Gleschendorf: Kirche und Schützer der Adler diskutieren über Wald-Sperrung

Ruhe für die Seeadler oder Platz für Spaziergänger: Darum geht es in einem Konflikt zwischen der Projektgruppe Seeadlerschutz und der Kirchengemeinde Gleschendorf (Gemeinde Scharbeutz), der das Pastoratsgehölz gehört. Die einen wollen weitere Absperrungen, um die gefährdeten Greifvögel zu schützen, die anderen möchten das Gebiet für Erholungssuchende nicht noch mehr beschränken. Entscheiden muss die Forstbehörde. Alter Horst im Pastoratsgehölz stürzte im Herbst 2020 ab: Kein glückliches Händchen beziehungsweise Krällchen hat das Gleschendorfer Seeadler-Paar bei der Wahl seines aktuellen Horst-Standorts bewiesen. Das vorherige Zuhause der Greifvögel im Gleschendorfer Pastoratsgehölz stürzte im Herbst vergangenen Jahres ab – laut Volker Latendorf von der Projektgruppe Seeadlerschutz kein seltener Vorgang. „Normalerweise stocken Seeadler ihren Horst zwar von Jahr zu Jahr auf, aber wenn sich dadurch die Statik verändert, können Äste brechen.“ Immerhin kann ein Horst mehrere Hundert Kilo wiegen. Stürme oder umknickende Bäume können ebenfalls dazu führen, dass die gewaltigen Nest-Bauten zu Boden krachen. Die Gleschendorfer Seeadler, die seit 2014 im Pastoratsgehölz heimisch sind, haben jedenfalls neu gebaut, allerdings etwas weiter südlich und damit näher an einem Spazierweg als zuvor. Das könnte die Vögel beim Brüten stören, denn wenn vorbeilaufende Menschen die Fluchtdistanz unterschreiten, fliegen die Vögel auf und lassen im Zweifelsfall ihre Eier so lange ungewärmt zurück, bis diese erkalten und die Brut abstirbt. „Wir haben deshalb beantragt, dass der Weg gesperrt wird“, erklärt Latendorf, und zwar bei der unteren Forstbehörde des Landesamtes für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR). „Zwei Drittel des Waldes sind nicht mehr nutzbar“: Dagegen wiederum hat der Vorstand der Kirchengemeinde Gleschendorf, die Eigentümerin des Waldgebietes ist, Widerspruch eingelegt. „Wir sind ausdrücklich für den Schutz der Seeadler“, betont der Vorsitzende Uwe Reichelt. Doch müssten auch die Interessen von Spaziergängern und Schulkindern berücksichtigt werden. Durch die neuerliche Wegsperrung, die die Adler-Schützer veranlasst hätten, seien zwei Drittel des insgesamt 16 Hektar großen Pastoratsgehölzes nicht mehr erreichbar. „Das betrifft auch Aufforstungsprojekte von Schulen“, sagt Reichelt. Bei zwei Gesprächsterminen mit den Adler-Schützern vor Ort habe der Kirchenvorstand einen Kompromiss finden wollen, „doch das war nicht möglich“. „Wir finden es grundsätzlich gut, wenn die Mitglieder der Projektgruppe die Menschen über den Adlerschutz informieren und auch ein Auge auf die Vögel haben“, sagt Reichelt. „Aber es gilt auch, verschiedene Interessen gegeneinander abzuwägen.“ Gerade während der Pandemie suchten viele Menschen Erholung bei einem Spaziergang im Wald. „Deshalb wollen wir die Zuwegung zu einigen Gebieten ermöglichen, beispielsweise über einen Trampelpfad am Waldrand.“ Lesen Sie auch Scharbeutz/Gleschendorf - Jugendliche greifen brütende Seeadler mit Stöcken an Seeadler in Schleswig-Holstein brüten wieder Naturpark Holsteinische Schweiz kürt Seeadler zum Tier des Jahres 2021 Nach Angaben von Volker Latendorf hat das Gleschendorfer Seeadler-Pärchen bislang jedes Jahr gebrütet und in der Regel ein bis drei Junge aufgezogen – wenn es nicht gestört wurde. Aus der Forstbehörde heißt es, dass für Brut und Aufzucht zeitlich befristete Sperrungen von Januar bis Juli üblich seien. Eine Entscheidung über die zusätzliche Sperrung im Gleschendorfer Pastoratsgehölz soll spätestens in der dritten Märzwoche fallen. Von Sabine Latzel