Küstenwache wirbt um Nachwuchs

Antreten an Bord vor Hans-Peter Reubold. Der Kommandant bereitet die Praktikanten auf die Fahrt mit der „Eschwege“ vor. Wer auf dem 66 Meter langen Schiff unterwegs ist, muss seine Regeln befolgen. Ein Video zum Thema finden Sie auf der Internetseite LN-online.de/Ostholstein Nicht schnell laufen. Nicht über die Reling beugen. An Durchsagen halten. Nach der Ansage geht es in die Messe. Smutje Birger Einfeldt serviert Hühnerfrikassee. Die Schüler lernen, dass an Bord niemand hinter ihnen herräumt. Die weiteste Anreise hatte Lea Kutzner. Die 18-Jährige kommt aus dem bayerischen Obernburg am Main, macht nächstes Jahr ihr Fachabi und hat schon häufiger bei Kappeln Urlaub gemacht. „Ich kann mir vorstellen, zur Küstenwache oder zur Hundestaffel zu gehen“, sagt sie. Für das Praktikum habe sie sich eine Woche von der Schule befreien lassen. Das Schiff legt ab, verlässt den Neustädter Hafen. Für die Mannschaft Alltag, für die Schüler ein erster Höhepunkt. Sie zücken ihre Handys, knipsen Bilder. Dabei werden sie von Sabine Seelig beobachtet. Sie betreut die Gruppe und kümmert sich um die Öffentlichkeitsarbeit der Bundespolizeiinspektion See Neustadt. „Wir haben Personalnot und brauchen für alle Bereiche Nachwuchs“, sagt Seelig. Wer zur Küstenwache möchte, benötigt mindestens die Mittlere Reife. Für den gehobenen Dienst muss es Abitur oder aber die volle Fachhochschulreife sein. Fachkräftemangel erhöht Karrierechancen: Der Altersdurchschnitt bei der Bundespolizei ist hoch. Zahlreiche Mitarbeiter gehen in den kommenden Jahren in den Ruhestand. Polizeisprecher Matthias Menge von der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt spricht deshalb von einer Einstellungsoffensive. „Die Bedarfsdeckung fällt nicht leicht“, betont er. Dabei seien die Karrierechancen und Aufstiegsmöglichkeiten gut. „Wir hatten zuletzt etwa 21000 Bewerbungen, stellen jährlich 2700 Polizeianwärter ein. Vor ein paar Jahren waren es noch 800“, erläutert Einstellungsberater André Behnick. Die Qualität der Bewerber habe spürbar nachgelassen. „Wir haben klare Mindestvoraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Viele haben motorische Probleme, können zum Beispiel keine Rolle vorwärts“, sagt Behnick. Letzteres ist für Julius Fink kein Problem. Der 14-Jährige aus Timmendorfer Strand hat sich aufgrund der Ausschreitungen während des G-20-Gipfels im Juli 2017 in Hamburg für einen Job bei der Polizei entschieden. „Ich möchte zur GSG 9, der Spezialeinheit der Bundespolizei. Das Praktikum ist wirklich viel besser als bei anderen Unternehmen. Wir bekommen einen richtigen Einblick, lernen hier ganz viel kennen“, schwärmt Fink. Fünf Tage sind die Schüler auf dem Neustädter Wieksberg unterwegs. Hinzu kommen Abstecher zur Fliegerstaffel in Fuhlendorf, zur Bundespolizei in Ratzeburg, eine Feuerlöschübung sowie Überlebenstraining im Wasser und eben die Fahrt auf der Ostsee. Actiongeladene Stunden auf dem Wasser An Bord der „Eschwege“ lernen sie den Maschinenraum kennen, dürfen auf die Brücke die Kontrolle eines anderen Schiffes verfolgen und am Ende sogar mit einer Leiter über die Reling in ein kleines Kontrollboot klettern. Mit diesem und hoher Geschwindigkeit geht es zurück nach Neustadt. Kurz nach ihrer Ankunft kreist ein Polizeihubschrauber über ihren Köpfen – eine Extra-Einlage für die Praktikanten. Die Bundespolizei präsentiert sich als Arbeitgeber mit einer gehörigen Portion Action. In diesem Jahr gehen 43, im kommenden Jahr sogar 99 Beamte der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt in den Ruhestand. Die Direktion ist neben der Bundespolizei See (Küstenwache) auch für die Kräfte an Land in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zuständig. Insgesamt arbeiten dort 1941 Polizeivollzugsbeamte, 94 Verwaltungsbeamte und 286 zivile Angestellte. Die Bundespolizei hat nach eigenen Angaben einen „beachtlichen Bedarf“ an Nachwuchskräften. Deshalb setzt sie nicht nur auf klassische Nachwuchswerbung wie Infomessen und Schülerpraktika, sondern unter anderem auch auf einen eigenen Youtube-Kanal sowie auf das Online-Bilder- Portal Instagram. Mitarbeiter sind im Streifen-und Kontrolldienst im grenzpolizeilichen und bahnpolizeilichen Aufgabenbereich sowie an Flughäfen im Einsatz. Auch gibt es Beamte im Flugdienst, auf Hoher See sowie bei der Spezialeinheit GSG 9. Hintergrundinfos gibt es im Internet auf www.komm-zur-bundespolizei.de Mehr Fotos vom Praktikum sehen Sie in unserer Bildergalerie im Artikel auf www. LN-online.de/Ostholstein Sebastian Rosenkötter

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