Der langfristig angekündigte Wach- und Generationswechsel wird am kommenden Montag vollzogen: Am 1. Februar geht Michael Kümmel (65), der langjährige Geschäftsführer der städtischen KulTour Oldenburg in Holstein gGmbH, in den Ruhestand – coronabedingt ohne „großen Bahnhof“. „Aber die Stadt möchte mich schon noch offiziell verabschieden, wenn die Pandemie-Lage es denn wieder zulässt“, berichtet der 65-Jährige. Bereits seit vergangenem Sommer stand fest, dass Betriebswirt Mirko Franck (39) seine Aufgaben und damit auch die Leitung der Volkshochschule Oldenburg übernimmt.
Auch deshalb geht Kümmel mit einem guten Gefühl in den Ruhestand. Denn sein Nachfolger arbeitet bereits seit Anfang Dezember intensiv in allen Bereichen mit und kann die gGmbH gut bestellt übernehmen. Der 39-jährige Franck kommt ursprünglich aus Scharbeutz, hat in Lübeck ein Systemhaus mitgegründet, war nach seinem sozialökonomischen Studium in Hamburg 14 Jahre lang an der Hochschule München in der Erwachsenenbildung in leitender Funktion tätig. Er bekennt: „Ich freue mich sehr darauf, gemeinsam mit meinem Team sowie allen bildungs- und kulturbegeisterten Bürgerinnen und Bürgern, der Stadt, Institutionen und Unternehmen an die Erfolgsgeschichte von Michael Kümmel anzuknüpfen und die Bildungs- und Kulturaktivitäten in der Region mitzugestalten.“
Einstand 1991 im kleinen Bücherei-Büro
Die VHS-Leitung wurde dem damals 36-jährigen Germanisten Kümmel im Mai 1991 von der damaligen Vorsitzenden Beate Krebs übertragen. Die Volkshochschule verfügte über ein kleines Büro in der Stadtbücherei und führte ihre Kurse in den Schulen durch. Kümmel baute die VHS systematisch aus. Ein erster Meilenstein war, als der Verein 1996 eine erste Personalstelle für das Sekretariat und die Buchführung selbstständig besetzen konnte – seitdem ist Yvonne Markmann dabei.
Quantensprung 1999: Eigener Computerraum
1999 gelang es der VHS mit großen Fördermitteln des Landes, einen eigenen Computerraum im damaligen IKK-Gebäude in der Schuhstraße einzurichten, in das auch die VHS mit ihren Büros einzog. „Das war ein Quantensprung für die Volkshochschule, die sich in dieser Zeit zu einem mittelstädtischen Bildungszentrum entwickelte“, blickt Kümmel zurück. Zur Jahrtausendwende wurde der VHS das Kulturmanagement der Stadt übertragen und ihr Aufgabenbereich deutlich erweitert. Die bisher in Personalunion von Kümmel besetzte Projektstelle zur Alphabetisierung konnte nun ebenfalls ausgeschrieben werden. Mit Adrienne Rausch gewann die VHS eine Mitarbeiterin, die auch heute noch dabei ist. Unter Kümmel wuchs das Bildungsangebot der VHS stetig an: Aus den 2000 Unterrichtsstunden wurden bald 4000, heute sind es rund 10 000.
2007: Gründung der KulTour-GmbH und Expansion
2006 zog die VHS ins Rathaus. 2007 wurde die städtische KulTour gGmbH gegründet, und Kümmel war ihr Gründungsgeschäftsführer. Nun kamen als weitere Aufgaben die Stadtbücherei, der gesamte Kulturbereich sowie die touristischen Veranstaltungen hinzu und die gGmbH expandierte auch personell. Das Jahr 2011 war ein weiterer Meilenstein. In diesem Jahr konnte die gGmbH ihr eigenes Gebäude gestalten und im Herbst dann auch einziehen. Seitdem hat sie ihren Sitz in der Göhler Straße. „1991 habe ich gesagt, die VHS braucht ein eigenes Gebäude“, fügt Michael Kümmel an. „Und alle haben gelacht. Man musste halt 20 Jahre daran arbeiten.“
Moderner Kultur-Dienstleister für die Region
2014 gründete Kümmel in der gGmbH das Deutschzentrum für Integrationskurse, was die Institution noch weiter nach vorn katapultierte. Heute ist die gGmbH mit 21 Arbeitsplätzen, 60 freiberuflichen Dozentinnen und Dozenten sowie gut einer Million Euro Jahresumsatz ein fester Bestandteil der städtischen Arbeit in Oldenburg. „Wir haben Fördermittel im guten zweistelligen Millionenbereich nach Oldenburg geholt, zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen, die Infrastruktur der Stadt gestärkt und uns als Dienstleistungszentrum für die gesamte Region etabliert.“, fasst der scheidende KulTour-Chef seine Arbeit zusammen.
Zu Hause wartet ein voller Schreibtisch
Nach 30 Jahren geht er von Bord, bleibt Oldenburg aber treu und sagt mit einem Lächeln: „Ich habe noch viel vor: Von der Projektbegleitung und -beratung bis zu schriftstellerischen Tätigkeiten. „Der Schreibtisch zu Hause ist voll.“
Von Andreas Oelker