster seinen Zivildienst in der Altenpflege geleistet und anschließend ein duales Studium im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen in Hamburg begonnen. Sein vier Jahre jüngerer Bruder studierte Maschinenbau in Kiel. Lesen Sie auch: Das sind die Top-Veranstaltungen in Ostholstein Lohnt sich ein Besuch? So ist das neue Star Wars-Museum in Dassow Während seiner Zeit bei einem Medizintechnik-Unternehmen habe er gemerkt, dass ein großer Konzern zu anonym sei und Entscheidungsprozesse häufig viel zu langsam abliefen“, sagt Dustin Homeyer. Also habe er sich entschlossen, mit seinem Vater und seinem Bruder etwas Eigenes zu entwickeln. „Mein Vater war immer selbstständig. Er hatte in Essen einen eigenen Betrieb im Bereich Innenausbau“, sagt Dustin Homeyer. In seiner Freizeit trainiert er eine Handball-D-Jugend der HSG Wagrien. Erst die Halle, dann die CNC-Fräse: Nach einigen Ideen und Überlegungen seien sie schließlich bei der Faserverbundtechnologie gelandet und zogen 2001 kurzerhand eine 500 Quadratmeter große Halle hoch. „In dieser haben wir begonnen, an den Wochenenden ein Motorboot zu bauen“, sagt Homeyer rückblickend und ergänzt: „Wir haben es komplett aus Carbon gebaut. Das war nur halb so schwer, wie Boote es üblicherweise waren.“ Das Ergebnis hätten sie bei der Hanseboot-Messe präsentiert. „Die Rückmeldungen waren gut. Jedoch hatten wir alles von Hand gebaut. Das war absolut unwirtschaftlich“, sagt Dustin Homeyer. Deshalb hätten vor allem Vater und Bruder entschieden, eine CNC-Fräse – also eine computergesteuerte Fräse – zu kaufen. Mit Mercedes begann der Erfolg: Dann ging alles ganz schnell: Ein Händler habe ihnen eine gebrauchte Fräse für 60 000 Euro verkauft – „eine Rieseninvestition für uns“. Der geschäftliche Aufstieg folgte 2006. Für eine mehr als vier Kilometer lange Lkw-Teststrecke von Mercedes-Benz wurden Formen für Betonteile benötigt. „Die Oberfläche betrug mehr als 18 000 Quadratmeter. Die haben wir in knapp sechs Monaten hergestellt und geliefert. Kurz darauf folgte der Kauf einer zweiten Fräse. „Damals waren wir nur mein Bruder, meine Frau, drei Mitarbeiter und ich. Die Halle war zu klein. Wir durften die Fräse beim Autoschrauber nebenan aufstellen. Dafür bin ich bis heute dankbar“, schildert Dustin Homeyer die Entwicklung. Weitere Aufträge seien eingegangen. 2008 wurde eine 1700 Quadratmeter große Fertigungshalle gebaut. „Das war in der Wahrnehmung der Kunden ein Durchbruch“, sagt der Geschäftsführer. 2012 folgte eine Vergrößerung, aktuell wird eine 400 Quadratmeter große Lagerhalle gebaut und weitere 1000 Quadratmeter Fertigungsfläche sind in der Planung. Ein Akku für den Nissan Leaf: Die realisierten Projekte der Syntechnics GmbH sind äußerst vielfältig. Mal planen und bauen die Mitarbeiter Masten und andere Teile für mehr als 100 Meter lange Yachten, dann entwickeln sie innerhalb weniger Wochen einen Akku-Reservekanister für den Nissan Leaf. Der Prototyp kann E-Autofahrern helfen, ein Liegenbleiben zu verhindern. Bislang ging das Produkt nicht in Serie. Besser lief es mit dem Bau von Gasturbinen für Siemens, an welchem die GmbH beteiligt war. Zudem wurde eine 4,30 Meter lange Wunderlampe für das Aladdin-Musical in Hamburg hergestellt, die auf der Neuen Flora steht. Ein weiteres Vorzeigeprojekt ist ein multimedialer Lufthansa-Reisekiosk. Schnelle Entscheidungen für gute Lösungen: Dass sowohl namhaften Firmen als auch mittelständische Unternehmen die Syntechnics GmbH für sich entdecken, hat mehrere Gründe. Die Oldenburger gelten als äußerst flexibel, entscheidungsfreudig und sollen scheinbar unlösbare Aufgaben lösen können. „Unsere Stärke ist es, Dinge schnell voranzutreiben. Jede Entscheidung ist besser als keine. Das hat den Vorteil, Fehler schnell korrigieren zu können“, sagt Dustin Homeyer. Hinzu komme, dass die Zahl der realisierten Projekte Sicherheit gebe, gute Lösungen zu finden. Dennoch würden nicht alle Aufträge angenommen. „Wir lehnen Projekte ab, wenn wir merken, dass wir nicht die Richtigen sind. Dann empfehlen wir andere.“ Busstreik in Ostholstein trifft vor allem Schüler Wegen Überschwemmung: Straße in Oldenburg gesperrt Dreikampf ums Bürgermeisteramt: Das wollen die Kandidaten Aufruhr in Riepsdorf: Wie der Streit um Windkraft ein Dorf spaltet Von wegen spröde Norddeutsche: Warum Karneval auch in Ostholstein begeistert Von Sebastian Rosenkötter

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