Niendorf: Sterne-Koch macht Karriere im Norden

Mit dem „Balthazar“ im Hotel Yachtclub hat auch Niendorf sein Sterne-Restaurant bekommen. Küchenchef Oliver Pfahler setzt auf moderne Mittelmeerküche mit französischem Einschlag, kocht für seine Kinder gerne mal bodenständig und rät Hobby-Köchen: „Einfach alles ausprobieren.“ „Ich arbeite gern mit Fisch und Krustentieren“: 635 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Oliver Pfahlers Geburtsort im Kreis Augsburg und seiner jetzigen Wirkungsstätte Niendorf/Ostsee. Die Unterschiede zwischen dem Süden und dem Norden zeigen sich nicht nur im Dialekt, sondern auch bei dem, was bevorzugt auf die Teller kommt. „In Bayern können Sie einen schönen Krustenbraten genießen, aber beim Fisch sieht es weniger gut aus – und das ist hier an der Küste natürlich völlig anders“, sagt der Küchenchef. Er arbeite gern mit Fisch und Krustentieren, meint der 46-Jährige. Beim morgendlichen Einkauf am Niendorfer Hafen wird man ihn aber selten sehen, finden sich auf der Speisekarte des „Balthazar“ doch eher Kaisergranat oder bretonischer Steinbutt anstatt Dorsch oder Ostsee-Scholle. Den Norden kennt Oliver Pfahler schon lange, zu den Stationen seiner Karriere gehören das „Landhaus“ in Timmendorfer Strand, mehrere Restaurants in Hamburg, darunter das „Le Canard“, sowie das Hotel „Schloss Lütgenhof“ bei Dassow, das Seehotel „Töpferhof“ in Alt Duvenstedt (Kreis Rendsburg-Eckernförde), das „Rugard’s Gourmet“ in Binz auf Rügen und die „Villa Mare“ in Travemünde. Vom letztgenannten Standort ist Oliver Pfahler 2020 mit dem „Balthazar“ und dem dazugehörigen Team ins Niendorfer Hotel „Yachtclub“ umgezogen, das ebenso wie die „Villa Mare“ den Brüdern Andreas und Christian von Oven gehört. Lesen Sie auch Timmendorfer Strand: Maritim ist Top-Ausbilder für Köche Scharbeutz: Kochen mit dem Sterne-Koch Weissenhaus - Vom Pfannkuchen zur Sterneküche Michelin-Stern nach dem Umzug neu erkochen: Seinen ersten Michelin-Stern hat Oliver Pfahler 2010 bekommen, nach dem Umzug von Travemünde nach Niendorf im vergangenen Jahr musste er sich diesen jedoch neu erkochen – so seien die Regeln, erklärt er. Also war irgendwann 2020 ein Inspektor des „Guide Michelin“ im Niendorfer „Balthazar“ zu Gast und speiste, gab sich aber nicht zu erkennen. Doch auch das Wissen um einen strengen Test-Esser hätte ihn nicht aus der Ruhe gebracht, meint Oliver Pfahler. „Wir geben immer hundert Prozent.“ Geklappt hat es jedenfalls, Anfang März gaben die Verfasser des berühmten Restaurant-Führers die Sterne für 2021 bekannt, und das „Balthazar“ war wieder dabei. Außer in Niendorf funkeln in Ostholstein noch jeweils ein Stern in der „Orangerie“ von Lutz Niemann im Timmendorfer Maritim-Seehotel und in der „Diva“ von Gunter Ehinger im Scharbeutzer Hotel „Gran Belveder“ sowie zwei Sterne im „Courtier“ von Christian Scharrer im „Weissenhaus Grand Village Resort“. Zusammengearbeitet hat Oliver Pfahler bisher mit keinem dieser Kollegen, „aber wir kennen uns, zum Beispiel über die verschiedenen Auszeichnungen“. Denn neben den begehrten Sternen gibt es ja auch noch Punkte im Gault Millau, Kochlöffel, Hauben, Pfannen und Diamanten. „Jeder Sterne-Koch hat seinen eigenen Stil“: Die Sterne vom „Guide Michelin“ gelten jedoch als höchstes Ziel. Eine Konkurrenz unter den damit geadelten Köchen sieht Oliver Pfahler nicht. „Jeder hat seinen eigenen Stil, und die Gäste essen ja nicht jeden Tag im selben Restaurant.“ Vor der coronabedingten Schließung sei das „Balthazar“ täglich ausgebucht gewesen, berichtet er. Das hänge zum einen mit dem Konzept „Klein, aber fein“ zusammen – im Bereich des Sterne-Lokals befinden sich nur fünf Tische, für die Oliver Pfahler im Rahmen des „Fine Dining“ zuständig ist. Zum anderen herrsche schlicht großer Andrang von Gästen unter anderem aus Timmendorfer Strand, Hamburg oder Bremen – ohne Vorbestellung geht nichts. Die jüngste Speisekarte reichte vom Vier-Gänge-Menü für 99 Euro bis zum Neun-Gänge-Menü für 159 Euro und bot beispielsweise Jakobsmuschel, Oktopus und US-Beef. Damit startet das „Balthazar“ jedoch nicht wieder durch, sobald es wieder öffnen darf. Dem Küchenchef ist auch eine sowohl regionale als auch saisonale Ausrichtung wichtig – und an welchem Tag des Saisonkalenders Oliver Pfahler mit seinem Team wieder Gäste bekochen und bewirten kann, steht eben noch nicht fest. Der Sterne-Koch hofft, zumindest die Spargelzeit mitnehmen zu können. Diese endet offiziell am 24. Juni, dem Johannistag, auch „Spargel-Silvester“ genannt. Das gesamte Hotel wird derzeit renoviert: Das Hotel „Yachtclub“ wird derzeit komplett renoviert. Dürfte es nach dem 18. April wieder öffnen, sei das 60-Zimmer-Haus komplett startklar, erklärt Hotelleiterin Sophie Zander. Derzeit befindet sich die Küchen-Mannschaft in Kurzarbeit, auch Oliver Pfahler, der deshalb jeden Tag für seine beiden Kinder in Hamburg kocht. „Dann darf es auch bodenständig sein“, berichtet er: „Gulasch, etwas vom Holzkohlegrill oder auch Spaghetti Bolognese.“ An seinen bisherigen Stationen hat Oliver Pfahler mitunter auch Kochkurse gegeben, die jedoch böten sich am Standort Niendorf nicht an, sagt er: „Dafür ist die Küche zu klein.“ Tipps für Hobby-Köche hat er dennoch. „Die Ware ist der Star“, findet er, und dass komplizierte Rezepte aus Kochbüchern mitunter schwer umzusetzen seien. „Besser ist es, einfach etwas auszuprobieren – und einfach mal drauflos zu kochen.“ Von Sabine Latzel