Eutin: Bundeswehr-Aufklärer zwischen Corona-Einsatz und Übungen

Soldaten sind schon von Berufs wegen hart im Nehmen. Die Soldaten des Aufklärungsbataillons 6 „Holstein“ aus Eutin haben auf die Pandemie so reagiert, wie es zu erwarten war: Alles wurde nach draußen verlegt. So berichtet es der Kommandeur, Oberstleutnant Tobias Aust. Das war im Sommer noch ganz nett, wurde im Herbst aber deutlich sportlicher. Aber da wechselten etliche Soldaten vom Feld in die Gesundheitsämter. Einsatz im Gesundheitsamt: Mit Beginn der zweiten Corona-Welle wurde ihre Hilfe benötigt. Es galt, die Kontaktverfolgung der Infizierten zu bewältigen. Dafür sind 50 Soldaten in die Gesundheitsämter von Pinneberg, Bad Oldesloe und Lübeck eingerückt. Aust: „Wir gucken nach Freiwilligen, möglichst aus der Region.“ Denn je weniger Unterkünfte besorgt werden müssten, desto besser. So sind viele Soldaten, die in Lübeck helfen, Lübecker. Aust ist mit dem Einsatz seiner Truppe in den Gesundheitsämtern zufrieden: „Die machen das sehr plietsch.“ Allerdings würden die Soldaten irgendwann ausgetauscht, denn es gehe darum, eine Balance zwischen Amtshilfe und militärischem Auftrag zu finden. Der Einsatz zur Kontaktnachverfolgung wird auch über den Jahreswechsel weitergehen. Dann sind die Soldaten aus Eutin schon fast ein halbes Jahr mal so, mal so im Corona-Einsatz. Die erste Unterstützung leisteten sie im August in den Abstrichzentren für die Reiserückkehrer. Die Aufklärer arbeiteten laut Aust als Platzanweiser und in der Administration. Mit der Pandemie konfrontiert wurden die Eutiner zum ersten Mal im März bei einer Großübung in Jägerbrück (Mecklenburg-Vorpommern). Die Gefahr war allerdings recht gering. „Eine bessere Isolation gibt es nicht, als in einem Wald in Vorpommern zu sein“, sagt Aust. Trotzdem wurde die Übung abgebrochen, die Soldaten kehrten am ersten Tag des ersten Lockdowns zurück nach Eutin. Was einige Aufregung auslöste. Außerdem erlebten die Rückkehrer eine unwirkliche Szenerie. Aust: „Die A 20 und die A 1 waren leer.“ Aufteilung in Kohorten: Mit der Rückkehr folgte die Umstellung des Kasernenlebens. Die 500 Soldaten des Aufklärungsbataillons wurden in Kohorten aufgeteilt. Jeweils zwölf bis 20 Männer und Frauen bilden eine autarke Einheit. Kontakt, AHA-Regeln, Masken, letztere seit Mitte April, Einbahnstraßensystem in der Truppenküche – das alles gilt jetzt. Außerdem die Freiluft-Ausbildung. „Wir haben einen Vorteil: Wir können viel draußen machen. Das ist machbar, auch im Winter“, sagt Aust. Das galt auch bei den Holstein-Wochen, den Übungen in der Umgebung von Eutin. Feste Unterkünfte gab es nicht, die Soldaten lebten zwei Wochen lang komplett draußen. Lesen Sie auch Jede zweite Feuerwehr in Ostholstein benötigt neue Mitglieder. In Ostholstein gedreht: Diese Filme laufen 2021 im Fernsehen. Das war das Jahr 2020 in Ostholstein. Neben Corona und Ausbildung und Übung beherrschen für Aust noch zwei weitere Themen das Jahr 2020: die Umbenennung der Kaserne und die Zukunft des Offizierscasinos. Der Namensgeber der Rettberg-Kaserne, Oberst Karl von Rettberg, ist als Kriegsverbrecher in Verruf geraten. Nun soll die Kaserne, die Zustimmung von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer vorausgesetzt, in Oberst-Herrmann-Kaserne umbenannt werden. Ein Vorschlag, der aus den Reihen der Soldaten kam und der Eutin in eine Vorreiterrolle bringt. Aust sagt: „Wir wollen wegkommen von Namen, die uns nichts mehr sagen, und uns mehr auf die eigene Geschichte besinnen.“ Der neue Name ist nicht nur einer, der aus der Nachkriegsgeschichte kommt und keinen sehr hohen Militär würdigt, sondern auch erstmals eine lokale Lösung bietet. Oberst Herrmann war erster Kommandeur des damaligen Panzeraufklärungsbataillons in Eutin und sehr beliebt. Dann hat der Kommandeur noch eine gute Nachricht für das Bataillon und für die Eutiner: „Das Casino bleibt uns erhalten.“ Das historische und denkmalgeschützte Gebäude liegt außerhalb der Kaserne und ist ein Anlaufpunkt für alle Soldaten, ihre Familien, aber auch für die Eutiner. Vor allem aber ist es sanierungsbedürftig, so dass überlegt wurde, es abzustoßen. Die Idee ist vom Tisch. Das Casino bleibt, wird saniert und soll nach Austs Vorstellungen offen für alle sein, damit die Aufklärer weiter ein Teil der Eutiner Gesellschaft sind. So wie es immer war und wie es für Bundeswehrstandorte eher unüblich ist. Und was steht für 2021 auf dem Kalender? Litauen ist das Ziel für etwa 100 Soldaten aus allen vier Kompanien des Aufklärungsbataillons 6 „Holstein“. Sie nehmen für etwa acht bis zehn Wochen an einer großen Nato-Übung in dem baltischen Land teil. Die Brigade aus Neubrandenburg, zu der die Aufklärer gehören, wird sogar ein halbes Jahr dort bleiben. Auf ihren Übungseinsatz werden sich die Teilnehmer zuvor in Eutin gründlich vorbereiten. Von Susanne Peyronnet