Eutin: Rettberg-Kaserne erhält Namen von Oberst Werner Herrmann

Gut eineinhalb Jahre ist es her, dass die Eutiner Rettberg-Kaserne in die Schlagzeilen geriet. Vertreter der „Initiative gegen falsche Glorie“ nehmen bundesweit die Namensgeber von Kasernen unter die Lupe, um festzustellen, ob ihre Namensgeber belastet sind. Karl von Rettberg (1865 – 1944) sei ein Kriegsverbrecher, fand die Initiative heraus, und wandte sich an den Eutiner Standortältesten, den Kommandeur Oberstleutnant Tobias Aust. Fortan wurde die Namensfrage diskutiert, nun das Ergebnis: Die Kaserne soll Oberst-Herrmann-Kaserne heißen. Ein Vorschlag der Soldaten: Ein Vorschlag, der nach Angaben von Aust aus den Reihen des Aufklärungsbataillons 6 „Holstein“ kommt. „Oberst Herrmann ist eine omnipräsente Figur“, sagt Aust. Einer, mit dem sich die Soldaten identifizieren könnten und der zudem eine Brücke in die Eutiner und ostholsteinische Zivilgesellschaft geschlagen habe. Seinen Ruhestand verbrachte Herrmann in Eutin. Vor allem aber war er derjenige, der das damalige Panzeraufklärungsbataillon 6 als erster Kommandeur nach dessen Gründung im Jahr 1958 nachhaltig prägte. Oberst Werner Herrmann (1917-2002) hat sich gleich mehrfach in der Eutiner Kaserne einen Namen gemacht und ist deshalb bis heute in guter Erinnerung geblieben. Mit einem einzigen Bonmot hat er das Selbstverständnis der Aufklärer formuliert: „Wir sind nicht besser als die anderen, wir sind nur anders.“ Ein Spruch, den die Eutiner Soldaten bis heute zitieren und der sogar auf Bataillons-Souvenirs wie Schlüsselanhängern steht. Der Mann mit dem Grünkohl: Herrmann war es auch, der sich dafür einsetzte, dass Eutin nach der Gründung der Bundeswehr wieder Garnisonsstadt wurde. Dabei habe er laut Aust „eine starke Rolle“ gespielt, sei auf alle Fraktionen zugegangen, habe immer wieder für Eutin geworben. Und so rückten unter seiner Führung im April 1961 wieder Soldaten, aus Neumünster und Boostedt kommend, in die Rettberg-Kaserne ein. Die hatte ihren Namen im Dezember 1938 erhalten. Was Herrmann noch so beliebt macht, ist die Tatsache, dass er zu den Gründern der Kameradschaft Panzeraufklärungsbataillon 6 und seiner Traditionsverbände gehört. Und dass er das alljährliche Grünkohlessen ins Leben gerufen hat, ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem jedes Mal an die 90 Kilo Grünkohl über die Back gehen. Werner Herrmann wurde 1917 in Dornstadt bei Halle an der Saale geboren. Seine militärische Laufbahn begann der gelernte Landwirt 1936 beim Kavallerie-Regiment 13 in Lüneburg. Im Krieg verlor er 1942 ein Bein. Im Mai 1956 trat er in die Bundeswehr ein. Von 1958 bis 1962 war Major Herrmann der erste Kommandeur des damaligen Panzeraufklärungsbataillons 6 und heutigen Aufklärungsbataillons 6 „Holstein“. Danach war er bundesweit an verschiedenen Standorten eingesetzt, blieb aber in Eutin wohnen. Seit 1978 im Ruhestand, starb Herrmann 2002 im Alter von 84 Jahren. Nimmt man all das zusammen, sei die Namenswahl eine gute, findet Aust. Vor allem sei es eine, zu der die Eutiner Soldaten im Gegensatz zu von Rettberg eine Beziehung haben. „Es geht nicht darum, eine Heldenfigur zu schaffen, das ist nicht unsere Vorstellung von Tradition“, sagt der Kommandeur. Zudem sei bisher keine Truppengattung so lange in Eutin stationiert gewesen wie die Aufklärer. Etwas, das sich auch im Namen widerspiegeln solle. Der belastete Rettberg: Im Gegensatz zum künftigen Namensgeber Oberst Herrmann haben die Soldaten zum bisherigen Namensgeber Rettberg keine Verbindung. Mehr noch: Er soll im August 1914 im belgischen Leuven Kriegsverbrechen begangen haben. Ein Vorwurf, den ein internes Gutachten des Zentrums für Militärgeschichte in Potsdam belegt. Im Gegensatz dazu hat sich Herrmann, obwohl Weltkriegsteilnehmer, erwiesenermaßen nichts zu Schulden kommen lassen. Das Bataillon hat sich entschieden, und auch die Nachkommen von Oberst Herrmann sind informiert. „Die haben sich sehr gefreut“, berichtet Aust. Er wartet jetzt darauf, dass die Eutiner Stadtvertretung den Namensvorschlag zur Kenntnis nimmt, dann reicht er ihn beim Bundesverteidigungsministerium ein. Wenn Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ihn genehmigt, steht der Umbenennung nichts mehr im Weg. „Wir hoffen, dass sie 2021 erfolgt, am besten im ersten Halbjahr“, sagt der Kommandeur. Dazu werde es eine kleine Feierstunde geben. Die Stadt muss Vorschlag zur Kenntnis nehmen: Entscheiden darf die Stadt Eutin über den Namensvorschlag nicht, sie muss ihn nur förmlich zur Kenntnis nehmen. Bürgermeister Carsten Behnk (parteilos) berichtete bereits dem Hauptausschuss, dass ihm vom Kommandeur in der Rettberg-Kaserne, Tobias Aust, der Wunsch zugetragen worden sei, diese in Oberst-Herrmann-Kaserne umzubenennen. „Es hat umfangreiche Recherchen der Bundeswehr gegeben, ob er würdig ist“, berichtet Behnk. Die Bundeswehr wolle bei der neuen Namensgebung alle Gremien in Eutin mitnehmen, habe ihm der Kommandeur mitgeteilt. „Die Namensgebung ist ja auch nicht ganz unwichtig für die Stadt“, sagte der Bürgermeister. Von Susanne Peyronnet