Ostholstein: Deponie-Betreiber will den Bauschutt aus Brunsbüttel nicht

Der Rückbau des Atomkraftwerks Brunsbüttel sorgt seit Jahren für Diskussionen in der Gemeinde Gremersdorf unweit der Ostsee. Nachdem sich niemand freiwillig bereit erklärt hat, den sogenannten freigemessenen Bauschutt aufzunehmen, wurde nun entschieden, dass dieser auf den Deponien in Johannistal sowie in Lübeck-Niemark gelagert werden soll. Dies teilte der Kieler Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Grüne) am Mittwoch, 13. Januar, mit. Die Anordnung löst Kritik, aber auch Verständnis aus. Stoppt der Betreiber die Anlieferung von Bauschutt? Axel Guttmann ist Geschäftsführer der Abfallverwertungsgesellschaft Johannistal (Teil der Unternehmensgruppe Gollan) und wurde von der Entscheidung des Umweltministeriums überrascht. „Wir haben da nicht zwingend mit gerechnet“, betonte er gegenüber den LN. In der Vergangenheit habe man dem Land kommuniziert, dass der Bauschutt nicht gewollt sei. „Wir sind ein privater Deponiebetreiber. Wir haften in Gänze für das, was hier verbracht wird“, sagte er. Um die Anlieferung eventuell noch zu stoppen, solle nun geprüft werden, ob die Zuweisung so richtig sei. „Wir behalten uns vor, Rechtsmittel einzulegen“, erklärte Guttmann. Bauschutt nach Ostholstein: Der Kreis wurde nicht informiert: Überrascht wurde auch der Kreis Ostholstein. Landrat Reinhard Sager (CDU) teilte mit, nicht vom Land informiert worden zu sein. Zu Bedauern sei zudem der fehlende Dialog mit der Bevölkerung. „Denn ungeachtet der Mitteilung des Ministeriums, das es sich hier lediglich um schwach radioaktiv belastetes Material handeln soll, löst die Diskussion darüber bei vielen Menschen Befürchtungen aus. Hier wäre mehr Transparenz nicht nur angezeigt, sondern auch hilfreich, um Vertrauen zu begründen“, sagte Sager. Wünschenswert wäre zudem eine Prüfung seitens des Ministeriums, ob „nicht die aufnehmende Gemeinde Entschädigungsleistungen vom Betreiber des Kraftwerkes erhalten sollte“. Lesen Sie auch Ostholstein: Impfung gegen das Coronavirus in 18 Heimen durchgeführt Glatte Straßen in Ostholstein: Sechs Verletzte bei drei schweren Unfällen Corona: Vater aus Eutin startet Petition gegen Präsenzunterricht Bürgermeister sorgt sich um den Ruf: Mehr Aufklärung hätte sich auch Henning Pries (CDU), Bürgermeister der Gemeinde Gremersdorf, gewünscht: „Wir sehen das sehr kritisch und finden es schade, dass es nicht wirklich gelungen ist, die Bevölkerung einzubeziehen.“ Er befürchtet, dass die Region in Zukunft mit der Aufnahme von AKW-Schutt verknüpft werde. In erster Linie gehe es dabei nicht um das Thema radioaktive Strahlung, sondern darum, dass „große Teile der Bevölkerung die Aufnahme nicht nachvollziehen können“. „Es gibt große Ängste, die mögen auch irrational sein“, führte Pries aus. Dabei müssten die Menschen mehr mitgenommen und aufgeklärt werden. Nachdem ihn Albrecht wenige Stunden vor Bekanntwerden der Anordnung telefonisch über die Aufnahme informiert habe, wolle die Gemeinde nun entscheiden, ob und wie sie Stellung beziehe. So viel Bauschutt soll nach Johannistal: Der Umweltminister sagte unterdessen, dass eine Gesundheitsgefährdung von Menschen ausgeschlossen sei. „Es ist mir bewusst, dass einige Menschen die Ablagerung freigegebener Abfälle von Kernkraftwerksstandorten beunruhigend finden. Dies geht aus vielen besorgten Eingaben an die Landesregierung und einigen kommunalpolitischen Beschlüssen hervor.“ Jedoch handle es sich bei dem Schutt um Materialien (etwa 5500 Tonnen für Ostholstein), die freigemessen worden seien. Die CDU ist bereit zur Aufnahme von Bauschutt: Sollte es wirklich keinerlei Gefährdung geben, dürfte sich die CDU-Fraktion im Kreis hinter das Vorgehen stellen. Andreas Mylius, stellvertretender Vorsitzender und umweltpolitischer Sprecher, sagte, dass die Deponie vom Grunde her für nicht kontaminierten Bauschutt zugelassen sei. „Dieser Schutt fällt in unserer Gesellschaft an. Wir müssen ihn irgendwo unterbringen. Wenn gewisse Daten eingehalten werden – die wir noch nicht kennen – sollten wir uns nicht dagegenstellen“, erläuterte Mylius. Grüne unterstützen das Umweltministerium: Ähnlich äußert sich Grünen-Sprecherin Gaby Braune: Die Entsorgung herkömmlicher Bauabfälle aus schleswig-holsteinischen Atomkraftwerken müsse im Zuge des Rückbaus gewährleistet sein. „Es ist nicht gelungen, eine freiwillige Deponierung nicht radioaktiver Abfälle aus den AKW im Land zu finden. Deshalb muss das rechtliche Instrument von Zuweisungen genutzt werden, um die Deponierung der Stoffe gewährleisten zu können“, stellte Braune klar und ergänzte: „Der Kreisverband Ostholstein unterstützt vollumfänglich das Vorgehen des Umweltministeriums.“ SPD: Zweifel an der Freimessung des Bauschutts: Der SPD-Fraktionsvorsitzende Burkhard Klinke kann dem nicht folgen. Er fragt sich, ob die Deponie die technischen Voraussetzungen erfüllt, und zweifelt an der sogenannten Freimessung des Bauschutts. Zusammengefasst würden ihm Details fehlen. „In der momentanen Situation kann ich das nicht mittragen“, sagte er. Auch müsse es Gespräche mit der Bevölkerung – insbesondere im Nordkreis – geben. Von Sebastian Rosenkötter