Neuer Verlauf der Ostküstenleitung: Kein Erdkabel mehr bei Oldenburg?

Die alte Vorzugsvariante durchs Binnenland ist vom Tisch. Die 380-kV-Leitung durch Ostholstein soll entlang der künftigen Belttrasse verlaufen. Das hat der Netzbetreiber Tennet am Mittwoch, 19. August, bei einer öffentlichen Infoveranstaltung in Timmendorfer Strand bestätigt. Insgesamt 136 Masten sollen zwischen Lübeck und Göhl je in einem Abstand zwischen 350 und 450 Metern stehen. Erstmalig ist jetzt auch klar, wo die Trasse genau verlaufen soll: „Der überwiegende Teil der Leitung liegt westlich der Autobahn“, sagt Till Klages, Projektleiter für Planung und Genehmigung bei Tennet. Aber es gibt auch Ausnahmen: beispielsweise in der Gemeinde Ratekau bei Luschendorf. Dort schwenkt die Trasse über die Autobahn und verläuft kurzzeitig östlich der Straße. Vieles in der Planung sei noch offen und diskutabel sagt Klages – beispielsweise die genauen Standorte der Masten. Die Auswirkungen der Änderungen sind dennoch enorm: Während auf der einen Seite Gemeinden entlastet werden, klagen andere wie Scharbeutz und Ratekau über die Bündelung von Autobahn, Belttrasse und Stromleitung. Erleichterung für Süsel und Stockelsdorf: Für die Gemeinde Süsel sind die neuen Pläne eine klare Entlastung. Die alte Vorzugsvariante sah laut Bürgermeister Adrianus Boonekamp (CDU) unter anderem eine massive Betroffenheit der Orte Gothendorf und Barkau vor. Er versteht allerdings auch den Ärger seiner Amtskollegen in Scharbeutz und Ratekau. Die Informationspolitik der Tennet werde zu Recht kritisiert, sagt Boonekamp. Bettina Schäfer (parteilos), Verwaltungschefin von Scharbeutz, und Thomas Keller (parteilos), Bürgermeister von Ratekau, hatten den plötzlichen Kursschwenk und die Kommunikation der Tennet vorab scharf kritisiert. „Die verträglichste Lösung für alle wäre sicher eine Erdkabelvariante“, sagt Adrianus Boonekamp. Auch Stockelsdorf profitiert zumindest ein wenig von der Umplanung. Bürgermeisterin Julia Samtleben (SPD) spricht von einer „leichten Verbesserung“ für ihre Gemeinde. Malkendorf würde weniger umzingelt. 300 Meter Entfernung zum Gut Hasselburg: Von den Änderungen negativ betroffen ist auch die Gemeinde Altenkrempe. Zwar ist nun klar, dass die Leitung nicht direkt an Wohngebieten verlaufen soll, allerdings ist die Leitung vom unter Denkmalschutz stehenden Kulturgut Hasselburg nur 300 Meter entfernt. Ob das weit genug weg ist, möchte Bürgermeister Hans-Peter Zink (ABA) nicht bewerten, bevor er weiß, ob Sichtachsen beeinträchtigt werden. Auch er präferiert weiter eine Erdkabelvariante. Grundsätzlich sei es nicht ausgeschlossen, dass in der Nähe von Wohnbebauung noch Erdkabel realisiert werden, erklären Till Klages und Katrin Kubatz, Referentin für Bürgerbeteiligung. Zuerst müsse aber die Freileitung geplant werden, anschließend würde geprüft, ob die Umsetzung eines Erdkabels stellenweise möglich und nötig sei. Lesen Sie auch: Stromtrasse wird neu geplant: Kommunen in Ostholstein protestieren Stromtrasse durch Ostholstein: Tennet prüft Verlauf der Ostküstenleitung Stromautobahn: Planung für 380-kv-Ostküstenleitung im Kreis Segeberg gestartet Erdkabel oder Freileitung im Oldenburger Bruch? Was neben dem Trassenverlauf im Süden des Kreises noch neu ist, sind mögliche Änderungen auf dem letzten Teil der Trasse vor Göhl: Bisher sollte ein Erdkabel durch den Oldenburger Bruch verlaufen, jetzt gibt es dazu eine Alternative mit Freileitung. „Beide Planungen bestehen“, sagt Katrin Kubatz. Welche am Ende umgesetzt werden solle, sei noch offen. Oldenburgs Bürgermeister Jörg Saba (parteilos) möchte eine mögliche Umplanung nicht bewerten, bevor er mehr Informationen bekommen hat. „Unerfreulich“ findet auch er die Informationspolitik des Netzbetreibers. Er sei vom Kreis für die nächste Woche zu einem Informationsgespräch eingeladen worden. Genauso wie Göhls Bürgermeister Thomas Bauer (BGG). Dieser wünscht sich für seine Gemeinde weiter das Erdkabel. Schließlich sei das so geplant gewesen. Ostholstein positioniert sich weiter gegen Freileitung: Der Kreis Ostholstein möchte laut Landrat Reinhard Sager (CDU) eine Freileitung weiter verhindern. Der Kreis sei „verwundert über den Kommunikationsstil der Tennet“ und „überrascht von diesem Kurswechsel, nachdem man drei Jahre nichts gehört hat“. Man wolle sich nun mit den Gemeinden abstimmen. Der geänderte Trassenverlauf werde auch Thema in der nächsten Sitzung des Planungsausschusses am 2. September sein. Erst im Anschluss könne ein abschließendes Statement abgegeben werden. Grundsätzlich halte der Kreis aber an der alten Trassenführung fest, die im Dialogverfahren geeint war. Betroffener aus Pansdorf: „Wir dachten, die Leitung führt woanders lang“: Auch viele nun vom neuen Trassenverlauf betroffene Bürger hoffen sicher, dass die Freileitung noch verhindert werden kann. Zum Beispiel Andreas Steudte und seine Familie aus Pansdorf. Er, seine Frau und sein Kind sind am Mittwoch zum Infomarkt nach Timmendorfer Strand gekommen. Dort studiert er eine Karte mit seinem Dorf. „Vor fünf Jahren haben wir hier ein Haus auf einem kurz davor gekauften Grundstück gebaut“, erzählt er. Von der Ostküstenleitung habe er gewusst. „Doch es hieß, sie liefe ganz woanders lang. Wir haben uns hier unseren Lebenstraum erfüllt“, sagt er. Jetzt wohnen sie in einem der Häuser, die der Trasse am nächsten kommen – nur 70 Meter vom nächsten Mast entfernt. Von Luisa Jacobsen