Eutin: Festspiele-Saison 2021 trotz Corona und mit La Bohème

Die Eutiner Festspiele stecken mitten in den Vorbereitungen für die neue Spielzeit. Geplant wird unter Corona-Bedingungen. „Wir werden immer wieder von Besuchern gefragt: Wird es angesichts steigender Inzidenz überhaupt eine Spielzeit geben?“, sagt Sprecherin Ulrike Horstmann. „Die Antwort ist Ja. Wir gehen davon aus, dass es mit Augenmaß und Vorsicht möglich ist.“ Geschäftsführer Falk Herzog wartet jedoch auf klare Vorgaben aus Kiel: „Unser Problem ist, dass wir noch keine Richtlinie vom Land haben, wie wir uns auf Open-Air-Veranstaltung einzustellen haben. Für unsere Arbeit ist das aber existenziell.“ Festspiele-Vorstellungen: Bei 600 Besuchern kostendeckend: Die Festspiele gehen derzeit davon aus, dass sie 600 ihrer 1886 Plätze bei Vorstellungen besetzen dürfen. „Das ist die Grenze, bei der wir kostendeckend über die Saison kommen“, sagt Herzog. Das EDV-System sei mit einem Algorithmus so angepasst worden, dass wenn ein Paar oder eine Familie – es sollte eine Kohorte sein – Plätze bucht, daneben automatisch Abstandsflächen geblockt werden. Festspiele testen Mitarbeiter, auch per PCR-Test: Die Probenzeit für das Ensemble beginne am 10. Mai, so Falk Herzog, der fordert: „Die Kernregeln müssen bis dahin, eigentlich noch eher, vom Land festgelegt sein, zumindest muss die Zielrichtung vorgegeben sein.“ Der Knackpunkt seien nicht die Spielabende, sondern die Probenzeiten, wenn es innerhalb der Opernscheune engen Kontakt zwischen allen Mitwirkende gebe. „Wir werden ein engmaschiges Testsystem einführen und uns auch ein eigenes PCR-Gerät zulegen“, kündigt der Geschäftsführer an. An Spielabenden sollen nach seinen Angaben rund 250 Festspiele-Mitarbeiter getestet werden, vom Parkplatzeinweiser über Kantinenpersonal bis zum Kartenabreißer und bis zu den Künstlern. Lesen Sie auch Eutin: Neue Tribüne im Schlossgarten für Eutiner Festspiele Grömitz: Mit Maske, App und kleinen Events soll Urlaub 2021 klappen Ostholstein: Termine für Schnelltests auf Corona werden vor Ostern knapp Eutin: Es soll keine Quarantäne für Ensemble geben: Das Ensemble solle aus Sicherheitsgründen auch schon jeweils zwei Tage vor seinem Vorstellungstermin getestet werden, sagt Falk Herzog. „Wenn sich dann jemand als positiv herausstellen sollte, können wir reagieren und haben auf einer Back-up-Liste gegebenenfalls eine Nachbesetzungsidee.“ Schwierig werde es, wenn ein Sänger am Aufführungsabend positiv getestet werde. Ein kurzfristiger Ausfall eines Künstlers wegen Krankheit oder aus anderen Gründen komme aber an jedem Theater mal vor. Eine Quarantäne für das Ensemble werde nicht verhängt, versichert er. Lufttauschgerät für die Studiobühne der Festspiele: Jeden Besucher vor Veranstaltungsbeginn zu testen, sei nicht möglich, sagt der Geschäftsführer: „Wir sind eine privatwirtschaftliche Gesellschaft und können nicht für 100 000 Euro am Abend testen.“ Die Chormitglieder wiederum, die sich ab Ostern auf ihre Auftritte vorbereiten werden, sollten in der Probenzeit durchgetestet werden. „Auf der Studiobühne wird auch ein Lufttauscher eingebaut“, sagt Herzog. „Wir werden alle hochflexibel sein und alles für eine möglichst hohe Sicherheit tun. Aber 100-prozentige Sicherheit kann es nicht geben“, sagt Falk Herzog. Die Festspiele könnten auch nicht garantieren, dass sie die Spielzeit komplett abhalten könnten. „La Bohème“ mit Abstrichen: Die Corona-Pandemie schafft auch für Igor Folwill, der die Inszenierung der Puccini-Oper„La Bohème“ übernehmen wird, und den Musikalischen Leiter Hilary Griffiths gänzlich andere Arbeitsbedingungen. Beide schwärmen von dem Werk. „,La Bohème’ ist ein wunderbares Stück, für mich ein Kunstwerk der Oper“, sagt Folwill. Griffiths nennt es „die vielleicht perfekteste Oper überhaupt“ und bedauert, „dass wir hier Abstriche machen müssen“. Aber natürlich seien die Festspiele bei den Finanzen sehr eingeschränkt, wenn sie nur ein Drittel der Zuschauer begrüßen könnten. Am 3. Mai soll der Vorverkauf für die Spielzeit 2021 beginnen. Insgesamt sind 25 Vorstellungen der Oper „La Bohème“ von Giacomo Puccini und des Musicals „Cabaret“ geplant. Premiere für „La Bohème“ soll am 30. Juli, für „Cabaret“ am 18. Juni sein. Karten können telefonisch unter 045 21/800 10, übers Internet ( www.eutiner-festspiele.de ) oder persönlich an der Konzertkasse in der Opernscheune, Alter Bauhof 11, montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr erworben werden. Orchester kann zwischen 26 und 60 Musiker haben: Er habe daher die Partitur angepasst, auf ein kleineres Orchester mit 26 Musikern ausgerichtet. „Es ist für alle Fälle, weil wir nicht wissen, wie viele Musiker wir haben dürfen. Wir werden aber nichts Künstlerisches verlieren“, verspricht er. Vom Minimum mit 26 Menschen im Orchestergraben bis zu 60 sei alles möglich – „wir werden sehen, wie weit wir kommen können“, sagt Griffiths. Ob es bei der Opern-Aufführung eine Pause geben wird oder nicht, ist ebenfalls eine offene Frage. „Es sind 95 Minuten Musik, das ist ohne Pause zumutbar“, findet der Dirigent. Oper wird keine Corona-Fassung sein: „Wir haben verschiedene Szenarien im Kopf, sollte sich die Lage positiv oder negativ verändern“, sagt Igor Folwill. Er hat sich schon für einem Kunstgriff entschieden: Ein Clochard wird in deutscher Sprache – gesungen wird auf Italienisch – als Erzähler die Rahmenhandlung vermitteln. Der Regisseur betont: „Die ,La Bohème’ soll keineswegs eine Corona-Fassung sein.“ Das Werk werde originalgetreu in reduzierter Form aufgeführt. „Die Entscheidung für eine spielbare Oper ist schon im Sommer 2020 gefallen. Wir wollten auf jeden Fall verhindern, zweimal hintereinander eine Spielzeit abzusagen“, sagt Falk Herzog, der darin von seiner neuen Mit-Geschäftsführerin Anna-Luise Hoffmann bestärkt wird. Von Ulrike Benthien