Eutin: Bewohner nach Anschlägen auf Haus im Dosenredder in Angst

Die Fenster des Treppenhauses im Mehrfamilienhaus am Dosenredder sind weit geöffnet. Noch immer hängt der Rauchgeruch in dem Gebäude. Dabei ist der Brand im Keller fast vier Wochen her. Er war der Höhepunkt einer Anschlagsserie, die die Anwohner in große Angst versetzte. Begonnen hat alles in der Nacht auf den 6. August. Ein Unbekannter bemalte einen Fensterrahmen mit Hakenkreuzen und SS-Zeichen. „Da haben wir das Ganze noch als Dumme-Jungen-Streich abgetan“, erzählt Lena Thiersch, die seit acht Jahren in dem Gebäude lebt. Doch noch am selben Abend nahm das Ganze andere Dimensionen an. Im Treppenhaus und im Keller wurde Chlor verschüttet. „Als ich aus der Tür kam, habe ich den Geruch sofort bemerkt“, erinnert sich Thiersch. Die Feuerwehr nahm die Flüssigkeit auf und beruhigte die Bewohner. Immerhin habe die Konzentration laut den Einsatzkräften nicht ausgereicht, um eine ernsthafte Gefahr darzustellen. Lesen Sie auch: Nervenkrieg im Dosenredder in Eutin (mit Video und Galerie) Brände und Nazi-Schmierereien in Eutin: Die Polizei befragt Anwohner Hausmeisterwohnung mit Chlor bespritzt: Beunruhigt sind die Bewohner seitdem dennoch. „Auch, wenn wir noch immer nicht von etwas Bösem ausgegangen sind“, sagt die 35-Jährige. Das änderte sich am Folgetag, als Toilettenreiniger auf dem Flur verschüttet und die Tür der Hausmeisterwohnung mit Chlor bespritzt wurde. Die Polizei war zu diesem Zeitpunkt bereits über die Vorfälle informiert – doch rund um das Gebäude konnte nichts Auffälliges beobachtet werden. Nachbarn legten sich auf die Lauer: Die Nachbarn legten sich ebenfalls auf die Lauer und beobachteten das Gebäude am 8. August selber. „Ich saß oben im Treppenhaus, eine Nachbarin hat aus dem Fenster geschaut und ein Dritter hat von außen das Haus beobachtet“, erzählt Thiersch. „Über eine Whatsapp-Gruppe standen wir im Kontakt.“ Doch während sich die Nachbarn auf das von ihnen bewohnte Gebäude am Ende eines Komplexes mit drei Mehrfamilienhäusern konzentrierten, spiegelte sich plötzlich ein Feuerschein an der Garagenwand. „Eine Papiertonne am anderen Ende des Komplexes brannte, sie war nur wenige Meter von einem Schlafzimmerfenster entfernt“, erzählt die junge Mutter. Schwelbrand im Keller des Hauses: Am Folgetag das gleiche Vorgehen der Nachbarn – und der nächste Schreck: „Ich hörte ein schrilles Piepen und habe dann entdeckt, dass es im Keller brennt“, sagt Lena Thiersch. Schnell musste sie ihre kleine Tochter und die nötigsten Sachen zusammenpacken und aus dem Haus fliehen. Die Kripo aus Lübeck rückte noch in der selben Nacht an und stellte fest, dass es sich um schwere Brandstiftung handelt. Jemand hatte einen Brandsatz in den Kellerraum von Lena Thiersch geworfen. „Zwischen Tür und Zarge sind etwa zehn Zentimeter Luft für Leitungen, da wurde er vermutlich durchgeworfen. Persönlich nehme ich den Anschlag nicht“, sagt die 35-Jährige. Immenser Sachschaden und große Angst: Alles, was in dem Kellerraum lag, wurde vor wenigen Tagen abgeholt. Die Räder der Familie, Sport-Equipment, Deko, Hausrat, ein Kindersitz für die Tochter. „Alles war verrußt und beschädigt“, sagt die junge Mutter. „Seitdem habe ich Angst“, gibt Thiersch offen zu. „Ich fühle mich wie in einem schlechten Film.“ Die einst weißen Wände sind schwarz, an den Mauern hängen Reste des Löschschaums, an der Tür prangt ein Zettel der Kriminalpolizei – alles erinnert an den verheerenden Vorfall. Auf Wunsch der Bewohner wurde die Kellertür mittlerweile verschlossen. Bisher war der Keller, der unter allen drei Gebäuden liegt, für die Bewohner aller Häuser offen. Nun wurde der Zutritt begrenzt. Passiert ist seitdem nichts mehr. Doch das ungute Gefühl bleibt. Thiersch ist vorübergehend zu ihrer Mutter gezogen, um die Ereignisse zu verkraften. „Wir haben hier immer so gerne gewohnt. Das ist eine spießige, ruhige, tolle Wohngegend. Und nun das“, sagt sie. In diesen Tagen will sie zurückkehren, in der Hoffnung, dass dann etwas Ruhe einkehrt. Die Ermittlungen der Polizei laufen noch. Die Beamten hatten nach den Vorfällen vor allem Bewohner der Häuser befragt. „Wir haben keine neuen Erkenntnisse, die wir mitteilen können oder wollen“, sagt Sprecher Stefan Muhtz. Von Maike Wegner