Seit 1948 sind die Lübecker Inge und Klaus Rosehr Mitglieder im Niendorfer Yacht-Club, seit vielen Jahrzehnten haben sie dort unterschiedliche Segelyachten liegen. Aktuell ist es die „Poncho“, eine zwölf Meter lange Dehler 39. Wegen des Saisonendes war das Familienboot bereits weitestgehend ausgeräumt. Als Sohn Stefan Rosehr jedoch am Freitag, 1. November, um die Mittagszeit die Segel abschlagen wollte, lag die „Poncho“ nicht mehr in ihrer Box. Einfach weg – inklusive des an Land befestigten Elektrokabels.
Verschwinden zuerst nicht aufgefallen
Auf dem Clubgelände war um diese Zeit einiges los, viele Vereinsmitglieder glaubten, „mein Sohn habe die Yacht direkt zur Werft gebracht“, erzählt der 85-Jährige. Dem war jedoch nicht so. Parallel berichtete ein Bekannter, dass am Abend zuvor gegen 22 Uhr ein Boot mit Positions- und Maschinenlichtern den Hafen verlassen habe. Da konnte man eins und eins zusammenzählen.
Anruf vom Hafenmeister
Nach Umwegen über Wasserschutzpolizei, die Polizei in Timmdorfer Strand und die Kripo in Bad Schwartau, begab sich Stefan Rosehr von Niendorf aus nach Lübeck, um auf der Polizeistation in der Hansestraße Anzeige zu erstatten. „Die Anzeige war gerade fertig geschrieben, als mich der Niendorfer Hafenmeister anrief und sagte, unser Boot sei wieder da“, sagt Stefan Rosehr. Das sei gegen 18 Uhr gewesen. Die Kollegen von der Hansewache hätten daraufhin mit dem Kriminaldauerdienst telefoniert, der sich am Sonnabendvormittag zur Spurensicherung in Niendorf einfand.
Yacht lag fast unversehrt am Steg
Stefan Rosehr (50) selbst fuhr noch am Freitagabend nach Niendorf: Die „Poncho“ war einfach vor den Steg gefahren worden und nur mit einer Leine notdürftig befestigt, der Schaden am Schiff habe sich jedoch in Grenzen gehalten. Die „Poncho“ und die Backskiste waren aufgebrochen, der Kriminaldauerdienst habe ein Schloss und sogenannte Zeisinge (Gummis zum befestigen der Segel) mitgenommen.
20 Stunden auf der Ostsee unterwegs
„Wir fragen uns: Was haben die Diebe 20 Stunden lang mit dem Boot gemacht“, sagt Rosehr senior. Dass das Boot in der eisigen Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November und den Tag über unterwegs war, können Vater und Sohn am Dieselverbrauch – 50 bis 60 Liter – erkennen.
Offenbar keine Halloween-Party an Bord
„Sie haben offensichtlich nichts gegessen und getrunken, bis auf ein paar Kekse oder Zwieback“, sagt Klaus Rosehr. Dass Jugendliche auf der kalten Segelyacht Halloween gefeiert haben, kann sich auch Stefan Rosehr nicht vorstellen: „Dann hätte es unter Deck ganz anders ausgesehen. Außerdem standen im Kühlschrank noch zwei Flaschen Bier von mir.“ Ob sich jemals aufklärt, was in jener Nacht geschah? Stefan Rosehr ist da skeptisch.
Von Sabine Risch