Ostholstein: Diese Berliner werden zu Silvester am liebsten gegessen

Dinkel-Marille, Bernstein (mit Karamellfüllung), Einhorn (Vanille-Innenleben, dazu rosafarbener Guss mit Marshmallows) oder Clowni (verziert mit Mini-Smarties): Bäckereien in Ostholstein sind bei der Berliner-Herstellung zum Jahresende kreativ. „Die meist verkauften Berliner in allen Betrieben sind aber mit roter Marmelade gefüllt und haben schön viel Zuckerguss“, sagt Hans-Jürgen Tackmann, Sprecher der Landesinnungsverbandes des Bäckerhandwerks Schleswig-Holstein. Diesen Klassiker produziert auch Bäckermeisterin Anja Klausberger jetzt hundert- und tausendfach in ihrem Eutiner Stammhaus in der Albert-Mahlstedt-Straße. Stadtbäckerei Klausberger stellt 10 000 Berliner her: Mit 500 Stück geht es am Montag in der Silvesterwoche noch verhalten los. Für den 31. Dezember werden die Bäckermeisterin (57) und ihr Team von sechs Gesellen und zwei Auszubildenden rund 10 000 Stück fertigen. „So viele waren es immer in den vergangenen Jahren. Aber durch die Corona-Pandemie sind ja keine Gäste in Eutin und Umgebung. Wir werden den Wochenanfang beobachten und dann entscheiden, welche genaue Stückzahl wir herstellen“, sagt Hans-Peter Klausberger, der sich im Familienbetrieb um Verwaltung, Personalwesen und Öffentlichkeitsarbeit kümmert. Am Silvestertag kann noch nachjustiert werden. Die vier Filialen der Stadtbäckerei Klausberger in Eutin und Malente öffnen um 7 Uhr. „Wir telefonieren morgens mit den Mitarbeitern. Sie haben Erfahrung und ein gutes Gespür, ob es ein guter oder schlechter Tag wird. Gegen 9 Uhr fällt die Entscheidung, ob wir noch weitere Berliner herstellen“, sagt Hans-Peter Klausberger. Aktuell ist das Fettgebäck in Klausberger-Filialen in den Sorten Himbeer, Amarena-Kirsch und Pflaume erhältlich, am Silvestertag gibt es außerdem noch Berliner mit Eierlikör-, Marzipan-, Aprikosen-, Erdbeer- und Johannisbeer-Füllung. Ein Berliner sei übrigens umso besser, je breiter der helle Rand zwischen der in der Fritteuse gebräunten Ober- und Unterseite ausfalle, verrät Hans-Peter Klausberger. Lesen Sie auch Ostholstein: So viel Bußgelder wurden 2021 eingenommen Fehmarn: Spaziergänger finden Mondfisch bei Staberhuk Spaziergänge rund um Lübeck: Ausflugstipps für die Feiertage Bäckereien in Ostholstein bieten Sortenvielfalt: Das Angebot ist in Ostholsteins Bäckereien überwiegend identisch. Puck – Mein Ostseebäcker, der in Bad Schwartau, Ratekau und Timmendorfer Strand vertreten ist, führt auch die Nougat- und Blaubeer-Variante sowie Bernstein mit flüssigem Karamell innendrin. Jedes Jahr eine neue Kreation lautet der Anspruch. Konditormeister Jürgen Hartmann (78) von dem gleichnamigen Café in der Lübecker Straße in Bad Schwartau setzt hingegen auf Tradition. „Ich produziere nur das, was mir auch schmeckt“, sagt Hartmann. Und das sind Kirsch-, Himbeer-, Erdbeer- und Pflaumenfüllungen. Gemeinsam mit zwei Kollegen als Aushilfen werden in der Nacht zur Silvester um die 1000 Berliner hergestellt. „Wir sind dann von 22 bis 6 Uhr beschäftigt“, verrät Hartmann. Die Inselbäckerei Börke mit Geschäften auf Fehmarn und in Oldenburg stellt Kinder-Berliner mit Smarties her – sie heißen bei der Bäckerei von Allwörden (unter anderem in Eutin, Grömitz, Neustadt ansässig) Clowni. Von Allwörden hat außerdem die Varianten Dinkel-Marille, Erdbeer-Champagner und Apfel-Zimt zu bieten. Den Berliner Einhorn gibt es bei Thaysens Backstube/Mien Backstuuv (beispielsweise in Malente, Lütjenburg, Großenbrode): Er ist mit Vanille gefüllt, mit rosafarbenem Guss und Marshmallows versehen. Senf-Berliner nur noch selten und auf Bestellung: Nur auf Bestellung fertigen einige Ostholsteiner Bäckereien noch Berliner mit Senf-Füllung an. Bei Anja und Hans-Peter Klausberger ist das schon seit Jahren passé. „Das ist die Vernichtung eines Lebensmittels, eines hochwertigen Produkts“, sagt Hans-Peter Klausberger. Außerdem habe sich der Humor ja wohl längst gewandelt: Keiner amüsiere sich mehr darüber, wenn jemand in Erwartung süßer Marmelade beim Geschmack von Senf das Gesicht verziehe. Berliner-Produktion: für Silvester im Akkord: Die Berliner-Produktion für Silvester wird in der Stadtbäckerei Klausberger am Vorabend um 20 Uhr anlaufen. „Das ist immer eine Ausnahmesituation. Wir räumen unsere Kühlgeräte ’raus, damit wir genügend Platz für sechs Friteusen haben“, berichtet Hans-Peter Klausberger. Teig ansetzen, durchkneten, dann ruhen lassen, kleine Laibe abwiegen, zu Teiglingen abpressen, diese auf Bleche setzen, eineinhalb Stunden ins feuchte, warme Klima des Gärschranks geben, sie in der Fritteuse backen, wenden und mit Füllung, Glasur oder Puderzucker versehen. Das alles wird im Akkord passieren und verlangt ein Hand-in-Hand-Arbeiten. Lange Schicht unter großer Anspannung: „Der Jahresabschluss steht einem immer ein bisschen bevor. Es gibt einen Adrenalinschub, und man fragt sich jedes Mal: Schaffen wir das alles? Und vor allem, schaffen wir das in der Zeit?“, berichtet Hans-Peter Klausberger. Um 10, 11 Uhr am Silvestertag entspanne sich alles wieder. Zeit, vielleicht selbst mal zu einer Tasse Kaffee und einem Berliner zu greifen . . . Da winken die Klausbergers ab. „Fettgebäck ist nicht so meins. Wenn überhaupt, dann nehme ich einen Amarena-Kirsch-Berliner“, sagt Anja Klausberger. „Ich bin eher ein Brotfan“, sagt ihr Mann. Geselle Alexander Korzen dagegen schätzt Berliner sehr: „Bei der Arbeit esse ich sie nicht mehr so. Aber abends, wenn ich ’runtergekommen bin, immer gerne.“ Von Ulrike Benthien