Erste Hilfe für Ostholstein: First Responder sollen Leben retten

Es geht um Zeitgewinn. Wertvolle Zeit, die Menschen, die beispielsweise einen Herzinfarkt oder Verletzungen bei einem Verkehrsunfall erlitten haben, das Leben retten kann. Die Helfer vor Ort, auch First Responder genannt, schaffen es vor allem in ländlichen Gegenden oft rascher an einen Einsatzort als der reguläre Rettungsdienst. Sie übernehmen die medizinische Versorgung, bis dieser eintrifft. Die erste First-Responder-Einheit in Ostholstein wird am 1. März ihren Dienst beginnen: Es sind Ehrenamtler des Ortsvereins des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Süsel. Projekt-Idee entstand in Süsel vor vier Jahren: Dafür, dass die DRK-Kräfte als organisierte Erste-Hilfe-Einheit starten dürfen, musste eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Ortsverein und dem Träger des Rettungsdienstes in Ostholstein, dem Rettungsdienst Holstein (RDH), getroffen werden. RDH-Vorstand Christian Kraft und der Ortsvereinsvorsitzende Ingo Weidemann unterzeichneten sie jetzt. Es habe viel Durchhaltevermögen bis zu diesem Augenblick gebraucht, erinnerte Matthias Isecke-Vogelsang, Präsidiumsmitglied im DRK-Kreisverband und Vorgänger von Weidemann: „Mit dem Projekt sind wir seit vier Jahren zugange.“ Robin Cyriaks, Leiter der DRK-Bereitschaft Süsel, habe die Idee gehabt, das in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg längst etablierte Modell auch nach Ostholstein zu holen. „Er hat ein Konzept geschrieben, wie alarmiert werden kann, wann der First Responder gerufen wird, welche Schritte er unternimmt, wie der Einsatz dokumentiert wird. Das Konzept haben wir dem Kreis vorgelegt und dann geworben, referiert, gebettelt. Aber es gab immer neue Auflagen“, sagte Isecke-Vogelsang. Die Wende sei mit dem Wechsel der Trägerschaft des Rettungsdienstes – vom Kreis Ostholstein zum Rettungsdienst Holstein – und mit Christian Kraft eingetreten. Leitstelle schätzt First-Responder-Einheiten: Der RDH-Vorstand habe einige Änderungen im Konzept vorgenommen, auch Kontakt zu der Integrierten Regionalleitstelle Süd (IRLS) gesucht und gefragt, was sie davon halte. Die Meinung ihres Leiters Carsten Horn: „Wir haben im Kreis Stormarn und Lauenburg bereits sehr gute Erfahrungen mit dem FR (First Responder, Anm. d. Red.) gemacht. Gut, dass es ihn jetzt auch in Ostholstein geben wird.“ Das therapiefreie Intervall für den Patienten werde damit verkürzt. First Responder sind Ergänzung zum Rettungsdienst: Die Regionalleitstelle verständigt künftig bei einem Notfall im Einsatzgebiet des DRK Süsel – in der Gemeinde Süsel, in Haffkrug, Oevelgönne, Pönitz, Pönitz am See und Stawedder – den diensthabenden First Responder, wenn absehbar ist, dass der reguläre Rettungsdienst anderweitig ausgelastet ist und weitere Rettungskräfte erst eine längere Anfahrtstrecke zurücklegen müssen. „Wir rücken aber niemals aus, ohne dass der Rettungsdienst kommt. Wir sind eine Ergänzung“, betonte Cyriacks. DRK Süsel hat eigens ein Fahrzeug angeschafft: Der Bereitschaftsleiter berichtete weiter: „Wir sind 24/7 mit mindestens einem Mitglied besetzt. Um weitere Zeit einzusparen, hat der Diensthabende unser Fahrzeug bei sich zu Hause stehen.“ Die Kosten für die Anschaffung des VW Passat, rund 10 000 Euro, hat das DRK Süsel selbst getragen, es übernimmt auch rund 1500 Euro jährlich für Versicherung, Unterhaltungskosten und Sprit. Das Fahrzeug ist mit Absaugpumpe, Defibrillator und viel anderem Equipment ausgestattet. Damit der Wagen von der Leitstelle disponiert werden kann, ist entsprechende Funktechnik inklusive Ortung eingebaut worden. Dabei habe sich die „Sinus Nachrichtentechnik“ aus Barsbüttel den Ehrenamtlern gegenüber sehr entgegenkommend gezeigt, sagte Robin Cyriacks. Einnahmen erzielt der Ortsverein mit seinem zusätzlichen Dienst nicht. „Es entstehen keine entgeltfähigen Kosten des Rettungsdienstes“, versicherte Ingo Weidemann. 18 Ehrenamtler gehören zur FR-Einheit Süsel: 50 Personen gehören der DRK-Bereitschaft an. 18 haben sich als First Responder gemeldet. „Vom Ersthelfer bis zum Notarzt ist alles vertreten“, so Cyriacks. Alle müssten regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen. Die Einsätze würden zudem im Nachgang gemeinsam mit Ärzten reflektiert: unter dem Aspekt, was verbesserungswürdig sei. Zwischen Laien, die Erste Hilfe leisten, und dem regulären Rettungsdienst stellt die First-Responder-Einheit ein weiteres wichtiges Glied in der Rettungskette dar. Im Schnitt werde täglich zweimal in nun drei Landkreisen ein First Responder zum Einsatz kommen, so Carsten Horn. „Ich hoffe, dass sich der FR-Gedanke weiter verbreitet. Dadurch werden Leben gerettet. Bei der Reanimation gilt: Jede Minute, die gewonnen wird, rettet zehn Prozent des Gehirns.“ Auch Christian Kraft würde es begrüßen, wenn Süsel die Initialzündung für Ostholstein gewesen ist und andere Retter dem Beispiel folgen. Von Ulrike Benthien