Eine neue Heimat in Grube

Batoor Nourozi, der sechsjährige Sohn der Familie, wendet sich wieder dem Fernsehen zu. Kika übt dann doch eine größere Anziehungskraft aus als seine ersten Brocken auf Plattdeutsch. Er und seine achtjährige Schwester Adiba sind bereits voll in ihrer deutschen Umgebung integriert. Ein Abschiebungsverbot kann erteilt werden, wenn die drei Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz und subsidiärer Schutz – nicht greifen. Bei einem nationalen Abschiebungsverbot darf keine Rückführung in den Staat erfolgen, für den dieses Abschiebungsverbot gilt. Den Betroffenen wird dann eine Aufenthaltserlaubnis erteilt. QUELLE: BAMF Als die Familie am 23. November 2015 nach Grube kam, war der Himmel grau verhangen, es war windig und regnete obendrein. Dafür wurde die Familie von den ehrenamtlichen Integrationshelfern, wie Karl-Heinz Aagard einer ist, herzlich begrüßt. Die Familie stammt aus Afghanistan, aus einem kleinen Dorf nicht weit weg von der Hauptstadt Kabul. Aufgewachsen sind die Kinder jedoch in Pakistan, wo Vater Mirza eine eigene kleine Schneiderei besaß. Die existenzielle Bedrohung durch die islamistische Talibanbewegung hat dazu geführt, dass die Familie aus Pakistan nach Westeuropa flüchten musste. Vater Mirza schüttelt auf die Frage, was er vermisse, mit dem Kopf. Er lächelt, dann sagt er: „In Afghanistan und Pakistan ist immer Sommer, hier ist das nicht so.“ Ansonsten sind er und seine Frau dankbar für die Chance, ein neues Leben in Deutschland zu starten. „Wir wollen nicht mehr zurück, Deutschland ist für unsere Kinder gut.“ Für ihn persönlich ginge es in den kommenden Monaten darum, beruflich Fuß zu fassen. Aber nicht etwa als Schneider, seinem gelernten Beruf, sondern in einer Tätigkeit, die er in Grube ausüben kann. Ein Praktikum bei der Bäckerei Puck steht als nächstes für ihn an. Mutter Saira ist Hausfrau. Sie hat keine Familie mehr in ihrer Heimat, nur eine Tante, die sie aber sehr vermisst. Die Eltern sind sie extrem stolz auf ihre Kinder, die besonders in der Grundschule von sich Reden machen. Antje Sagawe, Schulleiterin in Grube, ist von ihnen begeistert. „Diese Kinder sind fantastisch“, sagt sie. Ohnehin habe sie mit Flüchtlingskindern in Grube nur gute Erfahrungen gemacht. Sie seien alle sehr offen, fleißig und wissbegierig. Batoor und Adiba beispielsweise hätten im Kindergarten so gut Deutsch gelernt, dass sie die Sprach-Einheiten im Daz-Zentrum auslassen konnten. Batoor, der vornehmlich Interesse für Fußball und TV-Kinderkanal hat, wurde zum Klassensprecher gewählt. In der Schule besucht er beispielsweise auch die Fußball-AG. Adiba ist ebenfalls sehr sportlich. Sie träumt vom Reiten und spielt für die HSG Wagrien in der E-Jugend Handball. Dies ist ein in Afghanistan und Pakistan eher seltener Sport. Auch das ist Integration. Sie hat mit ihren acht Jahren das beste Zeugnis in der Klasse. Ihr Traum ist es, einmal das Gymnasium zu besuchen. Dazu sagt Sagawe: „Wenn sie so fleißig bleibt, stehen die Chancen gut, dass sie schulisch auf hohem Niveau weitermachen kann.“ Ohnehin scheint der Weg der gesamten Familie in Deutschland weiterzugehen. denn im Dezember flatterte ein Schreiben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge ins Haus – mit der positiven Botschaft, dass ein Abschiebungsverbot erteilt sei, die Familie nicht des Landes verwiesen werden darf. Flüchtlingshelfer Karl-Heinz Aagard ist optimistisch gestimmt: „Die Familie unternimmt alles, um in unserer Gesellschaft Fuß zu fassen. Und in ihrer Heimat können sie nicht überleben.“ Das hätten sogar deutsche Richter festgestellt. Peter Mantik

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