Ostholstein: Ferienhaus-Besitzer bekommen keine Corona-Hilfe

Menschenleer liegt das Ferienhausgebiet Orthfeld in Großenbrode im Nieselregen. Nur vor ein, zwei Häuschen parkt ein Auto. Wo normalerweise selbst im November und Dezember Menschen Urlaub machen, bewegt sich gar nichts. Und das kann dramatische Folgen für die Vermieter der Häuser haben. Deshalb trommeln sie jetzt für ihre Sache, sagt Sabine Igler, die mit ihrem Mann drei der Häuschen besitzt. Gegen das Beherbergungsverbot: Dabei geht es gar nicht darum, dass die privaten Ferienhausvermieter Geld haben wollen. Sie wollen vor allem eines: vermieten. Und sie sehen nicht ein, warum das nicht auch unter Corona-Bedingungen möglich sein soll. „Die Leute kommen mit dem Auto. Es ist hier wie ein eigenes Zuhause“, argumentiert Igler. „Das Beherbergungsverbot ist unverhältnismäßig, man muss differenzieren.“ Doch eine solche Forderung hilft ihr und den anderen privaten Vermietern jetzt nicht weiter. Sie dürfen keine Gäste in ihre Häuser lassen. Damit fallen alle ihre Einnahmen weg und damit auch die Grundlage, auf der sie die Ferienhäuser gekauft, renoviert und eingerichtet haben. Für Igler und ihren Mann Hubert Rimbeck geht die Rechnung nicht mehr auf. Sie haben die Anschaffungs- und Renovierungskosten zu 90 Prozent finanziert, die Raten werden über die Vermietung abgedeckt, etwa eins zu eins. Heißt konkret: Das Ehepaar muss die Raten jetzt aus eigener Tasche aufbringen. Finanziert der Rente gefährdet: Damit geht eine Konstruktion in die Brüche, mit der Igler und Rimbeck ihren Lebensabend finanzieren wollten. Er ist selbstständiger Vertriebsleiter für Kamine und Kaminöfen, sie kümmert sich um die Ferienhausvermietung. Wenn sie in Rente gehen, sollen die Ferienhäuser abbezahlt sein und die Einnahmen aus der Vermietung ihre Lebenshaltungskosten decken. Durch diese Rechnung hat Corona einen Strich gemacht. Dabei, sagt Igler, ginge es ihnen noch vergleichsweise gut. „Es gibt Menschen, die leben nur von der Vermietung, weil sie eine sehr kleine Rente haben.“ Mittlerweile haben sich laut Igler bundesweit etwa 1000 private Ferienhausvermieter in der Facebook-Gruppe „Fewo-Vermieter gegen das Beherbergungsverbot“ zusammengeschlossen. Sie fühlen sich von der Politik im Stich gelassen. „70 Prozent des Ferienhausmarktes wurden scheinbar komplett vergessen“, schreibt die Gruppe in einem offenen Brief an die Bundesregierung und die Landesregierungen. So hoch sei nämlich der Prozentsatz der Ferienwohnungen, die privaten Vermietern gehören. Und die seien vom Beherbergungsverbot genauso getroffen wie alle anderen, erhielten aber keine Hilfen vom Staat. Einnahmen finanzieren die Kredite: Deshalb fordere die Gruppe der Fewo-Vermieter stellvertretend für über 50 000 Ferienwohnungsvermieter ein Umdenken der Bundesregierung und Landesregierungen. „Viele von uns haben, da es von der Politik empfohlen wurde, selbst für die Rente zu sorgen, die letzten Ersparnisse in den Erwerb einer Immobilie gesteckt, die mit Krediten erworben wurde. Diese wurden dann durch die Einnahmen aus Vermietung getilgt, um im Alter eine sichere Rente zu haben“, heißt es in dem offenen Brief weiter. Nun sei den privaten Ferienwohnungsvermietern durch die Corona-Maßnahmen inzwischen der vierte Monat genommen, um Einnahmen zu erzielen. Belastungen und Steuern liefen weiter. Entgegen landläufiger Meinungen seien die Vermieter in der Regel nicht vermögend, sondern bis zur Rente mit meist sehr hohen Schulden belastet, für die sie mit ihrem Privatvermögen haften. Lesen Sie auch: Ostsee unterm Weihnachtsbaum: Aktion für lokale Produkte. Auktion: Das Oldenburger Kuhtor-Center wird versteigert. Großenbrode: Familienhotel an der Mole vorerst gestoppt? Mit ihrem Anliegen sind die Vermieter bisher auf taube Ohren gestoßen. Sie fallen offenbar durch ein Raster, weil sie neben der Vermietung noch Hauptberufe haben, die von der Krise nicht betroffen sind. Das sieht auch der Kieler Tourismusminister Bernd Buchholz (FDP) so. Irgendwo müsse der Bund eine Trennlinie ziehen, und die ziehe er zwischen privater und gewerblicher Vermietung. Die gewerblichen Vermieter böten Arbeitsplätze und verdienten mit der Vermietung ihren Lebensunterhalt. Was die privaten Vermieter machen, sei dagegen rein private Vermögensvorsorge. Nebeneinkommen wird nicht erstattet: Philipp Neuenfeldt, Leiter von Buchholz Ministerbüro, formuliert es in einer Antwort auf den offenen Brief etwas anders. Hinter der Ablehnung stehe die Logik, dass sonst auch die Zahnärztin, die am Wochenende als DJ auftritt, oder der Jäger, der nebenbei Restaurants mit Wildbret versorgt, antragsberechtigt wären. Eine Argumentation, die Sabine Igler lächerlich findet. Sylvia Reinhardt, Referentin der Arbeitsgruppe Tourismus der SPD-Bundestagsfraktion, teilt auf den offenen Brief der Ferienhausvermieter mit: Die Überlegung ist, dass nebenerwerblich vermietete Wohnungen nach wie vor ein Nebeneinkommen sind und der Haupterwerb für das Auskommen in der Krise weiterhin fortbesteht. Von Susanne Peyronnet