Noch wird ihr „Knust“-Bier im fernen Österreich produziert. Die beiden Fehmaraner Kerstin Serck-Scheel (39) und Jonathan Grünitz (35) testen dort als „Kuckucksbrauer“ genau die Technik, die Mitte 2019 in ihrer eigenen Craftbier-Braumanufaktur unter dem Motto „Reif von der Insel“ in Betrieb gehen soll.
Bislang ist die Fläche direkt hinter ihrem Hof in Avendorf nur eine Baustelle. Mittwochmittag war offizieller erster Spatenstich – mit prominenter Beteiligung. Bürgermeister Jörg Weber (SPD) und Tourismusdirektor Oliver Behncke griffen – mit der Bierflasche in der Hand – zur Schaufel, ebenso Matthias Amelung (Aktiv-Region Wagrien-Fehmarn) und Julia Prange (Ostsee-Holstein-Tourismus).
Brauerei wird mit 200 000 Euro aus EU-Fonds gefördert
Denn die neue Handwerksbrauerei mitten im Dorf wird mit 200 000 Euro aus dem europäischen Landwirtschaftsfonds zur Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) gefördert. Das Gesamt-Investitionsvolumen lag zum Zeitpunkt der Antragstellung bei der Aktion-Region bei rund 620 000 Euro. Die Förderquote erreicht 55 Prozent. Förderfähig sind aber nur die Brauerei und die hierfür genutzten Teile des geplanten Gebäudes.
Beide wollen ihre Craft-Bier-Sorten in aufwendiger Handarbeit herstellen. Und damit zugleich an alte Traditionen anknüpfen. „Früher haben sich die Mägde und Knechte auf den Bauernhöfen selbst mit Bier versorgt“, erklärt Grünitz den „Revival“-Gedanken. Erst 1972 stellte die Malzfabrik Fehmarn der Familie Rathjen in Burg ihren Betrieb ein – es lohnte sich einst einfach nicht mehr.
Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute boomen Handwerksbrauereien, die traditionelle Verfahrensweisen, regionale Nachhaltigkeit sowie hohe Qualität gewährleisten. Der landwirtschaftliche Hof, auf dem die Brauerei in Avendorf entsteht, stammt aus dem Besitz von Kerstin Serck-Scheel, die gemeinsam mit Grünitz das Craft-Bier-Unternehmen „Knust“ gegründet hat. Es passt zu einem Betrieb, der vor allem auf Getreideanbau und Vermietung setzt. „Die Brauerei ist unser beider Herzensprojekt“, sagt Grünitz.
Ideen entstand vor vier Jahren
Vier Jahre sind seit der ersten Idee bis zum Baubeginn vergangen. Und jetzt nimmt das Vorhaben richtig Tempo auf. Einige Rohstoffe für ihre Craft-Biere – wie das Getreide für die Malzgewinnung – wollen sie auf Fehmarn selbst anbauen. 2017 starteten sie bereits mit der Gerste. Um möglichst nachhaltig zu wirtschaften, soll der Energiebedarf der künftigen Braumanufaktur weitgehend über eine hofeigene Biogasanlage gedeckt werden.
Spätestens zur Saison 2019 soll das erste fehmarnsche Craft-Bier auf den Markt kommen. Dann fallen auch die enormen Transportkosten auf dem Weg von Österreich auf die Sonneninsel weg. Bislang sind ihre beiden Sorten – ein feinherbes Pils und das „Sunset Ale“ – bereits in ausgewählten Läden auf Fehmarn erhältlich. Geplant sind künftig drei bis vier Hauptsorten sowie einige Saison-Specials. Angedacht ist das Projekt zudem als „Erlebnisbrauerei“ mit eigenen Kursen.
„Das klingt alles sehr authentisch“, sagt Tourismusdirektor Behncke und wünscht den beiden Unternehmensgründern von Fehmarn genug Durchhaltevermögen. „Gelder aus dem europäischen Landwirtschaftsfonds für die Regionalentwicklung in der Landwirtschaft – besser geht’s eigentlich nicht“, betont Amelung.
Gerd-J. Schwennsen