Eutin: Soldaten üben im Wald: Aufklärer trotzen Matsch und Kälte

Die Bundesstraße 432 ist durch Minen unpassierbar geworden. Auf einem Waldweg im Dodauer Forst ist ein Spähtrupp unterwegs, das Gewehr schussbereit in den Händen. Bei Barkau in der Gemeinde Süsel steht eine Panzerattrappe. Alles ist nur ein angenommenes Übungsszenario für 270 Soldaten des Aufklärungsbataillons 6 „Holstein“ aus Eutin. Für die Übung „Holstein Ritt“ leben und arbeiten die Aufklärer vier Tage lang im Gelände. Das ist so hart, wie es klingt. „Das ist bei dem Wetter nicht schön, aber es gehört dazu“, sagt Presseoffizier Hauptmann Matthias Simon. Unter anderem 35 Anfänger, darunter freiwillige Wehrdienstler und Offiziersanwärter, sind dabei und erleben im Dodauer Forst, wie anstrengend das Soldatenleben im Februar im Gelände sein kann. Es ist nass, es ist kalt, es ist matschig. Nach drei Tagen sehen Mensch und Material etwas abgerissen aus, obwohl täglich geputzt wird. Täglicher Kampf gegen den Schlamm: Dabei gilt die goldene Regel: erst das Gewehr, dann die Ausrüstung, dann der Soldat. Und so sitzt der Wehrdienstleistende Gefreiter Silas Heuer mit seinen Kameraden in einer sogenannten Schnecke, einem Rundversteck, nimmt sein G 36 auseinander, putzt es und setzt es wieder zusammen. Heuer hockt wie alle anderen auf dem Boden. Tisch und Stühle Fehlanzeige. Dafür ist überall Matsch und Dreck. Zugführer Hauptfeldwebel Gunnar Jack hat auf alles ein kritisches Auge und erklärt, was der Laie nicht erkennen kann. Zum Beispiel, dass der Wald besenrein gemacht wurde. Nicht überall, aber überall dort, wo die Soldaten lang laufen. Schließlich wollen sie nicht, dass der Feind auf sie aufmerksam wird, weil unter ihren Schuhen Äste knacken. Vor allem nachts. Warum der Soldat überhaupt bei Dunkelheit im Wald unterwegs ist, anstatt auf seiner Isomatte unter einem Stück Zeltbahn zu schlafen, erklärt sich aus der Übung und der damit verbundenen Aufgabe. Herausfinden, was der Feind vorhat: Die Aufklärer sollen herausfinden, was der Feind will. Bei „Holstein Ritt“ kämpften die Aufklärer gegen sich selber, spähen die Gelben die Blauen aus und umgekehrt, erkennbar an blauen und gelben Bändern am Oberarm. Auf einer Fläche von 40 Kilometern in Nord-Süd-Richtung zwischen Hohensasel und Stockelsdorf und auf etwa 15 Kilometern etwa in Ost-West-Richtung zwischen Süsel und Bösdorf gilt es, sich hinter die feindlichen Linien zu schleichen und herauszufinden, was die Gegner vor haben. „Die B 432 ist die Mittellinie im Niemandsland, zwei bis drei Kilometer nördlich und südlich davon verlaufen die Sicherungslinien“, sagt Presseoffizier Simon. Auch interessant: Eutiner Aufklärer üben mit Drohnen. Durchschlagen für Fortgeschrittene Aufklärer feiern 60. Geburtstag. Wer Tag und Nacht aufpassen muss, dass niemand unbemerkt an ihm vorbeikommt, der muss eben auch nachts aus dem Schlafsack kriechen und seinen Platz in einer Alarmstellung einnehmen. Klingt besser, als es ist. Diese Stellungen sind nichts anderes als ein Versteck unter aufeinandergeschichteten Ästen, unter denen der Soldat auf dem nackten Boden liegt und ins Land lugt. Wohl dem, der seinen Regenponcho dabei hat. Und so üben sie Tag und Nacht in einem Gelände, dass sie nicht kennen. Genau das sei der Reiz bei der Sache. „Auf keinem Truppenübungsplatz haben wir ein so großes, unbekanntes Gelände mit vielen unvorhergesehenen Dinge.“ Wer in der Öffentlichkeit übt, kommt auch mit ihr in Kontakt. Da ist der Holzlaster, der im Dodauer Forst Stämme auflädt und dessen Fahrer die Soldaten in ihrem Unterschlupf dank ihrer guten Tarnung gar nicht entdeckt. Oder das zivile Auto, das auf einem Waldweg stecken geblieben ist. Kriegsgefangene werden verhört: Dass die B 432 angeblich durch Minen unpassierbar ist, merken die Autofahrer gar nicht. Diese Gefahr besteht nur auf dem Papier der Soldaten. Dass es Lücken im Minengürtel gibt, müssen sie herausfinden, mittels Vernehmung von Kriegsgefangenen. Die 3. Kompanie hat eine Befragungsstelle auf dem Truppenübungsplatz Wüstenei eingerichtet, in der sie die Gefangenen verhört. Dargestellt werden sie von Rollenspielern aus den Reihen der Truppe. Einen Hinterhalt, in den die Gefangenen zuvor getappt sind, stellen Reservisten. Das Leben im Felde hat am Freitag ein Ende. Anschließend wird die Übung ausgewertet und es geht ins Wochenende. Dann gibt es kein Essen mehr aus dem Epa-Paket, Abkürzung für Einmannpackung. Darin sind Lebensmittel für 24 Stunden: Pulverkaffee, Trockengerichte, die mit heißem Wasser aufgegossen werden, Schokoriegel, aber auch Streichhölzer und Toilettenpapier. Was die Frage nach den Klos im Gelände aufwirft. Da, erklärt Zugführer Jack, kommt der gute alte Klappspaten zum Einsatz. Von Susanne Peyronnet

„Holstein Ritt“ - Achtung Spähtrupp! Darum verstecken sich Eutiner Soldaten im Wald