Neustadt: Der ZVO will mit dem Müllheizkraftwerk Wasserstoff produzieren

Wasserstoff könnte das nächste große Ding im Bereich der Energieversorgung werden. Der Zweckverband Ostholstein (ZVO) hat das Thema aufgegriffen, will mit dem Neustädter Müllheizkraft grünen Wasserstoff produzieren und so dafür sorgen, dass ein Großteil der Müllabfuhr-Flotte in Zukunft damit betrieben wird. Darüber hinaus geht es um Klimaschutz. Wasserstoff als Alternative zu Kohlenstoff: Holger Kroll leitet beim ZVO die Stabsstelle Nachhaltigkeit und Kreisläufe und stellt klar, dass Wasserstoff ein Mittel zum Zweck sei, um die eigene sowie die Klimaschutzbilanz von Kunden zu verbessern. Wasserstoff biete als Speicher regenerativer Energie nicht nur die Möglichkeit, Fahrzeuge damit zu betreiben, sondern auch im Bereich der Gasversorgung vom Kohlenstoff wegzukommen. Wasserstoff mit Energie aus Abfall produzieren: Die Planung und Vorbereitung der eigenen Wasserstoff-Produktion laufen bereits auf Hochtouren. „Das gängigste Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff ist die Elektrolyse, bei der Wasser durch Energiezufuhr (Strom) in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird“, erklärt Kroll. Die sogenannte Elektrolyse soll auch in Neustadt zum Einsatz kommen. Der ZVO-Mitarbeiter führt aus, dass durch die Verbrennung von Abfall im Müllheizkraftwerk jede Menge Energie entstehe, die dafür genutzt werden könne. „Und da der verbrannte Abfall zu circa 50 Prozent aus biogenen Stoffen besteht, können wir damit 100 Prozent regenerativen Strom und damit 100 Prozent grünen Wasserstoff herstellen“, sagt Holger Kroll. ZVO will mit Wasserstoff Diesel einsparen: Der ZVO schätzt, dass pro Jahr etwa 150 Tonnen Wasserstoff entstehen könnten, was einer täglichen Menge von rund 450 Kilogramm pro Tag entsprechen würde. „Das würde theoretisch ausreichen, um circa 35 Abfallsammelfahrzeuge mit Wasserstoff zu betreiben“, verdeutlicht Holger Kroll. Sollten alle Fahrzeuge in Zukunft mit Wasserstoff fahren, könne man etwa eine Million Liter Diesel pro Jahr einsparen. „Das wären dann über 40 Fahrzeuge, also auch der Spülwagen“, verdeutlicht Michael Rakete, Geschäftsführer der ZVO Entsorgung GmbH. Um sie alle zu versorgen, sei es vorstellbar, Energie aus der Windkraft ebenfalls in Wasserstoff umzuwandeln. Lesen Sie auch Leerung der Mülltonnen in Ostholstein: ZVO ändert 2021 die Abfuhrtermine ZVO Ostholstein: Hier werden 2021 Millionen investiert Mülltrennung in Ostholstein: ZVO kontrolliert Gelbe Tonnen Ohne Geld vom Bund kein Wasserstoff aus Neustadt: Jedoch gibt es eine finanzielle Hürde: Brennstoffzellengetriebene Abfallsammelfahrzeuge sind in der Anschaffung noch deutlich teurer als welche, die mit Diesel unterwegs sind. Holger Kroll sagt, dass der Unterschied so deutlich sei, dass sich ein Kauf nur mit Fördermitteln realisieren lasse. Ein entsprechender Förderantrag für drei Fahrzeuge sei beim Bund gestellt worden. Ein Bescheid wird für das Frühjahr 2021 erwartet. Laufe alles glatt, könnten die Wasserstoff-Fahrzeuge 2023 unterwegs sein. Kroll betont, dass es bei der Umrüstung des Fuhrparks auch darum gehe, Kunden nicht zu stark zu belasten. Abseits der Versorgung der eigenen Fahrzeuge hält es Holger Kroll für denkbar, dass ein Teil des Wasserstoffs in das regionale Gasnetz der ZVO Energie GmbH eingespeist wird. Auch sei die Belieferung einer öffentlichen Tankstelle und von Industriebetrieben vorstellbar. Die Egoh will Wasserstoff-Akteure vernetzen: Dabei dürfte dann vor allem die Entwicklungsgesellschaft Ostholstein (Egoh) eine Rolle spielen, da diese im Kreis verschiedene Akteure – so wie den ZVO – im Bereich Wasserstoff miteinander in Kontakt bringen möchte. Geschäftsführer Jens Meyer sagt: „In einer Arbeitsgruppe mit rund 20 Vertretern aus Wirtschaft, kommunalen Versorgern und Verwaltung entwickeln wir konkrete Maßnahmen zur Produktion, Verteilung und Nutzung von Wasserstoff in Ostholstein.“ Im Januar 2021 sollen weitere Details im Rahmen eines gemeinsamen Positionspapiers mit dem Titel „Treibstoff der Zukunft – 100 Prozent grüner Wasserstoff – der Kreis Ostholstein beschleunigt die Energiewende“ veröffentlicht werden. Wasserstoff als regionaler Faktor: Mit dabei sind auch die Stadtwerke Eutin. Geschäftsführer Marc Mißling möchte Wasserstoff in das regionale Energiesystem der Zukunft integrieren: „Damit wollen wir einen wesentlichen Beitrag für eine Region liefern. Chancen sehen die Stadtwerke Eutin GmbH insbesondere in den Bereichen Wärme, erneuerbare Energien und Mobilität.“ Von Sebastian Rosenkötter