Giftanschläge auf Greifvögel im Kreis Segeberg: Wer tötet die Rotmilane?

Die Angriffe auf streng geschützte Greifvögel gehen weiter. Neben dem Fällen eines Horstbaumes in Holstendorf ermittelt die Polizei auch wegen der Vergiftung von Rotmilanen in Ruhwinkel und Rendswühren bei Bornhöved. Nachdem in der vergangenen Woche ein toter Rotmilan in Ruhwinkel aufgefunden wurde, rückte die Polizei diese Woche sogar mit einem Baumkletterer und einer Drohne am Tatort an. Denn es war nicht der erste tote Greifvogel. „In den vergangenen Monaten sind bereits fünf tote Rotmilane im Bereich Rendswühren aufgefunden worden. Zwei von ihnen wurden nachweislich vergiftet, bei den anderen ist eine Vergiftung nicht auszuschließen“, sagt Matthias Arends von der Polizeidirektion Kiel. Baumkletterer untersucht Horst: Mit der Drohne machten die Beamten Bilder des verlassenen Horstes. Der Baumkletterer stieg zum Horst hinauf, konnte dort jedoch keine Köder oder toten Vögel mehr finden. Auch im Umfeld entdeckten die Beamten keine Köder mehr. Die Polizei habe jedoch andere „diverse Gegenstände“ gefunden, die jetzt ausgewertet werden. Nach LN-Informationen könnten diese eventuell Hinweise auf mögliche Täter liefern. Ob auch der zuletzt aufgefundene Vogel vergiftet wurde, muss schließlich eine tierärztliche Obduktion ergeben. „Diese Untersuchung zur Todesursache ist noch nicht abgeschlossen. Die finalen Ergebnisse des Labors stehen noch aus“, sagt Arends. Rotmilane gehören wie alle Greifvögel zu den streng geschützten Arten. Jede Art der Nachstellung verstößt gegen Jagd-, Naturschutz- und Tierschutzrecht und kann als Straftat mit empfindlichen Geldstrafen von bis zu 50 000 Euro oder Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Elf tote Rotmilane in drei Jahren: In den vergangenen drei Jahren sind dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) in der Region östlich und südöstlich von Neumünster insgesamt sogar elf tote Rotmilane gemeldet worden. Die Untersuchungen zur Todesursache ergaben, dass neun Rotmilane nachweislich an einem seit vielen Jahren nicht mehr zugelassenen Insektizid verendet sind. Nur selten überleben die Vögel bei entsprechender Behandlung so eine Vergiftung. Bei einem weiteren Rotmilan-Totfund dieses Jahr in der Gemeinde Rickling deuteten die Fundumstände ebenfalls stark auf eine Vergiftung hin, die Todesursache konnte aber nicht mehr eindeutig geklärt werden. „Bei dem Gift handelt es sich um das hochtoxische Insektenbekämpfungsmittel E 605. Das war früher sehr verbreitet, so dass dort einige Bürger sicher noch Altbestände haben“, erklärt Martin Schmidt vom LLUR. Bisher verliefen jedoch offenbar alle Ermittlungen ins Leere. „So weit wir wissen, ist noch kein Täter geschnappt worden“, so Schmidt. Belohnung ausgesetzt: Allerdings wächst der Druck auf den Täter im Fall des illegal abgeholzten Horstbaumes eines Rotmilans in Holstendorf. Der Naturschutzbund (Nabu) Eutin hat wie die Landesforsten Schleswig-Holstein Strafanzeige erstattet – und eine nicht unerhebliche Belohnung ausgesetzt. „Für Hinweise, die zur Überführung des oder der Täter führen, setzen wir eine Belohnung von 2000 Euro aus“, so der Eutiner Nabu-Vorsitzende Oscar Klose. Er sei „entsetzt darüber, was hier abgeht.“ Klose: „Illegale Greifvogelverfolgungen nehmen leider weiterhin zu. Auch wenn nichts bewiesen ist, drängt sich für uns hier ein Zusammenhang mit der Windkraftplanung des Landes auf.“ Der erst im Nachhinein bekannt gewordene Rotmilan-Brutplatz hätte nach Auffassung des Nabu zweifellos das Aus für diese Planung bedeutet. Windkraftplanung als mögliches Motiv: Windkraftplanung wird neben dem „Hass auf Greifvögel“ immer wieder als mögliches Motiv für die Tötung der Tiere diskutiert. Tatsächlich befinden sich auch im Umfeld der vergifteten Rotmilane bei Rendswühren Windkrafteignungsflächen. Doch sollte das Motiv für das Auslegen der Giftköder oder das Fällen des Horstbaumes tatsächlich die Errichtung von Windkraftanlagen sein, so haben sich die Täter selbst einen Bärendienst erwiesen. „Ein überlegter Befürworter würde so etwas nie machen, weil er dem Vorhaben mehr schadet als nützt“, erklärt Schmidt vom LLUR. Wenn ein Horstbaum gefällt werde, gehe man für die Planung noch drei Jahre davon aus, dass der Horst weiterbestehen würde. „In der Realität hätte der Rotmilan den Horst vielleicht schon nach einem Jahr verlassen“, so Schmidt. Bei vergifteten Greifvögeln sei es ähnlich. Dann werde das Gutachten komplett neu gemacht, und das über mehrere Brutzeiten. „Das kann Jahre dauern“, sagt Schmidt. Von daher würden die Taten sogar eher militanten Windkraftgegnern in die Karten spielen. Von Sven Wehde