Eutin und Malente ohne Gas: So ergeht es den Betroffenen

Nicht etwa aus den Nachrichten, nein, aus ihrer zu Anfang der Coronazeit angelegten Nachbarschafts-Whatsappgruppe erfuhr Annika Oesinghaus von der so genannten Gas-„Großlage“ am Sonnabend, 20. Februar, in ihrer Heimatstadt Eutin. „Das war um 8 Uhr 15“, erinnert sich die 45-Jährige, die in der Straße Am Ehmbruch wohnt. „Ich habe dann natürlich sofort den Gashahn zugedreht.“ Allerdings habe die Heizung dann sehr eigenartig gerauscht, „und ich wusste nicht, ob ich da auch etwas unternehmen muss. Also habe ich sie auch ausgeschaltet.“ Für etwas Verwirrung sorgte das Gasleck bei der vierköpfigen Familie also durchaus, von Ärger jedoch keine Spur. „Wir sind entspannt. Ein Tag ohne Heizung und Warmwasser, das kann man schon mal hinkriegen“, sagt die Polizeibeamtin. Zumal das Warmwasser sogar noch für ein Familienmitglied zum Duschen gereicht hätte, bei ihnen mit Strom gekocht werde und der Holzofen für Gemütlichkeit sorgt. „Sonst hätten wir hier drinnen vermutlich inzwischen nur noch 18 Grad“. Eigentlich hätten sie und ihr Mann jetzt zu den Großeltern an die Westküste fahren wollen, doch der Ausflug ist nun abgesagt. „Ich lasse meine Kinder lieber nicht alleine hier. Wenn die Versorgung wieder hochgefahren wird – damit möchte ich sie nicht überfordern.“ Die Nachricht vom Gasleck verbreitete sich per Whatsapp: Im Eutiner Neubaugebiet Sonnenkoppel ist der Name gerade Programm: In vielen Vorgärten spielen Kinder, Gärten und Terrassen werden frühlingsfit gemacht. „Heute kann man ja sogar die Türen offenstehen lassen – nur gut, dass das nicht am letzten Wochenende passiert ist“, bewertet Marcin Pyza die Lage pragmatisch. Als am Morgen das Licht an der Gastherme nicht leuchtete, wusste er, dass etwas nicht stimmt. „Die Fliesen waren kalt.“ Im Radio habe er dann den Grund erfahren. „Wir haben eine Solartherme auf dem Dach, die sorgt auch für etwas warmes Wasser“, so Pyza. Und man könne, sagt der zweifache Vater, ja durchaus auch mal kalt duschen. Seine Kinder, drei und fünf Jahre alt, seien zufällig auch erst am Vortag in der Wanne gewesen, „die sind sauber“, sagt er lachend. Selbst wenn die Gasversorgung erst in der Nacht wieder liefe und die Heizung bis dahin ausbliebe, bereite ihm das keine Sorgen. „Die neuen Häuser sind gut gedämmt, die kühlen nicht so schnell aus.“ Dass die Techniker, wie berichtet, zu jedem einzelnen Haus kommen und den Gashahn aufdrehen sollen, wundert ihn allerdings: „Wie soll das gehen?“ Das fragt sich auch Nicole Möhring (54) an der Schwentinestraße in Malente. Was genau los war, erfuhr die Lehrerin ebenfalls über Whatsapp: „Von einer Freundin, die eine Katastrophen-Warn-App hat. Dann habe ich natürlich Nachrichten gehört.“ Sie und ihre Familie wollen eigentlich gerade aufbrechen, sind jedoch nun nicht sicher, wann genau das Wiederaufdrehen der Leitungen durch die Techniker vonstatten gehen soll. Der Tagesplan, er ist jedenfalls durcheinander. „Und mein Mann müsste heute auf alle Fälle noch duschen.“ Lesen Sie auch Eutin ohne Gas: Haushalte müssen bis zu 48 Stunden auf Reparatur warten Feuer in Lübeck: Ein Toter bei Brand in der Innenstadt Wegen Corona: Fahrräder in SH werden teurer Malente: Ein Schreck in der Morgenstunde: Einen Schreck in der Morgenstunde erlebten Anne Habbe (70) und ihr Mann Frederick (75) aus Malente, die von einem Anruf ihrer Mieterin aus dem Bett geholt wurden. „Wir hören aus alter Gewohnheit immer Radio Cornwall aus England und haben so nichts mitbekommen“, sagt Anne Habbe. Ihr eigenes Haus betreffe der Gausausfall nicht, wohl aber die vermietete Wohnung. „Die Mieterin war sehr in Aufregung und hatte Sorge, dass etwas passieren könnte“, sagt Frederick Habbe. Man lese ja auch immer wieder von Gasexplosionen, meint seine Frau, sie könne das schon verstehen. Auch sie habe sich direkt von der Unruhe anstecken lassen. „Wenn etwas passiert, dann ja am Leck selbst“, sagt dagegen Frederick Habbe. Und der Hausmeister der Wohnanlage habe sich auch direkt um das Abdrehen des Gashahnes gekümmert. Das Gasleck ist Gesprächsthema Nummer eins: Ernstlich besorgt seien die Leute nicht, aber Gesprächsthemen sind das Gasleck und die kalten Wohnungen allemal, sagt die Mitarbeiterin im Lotto-Kiosk in Malente. Sie selbst findet die Aussicht auf bis zu 48 Stunden ohne Heizung und warmes Wasser ebenfalls nicht bedrohlich: „Das hab ich alles schon mal mitgemacht. Das“, ist sie überzeugt, „könnte ich gut überleben.“ Von Annika Langhagel