Grenzshops auf Fehmarn: Dänen kaufen für Weihnachten ein

Klappe zu – geschafft! Susanne Olsen (55) aus Sakskøbing und Kasper Poulsen (41) aus Maribo sind froh, den vorweihnachtlichen Großeinkauf im großen Fleggaard-Grenzshop auf Fehmarn für vier Familien im Kleinbus wieder einmal stressfrei verstaut zu haben. Allerdings sind die Einkaufsgäste von der Insel Lolland auch keine Neulinge in diesem Metier. Die 55-Jährige erklärt als erfahrene „Grenzshopperin“: „Wir machen die Tour zwei-, dreimal pro Jahr, sparen dabei eine Menge Geld und hoffen wegen der aktuellen Reisebeschränkungen, dass das jetzt nicht das letzte Mal war.“ Dass das Gros ihres Supermarkt-Einkaufs palettenweise aus Cola-, Limo- und Bierdosen besteht, liegt zum einen daran, dass diese im Vergleich zum Preisniveau in Dänemark in Burg nur halb so teuer sind, zumal auch die Mehrwertsteuer in Deutschland aktuell mit 16 Prozent um neun Prozentpunkte niedriger ist. Zum anderen genießt die dänische Kundschaft in den schleswig-holsteinischen Grenzshops immer noch das Privileg, nach Ausfüllen einer Exportbescheinigung kein Dosenpfand bezahlen zu müssen. Einkäufe im Kleinbus reichen bis zur Adventszeit: Da auch Wein, Spirituosen und dänische Süßigkeiten in den Fleggaard-Märkten oder den zum gleichen Konzern zählenden Calle-Filialen in Burg und Heiligenhafen rund 30 bis 40 Prozent weniger kosten als auf Lolland, haben sich die Kleinbus-Fahrer so reichlich mit allem eingedeckt, dass es bis zur Adventszeit reichen dürfte. Olsen und ihre Schwester Annette Petersen (65) betonen: „Die Corona-Lage wird ja jetzt von Woche zu Woche schlimmer, aber wir wollen natürlich wenigstens Weihnachten im kleinen Kreis zusammen feiern können. Die Adventskalender haben wir ja schon.“ Mitunter sogar zweimal im Monat machen Kia Larsen (62) und ihre Tochter Milena (20) aus Næstved eine Shoppingtour nach Fehmarn. Dass sie die 300 Kronen teure Fährfahrt von Rødby nach Puttgarden und retour rasch „raus haben“, kommt daher, dass sie sich neben Alkoholika und Schokolade auch mit Tabak und Zigarettenhülsen eindecken und allein dabei „fast 60 Prozent sparen“. Genauso wie Jan (67) und Kate Larsen (64), die – nicht verwandt oder verschwägert – ebenfalls in Næstved leben und sich darüber freuen, „dass wir heute zwar 4000 Kronen (umgerechnet knapp 540 Euro) ausgegeben haben, aber dafür bis Weihnachten gut versorgt sind.“ „Einkauf auf Fehmarn ist wie ein kleiner Urlaub“: Der pensionierte Postbeamte merkt an: „Wir haben uns vor allem mit Wein bevorratet. Bier gibt’s bei uns nur im Sommer.“ Und der 67-Jährige betont: „Dieser Einkauf auf Fehmarn ist für uns alle acht Wochen wie ein kleiner Urlaub – mit Schiffsreise und Essen oder Kaffeetrinken gehen in Burg. Wir hoffen, dass das weiter möglich bleibt.“ Das sagt auch Bjarne Hanning (57) aus Køge, der sich ein- bis zweimal pro Jahr mit seiner Frau in Burg neben Brause, Soda, Bier, Wein & Co. auch mit Wasch- und Reinigungsmitteln sowie Duschgel in XXL-Flaschen eindeckt. Dass Henrik Larsen (60) und Christina Flescher (55) mit Sohn William (13) aus Gedser bei Fleggaard diesmal „nur 2000 Kronen ausgegeben“ haben und ihr Pkw-Anhänger noch leer ist, hat einen simplen Grund. Die 55-Jährige verrät: „Wir haben erstmal nur vor allem Wein, Schnaps und Süßigkeiten eingekauft. Die Bierdosen-Paletten besorgen wir uns noch im Bordershop in Puttgarden. Wichtig ist, dass wir zu Weihnachten schon ’mal den guten Aquavit für Oma und Slivovitz für Opa bekommen haben.“ „Allgemeine Verunsicherung nach gutem Sommer spürbar“: Dass auch der Bordershop am Fährhafen im Zuge der wechselweise zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark gültigen Einreise-Ausnahmeregelung (noch) von skandinavischen Kunden angesteuert werden kann, ist auch für Anette Ustrup Svendsen erfreulich. Die Scandlines-Sprecherin sagt: „Natürlich ist es aus beider Sicht und für unser Alltagsgeschäft auf den Fähren gut, dass dieser private Pendelverkehr noch möglich ist. Denn nach den Grenzschließungen im Frühjahr und dem guten Sommer ist die allgemeine Verunsicherung nach den jüngsten Verschärfungen auch bei uns deutlich spürbar.“ Seit dem 24. Oktober sind Dänemarks Grenzen für deutsche Urlauber generell geschlossen, nachdem Deutschland von dänischer Seite aus zum Corona-Risikogebiet erklärt worden war. Ausgenommen davon sind Berufspendler, Studenten, Besitzer von Ferienhäusern und Einreisende mit einem „triftigen Grund“ – etwa ein Vorstellungsgespräch, ein Familienbesuch oder eine Beerdigung. Ausgenommen davon sind (vorerst) als direkte Dänemark-Anrainer alle Bürger Schleswig-Holsteins. Parallel dazu dürfen auch dänische Bürger weiter nach Schleswig-Holstein einreisen, ohne nach der Rückkehr eine 14-tägige Quarantäne absolvieren zu müssen. Einreiseverbot besteht hierzulande allerdings auch weiterhin für Dänen aus der Region Hovestaden und der Hauptstadt Kopenhagen, die bereits seit dem 23. September als Risikogebiet gilt. „Deutliche Umsatzrückgänge“ auch wegen der sich zusehends wieder zuspitzenden Lage registriert trotz aller guten Hoffnungen auch Ralf Stapelfeldt. Der Fleggaard- und Calle-Personalchef befürchtet mit Blick auf die sich von Woche zu Woche „verschlechternden Corona-Zahlen“: „Auch wenn keine kompletten Grenzschließungen drohen, wird die nächste negative Reisewarnung nicht lange auf sich warten lassen.“ Trotzdem hebt er hervor: „Wir werden den im Mai abgebrannten Calle-Markt in Burg nächstes Jahr durch einen hypermodernen Neubau ersetzen – auch als Zeichen dafür, dass wir an die Zukunft glauben.“ Bedrohliche Lage für 60 Shops mit 3000 Vollzeitkräften: Als Vorsitzender der Interessengemeinschaft der Grenzhändler (IGG) mit Sitz in Harrislee betont Erik Holm Jensen (72): „Ich habe zwar nur einen Helikopter-Ausblick auf die bedrohliche Lage, aber eine erneute Grenzschließung hätte für uns nicht absehbare Folgen.“ Schließlich gehe es allein in den 60 Shops der 15 IGG-Mitgliedsbetriebe mit einem jährlichen Gesamtumsatz von gut 800 Millionen Euro um über 3000 Vollzeit-Arbeitsplätze. 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