Fatale Beziehung mündet in sexueller Nötigung

Die Beziehung zwischen Fabian G. (30) und Maria B. (26, Namen geändert) ist äußerst wechselhaft, und das seit mehr als zehn Jahren. „Sie können nicht miteinander und nicht ohne einander“, fasst Richter Otto Witt das Schicksal der beiden Menschen aus Ostholstein zusammen, die ein gemeinsames Kind haben. Zeitweise leben sie zusammen, zeitweise nicht. Zeitweise sind sie ein Paar, zeitweise nicht. Auseinandersetzungen zwischen ihnen werden mitunter gewalttätig – von beiden Seiten. Er hat massive Alkoholprobleme und wird aggressiv, wenn er getrunken hat. Sie lässt sich mehrfach mit anderen Männern ein. Letzteres ist der Auslöser für die Tat, die an diesem Mittwochvormittag vor dem Eutiner Schöffengericht verhandelt wird. Im Sommer 2017, Fabian G. und Maria B. befinden sich gerade wieder in einer Trennungsphase, berichtet sie ihm am Telefon, dass sie Sex mit seinem Bruder gehabt habe. Fabian G. dreht durch, „hirntot“ habe er sich nach dieser Information gefühlt, sagt er. Das Kind lässt er bei Verwandten zurück und rast auf dem Fahrrad zur Wohnung von Maria B. Dort schlägt Fabian G. seine Ex-Freundin, zerrt sie an den Haaren ins Schlafzimmer und drückt sie dort aufs Bett. Die Frau schreit und ruft um Hilfe, doch Fabian G. lässt nicht von ihr ab, sondern zieht ihre Hose herunter und erniedrigt sie. Es folgt offenbar ein Wechselbad der Gefühle. Kurz nach dem Übergriff haben Fabian G. und Maria B. einvernehmlichen Sex, später zeigt sie ihn dennoch an, was die Ermittlungen überhaupt erst ins Rollen bringt. Noch später erklärt sie in einem Schreiben ans Gericht, sie wolle nicht mehr, dass ihr Ex-Partner strafrechtlich verfolgt wird. Sexuelle Nötigung gehört jedoch zu den sogenannten Offizialdelikten, bei denen die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, von Amts wegen zu ermitteln – unabhängig davon, ob die Anzeigenerstatter einen Sinneswandel durchleben.Vor Gericht betont Maria B. trotzdem noch einmal, dass sie keinen Wert auf eine Bestrafung von Fabian G. lege. Sie verstünden sich mittlerweile wieder gut, sagt sie. „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“, fasst das die Verteidigerin ironisch zusammen. Fabian G. befindet sich seit einiger Zeit in einer psychiatrischen Einrichtung, die er anscheinend freiwillig aufgesucht hat – nach einem weiteren Ausraster unter Alkoholeinfluss, bei dem er randaliert und eine Schaufensterscheibe eingeschlagen hat. „Ich habe Ihnen schon vor Jahren gesagt: Lassen Sie das Saufen nach, sonst geht es bergab mit Ihnen“, mahnt Richter Otto Witt bei einem Blick ins Vorstrafenregister. In dem sind keine einschlägigen Taten gelistet: Fabian G. wurde bisher wegen Körperverletzung, Trunkenheit im Verkehr und Beleidigung verurteilt. „Wenn Sie straffällig werden, dann meist unter Alkoholeinfluss“, so Witt. Fabian G. räumt allerdings ein, bei der Nötigung von Maria B. stocknüchtern gewesen zu sein – er habe die Kontrolle verloren. „Er will jetzt wirklich einen Schlussstrich ziehen“, sagt seine Anwältin. „Für ihn ist es die letzte Ausfahrt vor der Grenze.“ Der Staatsanwalt hält dem Angeklagten sein Geständnis, seine Schuldeinsicht und seine Entschuldigung beim Opfer zugute. Schließlich wird Fabian G. zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt – wegen sexueller Nötigung in einem minder schweren Fall. „Das ist ein Übergriff, der aufgeklärt und bestraft werden muss“, erklärt Richter Witt. Fabian G. muss zudem eine Geldbuße von 300 Euro an den Frauennotruf zahlen. Hinzu kommt eine Auflage des Gerichtes: Der 30-Jährige darf die Entgiftung und die Therapie nur dann verlassen, wenn sein Bewährungshelfer zustimmt. Von Sabine Latzel

Eutin - Fatale Beziehung mündet in sexueller Nötigung