Neustädter Firma will Hunderttausende Atemschutzmasken produzieren

Der Mangel an Atemschutzmasken ist seit Wochen Dauerthema. Insbesondere Pflegekräfte und Ärzte benötigen dringend hochwertige Produkte der Standards FFP2 und FFP3. Denn nur diese Masken schützen sicher vor dem Coronavirus. Um die Situation zu verbessern, will die Neustädter F & F Lasertechnik GmbH noch im Mai mit der Produktion von Atemschutzmasken beginnen. Geschäftsführer Jens Sager ist optimistisch, rechtliche Hürden in den kommenden Tagen überwinden zu können. Jede Maske muss die Prüfnorm EN149 erfüllen. Das Land Schleswig-Holstein ist mit mehreren Betrieben in Kontakt, die Atemschutzmasken herstellen werden. Jedoch möchte das Gesundheitsministerium einzelne Vorhaben nicht kommentieren. Sprecher Marius Livschütz betont: „Jede Firma, die entsprechende Produkte auf den Markt bringt und vertreibt, muss sich an die entsprechenden Qualitätsvorgaben und Normen für das einzelne Produkt halten. Welche konkret das sind, hängt vom jeweiligen Produkt ab.“ Neustädter Firma liefert bereits Teile für Medizintechnik: Das Kerngeschäft von F & F Lasertechnik ist die industrielle Metallverarbeitung für Medizintechnik und Maschinenbau. „Wir stellen Gehäuseteile, komplette Baugruppen aus Edelstahl her“, erläutert Jens Sager. „Unsere Kunden bauen daraus zum Beispiel mit ihrer Technik Großkaffeemaschinen, Medizinapparate und Ladeneinrichtungen.“ Atemschutzmasken sind für Sager und dessen Mitarbeiter Neuland. „Als wir vor einiger Zeit angefangen haben, uns das Wissen anzueignen, war das Thema noch nicht allgegenwärtig“, erinnert sich der Geschäftsführer. „Die Fachleute haben darüber geredet, der Mangel war aber noch nicht jeden Abend im Fernsehen Thema.“ Die Idee zur Produktion habe sein Geschäftsführer-Kollege Andreas Babbe gehabt. „Er kam in mein Büro gestürmt und hat gesagt, dass wir das jetzt machen. Die Türklinke hat einen Abdruck in meiner Wand hinterlassen“, sagt Jens Sager. Babbe habe das Gefühl gehabt, dass die Atemschutzmasken dringend benötigt würden. „Es war keine rein wirtschaftliche Entscheidung. Wir wissen nicht genau, wie sich das entwickelt, wollen aber ein langfristiges Geschäft daraus machen“, sagt er. Das LN Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Lübeck dienstags bis samstags gegen 7 Uhr im E-Mail-Postfach Coronaviren sollen sich in Atemschutzmasken verheddern: Bevor es losgeht, muss die Neustädter GmbH etliche Dinge regeln und vor allem dafür sorgen, dass die Herstellung reibungslos läuft. „Unser Vorteil ist, dass wir uns alles bauen können“ sagt der Geschäftsführer. „Wir haben Drehbänke und Fräsen. Damit können wir uns Werkzeuge formen und Vorrichtungen für Maschinen bauen.“ Hinzu komme eine eigene 3-D-Konstruktionsabteilung. „Was uns fehlte, waren technische Textilien. Auf Bildern sieht man nur die weiße Kappe“, erklärt er. „Die besteht aus ganz vielen einzelnen Lagen. Das sind unterschiedliche Filze. In denen sind Filterfolien eingearbeitet, die statisch aufgeladen sind.“ Die Löcher seien so klein, dass sich die Coronaviren darin verheddern würden. Um FFP3-Masken herzustellen, würden eine Hydraulikpresse, beheizte Formwerkzeuge und Klebetechnik für die einzelnen Lagen benötigt. „All das steht jetzt für die halb automatische Produktion bereit. Wir konnten einige unserer vorhandenen Maschinen umwidmen“, sagt Sager. Als Nächstes gehe es darum, Prüfmuster – also selbst produzierte Atemschutzmasken – an ein von der EU zertifiziertes Prüflabor zu schicken, um die benötigte Zulassung für den Verkauf zu erhalten. „Das dauert normalerweise bis zu zwölf Wochen, soll nun aber innerhalb weniger Tage gelingen“, sagt Jens Sager optimistisch. EU verschnellert die Zulassung für Masken: Möglich macht dies die Empfehlung 2020/403 der EU-Kommission vom 13. März dieses Jahres. Als eine Reaktion auf die steigende Ausbreitung von Covid-19 fordert Thierry Breton, EU-Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, „neu eingereichten Anträge vorrangig behandeln und zügig durchführen“. Sollten die Neustädter tatsächlich schon bald mit der Herstellung beginnen, ist geplant, 800 000 Exemplare pro Monat zu fertigen. Neben der halb automatischen Anlage soll im kommenden Jahr eine voll automatisierte Produktion entstehen, sodass doppelt so viele Masken entstehen könnten. Sager: Ärger über verlagerte Produktion nach Asien: Jens Sager kritisiert, dass die Herstellung der Masken aus Preisgründen fast komplett nach Asien verlagert wurde. „Dass die ganze Welt so stark auf die Bremse getreten ist, gab es noch nie. Wir sehen, wie schnell internationale Handelsketten zusammenbrechen. Es darf nie wieder vorkommen, sich wegen ein paar Cent Differenz in solche eine Abhängigkeit zu begeben und dass Ärzte keine Schutzmaske haben“, stellt der Geschäftsführer klar. Deshalb gehe es nun darum, langjährige Partnerschaften aufzubauen und die Atemschutzmasken nur an ausgewählte Abnehmer zu veräußern. „Wir werden nur an jemanden verkaufen, der mit uns Drei- oder Fünfjahresverträge abschließt“, sagt Sager und ergänzt: „Wir haben schon extrem viele Bestellungen.“ Die LN-Themenseite mit allen Artikeln zum Thema Corona Coronavirus in und um Lübeck: Diese Texte sollten Sie gelesen haben Coronavirus in SH: Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Liveblog zur Corona-Krise: Das ist die Lage in Lübeck und Schleswig-Holstein Alle aktuellen Informationen aus Deutschland und der Welt im Live-Blog #supportyourlocal: Machen Sie Ihr Angebot bei uns bekannt #supportyourlocal: So helfen Sie Geschäften, Restaurants und Freiberuflern in Lübeck Viele Pflegekräfte in Schleswig-Holstein haben Angst Corona in Lübeck: Bürgermeister Jan Lindenau beantwortet die Fragen der Bürger – das sind die wichtigsten Antworten Schon sieben Tote im Pflegeheim Rümpel bei Bad Oldesloe Unter strengen Auflagen: Abiturprüfungen in Schleswig-Holstein haben begonnen Maskenpflicht in SH für alle ab sechs Jahre Maskenpflicht in Schleswig-Holstein: Die LN beantworten die wichtigsten Fragen Notbetreuung bringt Kitas an ihre Grenzen Diese Regeln gelten jetzt für die Geschäfte im Norden Hilferuf: Mehr Schutz für die Pflegeheime Unterricht am Sonnabend? 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