Oldenburg/Heiligenhafen: Fitnessstudios im Lockdown: Sorge um Gesundheit

Bereits Anfang November wurden wegen der Corona-Pandemie die Sport- und Fitnessstudios geschlossen. Durch die Verschärfungen ist auch keine Änderung in Sicht. Jetzt schlagen die Fitnesstrainer Alarm. Adipositas, Schlaganfälle, Herzinfarkte und Diabetes würden zunehmen, wenn die Situation so bleibe, Sport unter Anleitung weiterhin im Lockdown nicht möglich sei und die Vorsorge auf der Strecke bleibe. Folgeerscheinungen durch weniger Bewegung: „Klar, es geht auch um unsere Existenz, und ich bin traurig, dass ich meine Leidenschaft nicht ausüben kann“, sagt Fitnesstrainer Dirk Franke, Inhaber von zwei Studios in Oldenburg und Neustadt. Aber er möchte sich besonders für seine Kunden einsetzen: „Die Folgeerscheinungen des Nicht-Bewegens sind immens. Wir reden nicht nur von den Personen, bei denen schon eine ärztliche Verordnung notwendig wäre, sondern vor allem über diejenigen, die davor bewahrt werden, dass Erkrankungen ausbrechen.“ Es sei erschreckend zu sehen, wie Kunden, die er mit seinem Team „auf Kurs“ bekommen habe, schnell in Sachen Gesundheit „wegbrechen“ würden. Franke betont: „Die Menschen machen nicht nur keinen Kursus mehr, im Gegenteil, sie sitzen zu Hause auf der Couch, und das wird dann immer angenehmer.“ Statt sich anständig zu ernähren, passiere auch hier nichts mehr. So werde auch entweder zu wenig oder mehr Kaffee und weniger Wasser getrunken. Sport in vielen Facetten systemrelevant: Dass die Leute dann klagen, Rücken, Hüfte oder Knie würden schmerzen und die Waage zeige zehn Kilo mehr an, sei doch logisch, sagt Franke. „Das Rad wird nicht verlangsamt, sondern angehalten. Wir sind auch systemrelevant in mehreren Facetten. Das muss einfach mal gesagt werden.“ Bluthochdruck werde oft einfach hingenommen. Es sei aber eine gefährliche Erkrankung, gegen die der Sport helfe. Bewegung mindere auch Depressionen und Gewalt, was im Lockdown auch große Themen seien. Studios seien dabei ein Ventil. Nur zehn Prozent der Kunden, schätzt der Oldenburger Fitnesstrainer, würden auf Sport „geiern“ und könnten eine Wiedereröffnung kaum abwarten. In der aktuellen Lage sei der Betrieb zum Online-Studio geworden, was er nie sein sollte. Es werde zum Beispiel ein „Work-out of the week“ zu verschiedenen Themen gedreht und ins Netz gestellt. Krafttraining mit Besenstiel oder Mobilität mit Handtuch soll zu Bewegung mit einfachen Hausmitteln anregen. Doch: „Der Großteil verliert an Motivation.“ Stiller Protest an zwei Standorten: Wer einmal stehe, komme schwer wieder in Bewegung. Kündigungen würden gerade von denen kommen, die es eigentlich am nötigsten hätten. „Viele ertragen lieber die Schmerzen. Das kann nicht die richtige Message sein“, sagt Franke. Er wolle nur warnen, daher habe es erst kürzlich noch einen stillen Protest mit jeweils knapp 50 Personen vor seinen beiden „Logo-Fit“-Studios gegeben. Er sehe dringenden Handlungsbedarf. Januar bis März sei eigentlich die Saison der Studios, da sich viele gerade im genussreichen Dezember einfach gehen lassen würden. Reha-Kurse dürfen im Lockdown gegeben werden: Bisher hat sich Dirk Franke dem Reha-Sport auf Attest nicht verschrieben. In Zukunft werde er dies näher ins Auge fassen. Denn Studios dürfen zur medizinischen Versorgung für Personen mit Rezept derzeit Rehaprogramme anbieten. So macht es das „Baltic Fit“ in Heiligenhafen. Wie Geschäftsführer und Sporttherapeut Frank Sawatzki erläutert, finden verordnete Maßnahmen, zehn Rehasportkurse in der Woche, bei ihnen noch statt. Fitness ist nicht nur Freizeitgestaltung: Aber ansonsten kann Sawatzki seinem Kollegen aus Oldenburg beipflichten: „Wir werden als Freizeitgestaltung abgestempelt. Da gehören wir nicht hin. 80 Prozent im Fitnessstudio ist Gesundheitssport.“ Es handele sich nicht nur um Ästhetik und Körpergestaltung wie das klassische Bodybuilding, sondern um „Körperpflege, darum, das Immunsystem zu stärken und natürliche Abwehrmechanismen aufzubauen“, sagt der Heiligenhafener Sportwissenschaftler. Lesen Sie auch Gesundheit für Kinder: Kita-Knirpse auf Kneipp-Tour Scharbeutz: Sport am Strand beim Breitensporttag Duschen verboten: Für Fitnessstudios gelten strenge Corona-Hygieneregeln All diese Faktoren würden nicht berücksichtigt werden, verdeutlicht Frank Sawatzki. Sein Kollege Dirk Franke beklagt: „Die Fitnessbranche hat nicht die große Lobby und läuft unter dem Radar der Politik.“ Von Markus Billhardt