Lake-Effect in Ostholstein: So schiebt sich Grube aus den Schneemassen

Kollektives Aufatmen in der ansonsten eher unspektakulär idyllischen 1050-Seelen-Gemeinde am Tag nach dem von Sturmtief „Tristan“ bescherten Schneechaos: Im ostholsteinischen Grube mit seiner Gesamtfläche von gut 20 Quadratkilometern unweit der Ostseeküste war das Gros der Mitbürger – gewerblich wie privat – am Mittwochvormittag mit Schieben und Schippen beschäftigt. Dank „Lake-Effect“ hatte Grube tags zuvor aus Richtung Nordosten kreisweit wohl die größte „Husche“ abbekommen, war verkehrstechnisch zeitweise von der Außenwelt fast abgeschnitten und arg vom Winde verweht. Am Morgen danach kann Bürgermeisterin Kirsten Sköries (62) allerdings schon recht entspannt auf die Lage blicken und berichtet: „Der Schnee lag und liegt hier mitunter zwar immer noch im Schnitt um die 40 Zentimeter hoch. Aber da die angedrohte zweite Welle in der Nacht ja zum Glück ausblieb, konnten und können die Räumarbeiten zügig vonstatten gehen. Dass hier nichts weiter passiert ist, haben wir auch und vor allem unseren beiden fleißigen Bauhof-Mitarbeitern zu verdanken.“ Mit Unimog, Radler und Schmalspur-Schlepper im Einsatz: Die beiden Gelobten sind Martin Witt (58) und Christian Schmidt (41). Ihnen stehen ein Unimog U 400 und ein Atlas-Radlader – jeweils mit großer Schaufel bestückt – quasi rund um die Uhr für die gröbsten Räumarbeiten zur Verfügung. Fürs Freischieben der örtlichen Rad- und Fußwege greifen sie auf einen Schmalspur-Schlepper zurück. Witt erzählt: „Am schlimmsten war es gestern auf der Straße in Richtung Rosenfelder Strand, die immer wieder zugeweht wurde, weil es wohl sechs Stunden lang ununterbrochen schneite. Und für kurze Zeit waren nachmittags sogar die Hauptstraßen in Richtung Oldenburg, Dahme und Lensahn unpassierbar – das war für uns alleine nicht zu schaffen.“ „Hatten uns als Epizentrum wohl nicht auf dem Zettel“: Dazu merkt die Bürgermeisterin an: „Wir hatten uns daher nach Absprache mit dem Ordnungsamt noch einmal an die Straßenmeisterei in Oldenburg gewandt, weil die uns als Epizentrum der Schneekatastrophe wohl nicht recht auf dem Zettel hatten.“ Daraufhin habe deren Winterdienst noch ein paar Extra-Touren gemacht, „so dass sich die Lage abends zumindest auf den größeren Straßen wieder entspannt hatte“. Multi-Dienstleister Langbehn im Dauereinsatz: Daran hatte – zumindest im Kleinen – auch Volker Langbehn (57) erklecklichen Anteil. Der umtriebige Gärtner und Gemeindewehrführer sowie nebengewerbliche Winterdienstleister in Personalunion, der am merklich aufgeklarten Mittwochmorgen bei minus drei Grad gerade dabei ist, den Zugang zur Gruber Volks- und Raiffeisenbank freizulegen, schildert: „Gestern war ich schon dreimal für je eine halbe Stunde hier zugange und war auch bei meinen anderen Objekten in Dahme und Kellenhusen wohl bisher 14 Stunden lang im Einsatz. Nur gut, dass das Ganze nicht so ausgeartet ist wie 1978/79. Da versperrte hier auf der Hauptkreuzung eine gut drei Meter hohe Schneewehe alle Wege.“ „Schneekatastrophe irgendwie förderlich für Zusammenhalt“: Das findet rückblickend auch Bürgermeisterin Sköries. Die ehrenamtliche CDU-Verwaltungschefin sagt als waschechte Gruberin jedoch: „Irgendwie kommt einem das jetzt wieder in Erinnerung. Auch wenn man das vielleicht verklärt betrachtet, ist so eine heftige Schneekatastrophe irgendwie auch förderlich für den Zusammenhalt der Gemeinde. Zumindest habe ich das auch jetzt während der Gespräche mit den Nachbarn beim Gassi-Gehen mit meinem Retriever ,Fido’ verspürt.“ Lesen Sie auch Nachgemeldet: Acht weitere Corona-Todesfälle in Ostholstein Schnee und Glätte sorgen für Unfälle in Ostholstein und Lübeck Rodeln im Schnee verboten: Oldenburg sperrt den Wall Gruber Familienvater in Sorge um das Klima: Und was die 62-Jährige auch noch als positiven Nebeneffekt der „Tristan-Arie“ sieht, „ist die erfreuliche Tatsache, dass man mal einen Tag lang nicht über das Dauerthema Corona sprechen muss“. Das geht Jan Zühlke zwar ähnlich, der gerade als Hauptstraßen-Anrainer geduldig sein Auto freigeschippt hat. Doch der 29-jährige Familienvater bekennt: „Dieser massive Schneefall gestern und heute bereitet mit keine Probleme. Ich sorge mich aber gewaltig um unser Klima.“ Vorfreude auf Bratkartoffeln und Schweinefilet: Unterdessen sorgt sich Bauhof-Mitarbeiter Witt schon eher um sein aktuelles Wohlbefinden und räumt bei einer der raren Verschnaufpausen hinterm Unimog-Steuer ein: „Ich bin jetzt seit ein Uhr unterwegs und freue mich nachher aufs Mittagessen – Bratkartoffeln mit Schweinefilet. Und dann geht’s ab aufs Sofa.“ Von Andreas Oelker