Heiligenhafen: Initiative kämpft für Schwimmbad auf dem Steinwarder

Pro und Kontra in Sachen Schwimmbad- und Hotel-Neubau in Heiligenhafen formieren sich: Nachdem sich bereits ein „Bündnis Steinwarder“ gründete, um ab Sonnabend Unterschriften von gleichgesinnten Projektgegnern für ein Bürgerbegehren zu sammeln, hat Michael Jesse die „Initiative Pro Schwimmbad“ ins Leben gerufen. In Erstauflage hat er zunächst 2000 DIN-A4-Flyer drucken lassen, auf denen stichpunktartig etliche Fakten aufgezählt werden, die unschlüssigen oder uninformierten Mitbürgern erklären sollen, „wie’s wirklich ist“. Der 53-jährige Inhaber und Betreiber des Wassersportcenters Heiligenhafen (seit 2015) mit Stützpunkt am Südufer des Binnensees erklärt mit einem Blick auf den gegenüberliegenden Steinwarder-Südstrand: „Dass dort eine neue Schwimmhalle und ein benachbartes Familienhotel entstehen sollen, ist kein ausufernder Massentourismus. Das ist eine sinnvolle und notwendige Ergänzung unserer Infrastruktur – für Auswärtige und vor allem auch für uns Heiligenhafener.“ „Schwimmunterricht kommt in Heiligenhafen viel zu kurz“: Der gebürtige Hamburger betrieb auf der griechischen Insel Kos 25 Jahre lang ein Sportcamp für Surfer, Segler, Stand-Up-Paddler, Mountainbiker und Tennisspieler inklusive Schwimmschule, ehe er sich am Binnensee niederließ. Und er weiß als Vater eines elfjährigen Sohnes und einer neunjährigen Tochter: „Das wichtige Schwimmenlernen ist generell auf dem absteigenden Ast, und genereller Schwimmunterricht in der Schule kommt hier in Heiligenhafen mangels Halle viel zu kurz oder findet gar nicht statt.“ Ein Schwimmbad-Neubau würde Abhilfe schaffen, „sodass die Kinder nicht mehr nach Fehmarn oder Eutin kutschiert werden müssen“. Zudem würden neben Schulen auch Vereine oder Senioreneinrichtungen von einem Neubau profitieren. Unter dem Arbeitstitel „Badedeck Heiligenhafen“ wurde Anfang 2019 das städtische 15-Millionen-Projekt zum Bau einer neuen Schwimmhalle auf dem Steinwarder präsentiert. Das Konzept umfasst ein Becken mit sechs 25-Meter-Bahnen nebst Sprunganlage, zwei kleinere Becken für Kinder oder Senioren sowie ein Dachgeschoss mit Sauna, Terrasse, Gastro- und Wellnessbereich. Gerechnet wird mit gut 100 000 Gästen pro Jahr: 70 000 öffentliche Besucher, 6000 aus Schulen und Vereinen sowie 30 000 Nutzer der Sauna und von Wellness-Anwendungen. 70 Prozent der Baukosten sollen durch Fördermittel gedeckt werden. Das Parkplatz-Problem soll durch die Erweiterung der bestehenden Parkfläche um eine weitere Ebene gelöst werden. Auf der „Potenzialfläche“ von 18 000 Quadratmetern, die seit 2008 im Master- und Flächennutzungsplan berücksichtigt ist, soll zudem ein Hotel-Neubau mit 120 Zimmern durch einen Privatinvestor entstehen. Dieser soll ein Drittel der geschätzten Hallen-Betriebskosten von jährlich 1,5 Millionen Euro übernehmen, den Rest decken Eintrittsgelder und ein städtischer Zuschuss von maximal 500 000 Euro ab. Nach der Öffentlichkeitsbeteiligung mit durchaus positiver Resonanz und der B-Plan-Aufstellung im Sommer 2019 gingen nun seit Ende August rund 60 Einwendungen von Bürgern bei der Stadt ein. Meist ging es um Themen wie weitere Verkehrsbelastung durch noch mehr Tourismus, die Zerstörung der letzten wertvollen Grünfläche und die Belastung des städtischen Etats. Nachdem die Stadtvertreter den Vorschlag von Bürgermeister Kuno Brandt (parteilos) nach einem Bürgerentscheid in ihrer jüngsten Sitzung mit 14:10 Stimmen abgelehnt hatten, will nun ein „Bündnis Steinwarder“ die Bebauung verhindern und für ein Bürgerbegehren nötige 850 Unterschriften sammeln. Nach aktuellem Stand soll mit Hotel- und Schwimmbadbau Anfang 2022 begonnen werden, die Fertigstellung ist für 2024 terminiert. Für Jesse drei weitere Pluspunkte des kombinierten Hotel-Schwimmbad-Projektes sind, „dass der Investor als Nachbar und Mitnutzer dort ein Drittel der Hallen-Betriebskosten von jährlich 1,5 Millionen übernimmt, 70 Prozent der Baukosten von 15 Millionen aus Fördermitteln bestritten werden können und wir damit die Saison entscheidend verlängern können. Und das geht nicht irgendwo am Ortsrand.“ Was den 53-Jährigen in den letzten Wochen genervt und zur Gründung der Pro-Initiative bewegt hat, „war der Shitstorm, den einige wenige laute Gegensprecher hier in den sozialen Medien entfacht haben – mitunter faktenfrei.“ Er findet: „Es darf nicht sein, dass so ein Projekt daran scheitert, dass Halbwahrheiten verbreitet werden. Deshalb setze ich mit Support von eigentlich allen Freunden und mir bekannten Mitbürgern nicht auf Überredung, sondern auf Aufklärung.“ Sechs Stadtverordnete plädieren für Steinwarder-Projekt: Darum ging es jetzt im Sitzungssaal des Heiligenhafener Rathauses auch sechs Projekt-Befürwortern aus der Stadtverordnetenversammlung. Monika Rübenkamp, Karl-Heinz Grell, Rainer Henke (alle SPD), Johnny Grönwald (BFH), Helmut Gideon (FDP) und Philip Knorr (CDU) hoben auf einer Pressekonferenz einmütig hervor, dass es vor allem aus finanziellen Gründen an einem anderen Standort als auf dem projektierten Terrain kein neues Schwimmbad geben werde. Die dort in Aussicht stehende 70-prozentige Förderung, in etwa zehn Millionen Euro, sei anderswo aus dem städtischem Etat nicht zu kompensieren. Mit Blick auf die geplante Betriebskosten-Splittung verdeutlichte FDP-Vertreter Gideon: „Auch wenn es sich nicht nett anhört, ist das geplante Hotel ein Mittel zum Zweck. Und wenn wir das Hotel nicht bekommen, bekommen wir auch kein neues Bad.“ Die SPD-Fraktionsvorsitzende Rübenkamp verdeutlichte: „Das Land hat sich eindeutig positioniert, das Projekt nur am Steinwarder zu fördern. Und schließlich ist der potenzielle Hotel-Investor ein Privateigentümer und keine Kette.“ Beim Bürgerentscheid stehen 1,2 Millionen Euro auf dem Spiel: Gideon rechnete zudem mit Blick auf die Unterschriftensammlung der Projektgegner vor: „Sollten sich die Bürger jetzt doch noch anders entscheiden, wären nicht nur die rund 800 000 Euro weg, die schon für die Entwicklung der Planung ausgegeben wurden. Dann müsste man auch noch mit einer Regressforderung von 400 000 Euro seitens des Investors rechnen, der nach all unseren mehrheitlichen Entscheidungen schließlich auch schon entsprechende Schritte eingeleitet hat.“ Lesen Sie auch Erlebnisbad und Hotel in Heiligenhafen: Neues Bündnis plant Bürgerbegehren Heiligenhafen: Stadtvertreter lehnen Bürgerentscheid zum Steinwarder ab Erlebnisbad und Hotel auf dem Steinwarder: Kommt ein Bürgerentscheid? Von Andreas Oelker