Handmade in Kabelhorst: Alltagsmasken gegen Corona am Straßenrand

Vielerorts werden an Ostholsteins Straßenrändern Kartoffeln, Kürbisse, Eier, Äpfel, Honig und andere traditionelle Produkte aus ländlicher oder dörflicher Produktion feilgeboten. Doch in Kabelhorst geht man mit der durch die Corona-Pandemie bestimmte Zeit. Entlang der Bäderstraße werben binnen 70 Metern gleich zwei äußerst produktive „Masken-Manufakturen“ um die vorbeifahrende Kundschaft. Eine von ihnen betreibt Angelika Mondry (67) in Richtung Lensahn. Die Rentnerin ist gerade dabei, die ersten Teile ihrer frischgenähten, am Gummizug verstellbaren Alltagsmasken-Weihnachtskollektion an den Ständer vor ihrer Grundstücksmauer zu hängen und berichtet: „Auch die wird natürlich in drei Größen zweilagig angefertigt, hat innen weißen Baumwollstoff und ist bei 60 Grad waschbar.“ Während S- und M-Masken drei Euro kosten, müssen L-Kunden „mit größeren Gesichtern“ noch 50 Cent draufpacken. „Mein Sohn musste im Frühjahr mit blutigen Ohren rumlaufen“: Die Hobby-Näherin erzählt: „Die Idee mit dem Selbermachen kam mir, als mein 18-jähriger Pflegesohn im Frühjahr als Maler- und Lackierer-Azubi mit blutigen Ohren rumlaufen musste, da es seinerzeit keine Stoffmasken in seiner Größe gab und die Gummis viel zu stramm saßen. Schnittmuster gab’s im Internet, und da Gummibänder anfangs Mangelware waren, habe ich die bestellten Stoffe zunächst mit Schlaufen zum Zubinden verarbeitet – das erste Modell für meinen Sohn zierte ein Totenkopf.“ Mittlerweile gibt’s – als Alternative zur Weihnachtskollektion und anderen kunterbunten Modellen besonders für den Nachwuchs – auch Masken mit Motiven von Super Mario, Star Wars, Batman, Pokemon oder Olaf, dem Schneemann. Doch bei aller offensichtlichen Geschäftstüchtigkeit stellt die 67-Jährige klar: „Ich mache das bei den Selbstkostenpreisen nicht zum Geldverdienen, sondern als Hobby – und zur Ablenkung. Einerseits bin ich überhaupt kein Fernsehgucker und will mich nicht nur mit Hausputz und Gartenpflege beschäftigen. Andererseits habe ich einen pflegebedürftigen Mann und komme durchs Maskennähen auch auf andere Gedanken.“ Was sie dabei allerdings ärgert: „Manchmal werden zehn Stück am Tag gekauft, aber manchmal werden auch zehn Stück auf einen Schlag geklaut.“ „Manchmal wird sogar Wechselgeld aus der Kasse genommen“: Ähnlich sieht die Gemütslage bei ihrer Mitbewerberin schräg gegenüber in Richtung Rüting, Cismar, Kellenhusen, Dahme und Grömitz aus. Marlies Gericke (62) war mit ihrer Produktion von Corona-Stoffschutz im OP-Masken-Stil in Kabelhorst eigentlich als erste am Start und findet: „Konkurrenz belebt das Geschäft“. Aber auch sie beklagt: „Es werden nicht nur öfter Masken gestohlen, sondern manchmal wird sogar das Wechselgeld aus der Kasse genommen.“ Die 62-Jährige näht die bunten Masken – anfangs nur in Einheitsgröße, seit den Sommerferien auch für Schulkinder passend – in Teamwork mit ihrer Schwiegertochter Jenifer (33) und sagt: „Beim Preis von drei Euro bleibt ja wirklich kaum etwas über. Aber der kleine Erlös kommt den Enkeln zugute.“ Die Schwiegertochter blickt zurück: „Im Frühjahr sind wir nur mit einer Wäscheleine angefangen und haben neben eigenen Stoffresten auch ausrangierte Kleidungsstücke von Bekannten und Verwandten umgearbeitet. Jetzt haben wir zusätzlich zwei Aufsteller mit unserer Ware bestückt, die von unserem Mini-Matrosen bewacht werden.“ Ihre Schwiegermutter räumt ein: „Es geht mir bei alldem tatsächlich nicht um den Umsatz, sondern nach dem Tod meines Mannes im Februar auch um die willkommene Zerstreuung, um etwas Ablenkung vom Alltag. Und mit dem Nähen der Masken leisten wir in der Corona-Krise auch einen Beitrag dazu, anderen Menschen zu helfen.“ Dabei profitiert das Duo dank der benachbarten Parkbucht auch von Standortvorteilen gegenüber der innerörtlichen Konkurrenz, auch wenn beide Mitbewerberinnen einmütig konstatieren müssen: „Seitdem die Touristen ausgesperrt sind, läuft es hier merklich ruhiger.“ Lesen Sie auch: Kurios bis kompliziert: Wo gilt die Maskenpflicht in Ostholstein? Ostholsteiner Firma produziert 100 000 Corona-Masken pro Woche Corona-Schutz: Hier können Sie in Ostholstein Masken kaufen Von Andreas Oelker