Energie durch Wasserstoff auf Fehmarn: Insel knüpft grünes Netzwerk

Info-Treff auf der Insel per Zoom-Konferenz: Zum Thema „Wasserstoff auf und für Fehmarn“ tauschte sich auf Einladung von Grünen-Stadtvertreter Marco Eberle die schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete Ingrid Nestle – zugleich energiepolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion in Berlin – mit einem knappen Dutzend lokaler wie regionaler Wirtschafts- und Verbandsvertreter aus. Nestle hob dabei hervor, dass Wasserstoff als Energiespeicher klimapolitisch nur Sinn mache, wenn diese aus erneuerbaren Quellen wie etwa der Windkraft stamme – „vorrangig aus einer Überproduktion, die nicht ins eigentliche Energienetz eingespeist werden kann“. Mit Blick auf aktuelle Rahmenbedingungen und die Strompreis-Angleichung sei es für potenzielle Produzenten allerdings gleichgültig, wo in Deutschland sie ihre zur Wasserstoffgewinnung erforderlichen Elektrolyse-Anlagen errichteten. Nestle konstatierte: „Dadurch geht der Standortvorteil für Schleswig-Holstein verloren.“ „Photovoltaik in der Sahara bringt uns nicht weiter“: Als Geschäftsführer von Windenergie Fehmarn wies Detlef Scheel, dessen Unternehmen auf der Insel mit derzeit 87 Windrädern gut 370 Megawatt Strom für 100 000 Haushalte erzeugen kann, darauf hin: „Erneuerbare Energien müssen weiter konsequent ausgebaut werden, wobei es für Wasserstoff vor allem einen Absatzmarkt in der Region braucht.“ Es gelte Wertschöpfungsketten vor Ort zu etablieren und weite Lieferstrecken zu vermeiden, „denn Photovoltaik in der Sahara oder Nordstream 3 bringen uns nicht weiter“. Für Gunnar Müller, Geschäftsführer von Fehmarn Recycling, dessen aktueller Diesel-Fuhrpark vier Container-Lastwagen, drei Sattelfahrzeuge und fünf Schlepper umfasst, war und ist es zwar wichtig, „neue Technologien auch kritisch zu begleiten und sich nicht irgendwelche Luftschlösser zu bauen“. Zudem müssten klimafreundliche Lösungen effizient und realitätsnah und „nicht erst durch übermäßige Subventionen realisierbar“ sein. Doch Müller versprach auch: „Ich bin kein Bremser, sondern würde mit anschieben: Sobald die erste Wasserstofftankstelle auf Fehmarn steht, bin ich gern bereit, mit dem ersten Schwerlastfahrzeug nachzuziehen.“ Er werde „Wasserstoff bei künftigen Planungen weiter auf dem Zettel haben“. Gängigstes Verfahren zur Wasserstoff-Herstellung ist die Elektrolyse, bei der Wasser durch Energiezufuhr – optimalerweise durch ökologisch erzeugten Solar- oder Windstrom – in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Als Energieträger kann komprimierter flüssiger Wasserstoff etwa als Kraftstoff für Brennstoffzellen-Fahrzeuge eingesetzt werden. Um ein Kilogramm Wasserstoff herstellen zu können, werden 55 Kilowattstunden Strom und neun Liter Wasser benötigt. Ein Kilogramm Wasserstoff kostet an den bundesweit rund 90 H2-Tankstellen 9,50 Euro und enthält fast soviel Energie wie drei Kilogramm Benzin. Elektrofahrzeuge mit einer Brennstoffzelle generieren ihren benötigten Strom aus mitgeführtem Wasserstoff (Tankvolumen 5-6 kg) mittels „umgekehrter“ Elektrolyse selbst. Dabei entstehen zugleich Wasser und wiederum Wärme – in der Regel Wasserdampf, aber keine Schadstoffe. Brennstoffzellenfahrzeuge haben ähnliche Reichweiten und Tankzeiten wie herkömmliche Benzin- und Dieselfahrzeuge und können in der Regel mit einem Kilo Wasserstoff gut 100 km zurücklegen. Das Wasserstoff-Tankstellennetz in Deutschland wird von der H2-Mobility GmbH auf- und ausgebaut; in Kooperation der Unternehmen Air Liquide, Daimler, Linde, OMV, Shell und Total. In Schleswig-Holstein gibt es aktuell erst eine H2-Station in Handewitt. Einen Netz-Überblick und weitere Infos gibt es unter www.h2.live Portal als Wegweiser im „Fördermitteldschungel“: „Konferenz-Gastgeber“ Eberle war erfreut, durch diese digitale Runde zur weiteren Vernetzung beigetragen und potenzielle Erzeuger mit Abnehmern zusammengebracht zu haben. Auch wenn es auf der Insel noch keine konkreteren Praxis-Projekte wie etwa in Neustadt gebe, sei ihm wichtig, „dass Fehmarn bei der Entwicklung von Wasserstoff-Wertschöpfungsketten vorn mit dabei ist“. Auch deshalb regte er an, über die Fehmarner Wirtschaftsförderung eine Art Portal entwickeln zu lassen, „um Wege durch den Fördermitteldschungel aufzuzeigen und zu entwirren“. Lesen Sie auch Ostholsteiner Müll soll in Neustadt zu Wasserstoff werden Edeka und Netto starten mit Wasserstoff-Lkw in Schleswig-Holstein Strategie für den Norden beschlossen: „Grüner Wasserstoff braucht grünen Strom“ „Mutmacherin“ Nestle weist auf Neun-Milliarden-Paket hin: Dazu merkte „Mutmacherin“ Nestle abschließend an: „Der Bund fördert die Wasserstoffentwicklung schon jetzt mit neun Milliarden Euro. Bei sich weiter verbessernden Rahmenbedingungen werden diejenigen, die sich am besten auf diese Thematik vorbereiten, am Ende die besten Karten haben.“ Von Andreas Oelker