Ostholstein: Schausteller eröffnen Weihnachtsmarkt im Gewerbegebiet

Gewerbegebiet statt Weihnachtsmarkt: So lautet jetzt die Corona-Devise der Schausteller-Familie Voß. Deren Angehörige haben ihre Brutzelbude „Schlemmerhuus“ am Blauenkrog in Gleschendorf aufgebaut, wollen dort mit dem Verkauf von Bratwurst und Muzen die nächsten Monate überbrücken. Die Mitarbeiter der umliegenden Firmen freuen sich. „Alte Kogge“ im Lager: Ruhiger Winter für ein Epizentrum: „Das ist besser, als gar nichts zu machen“, findet Dieter Voß. Dem Vorsitzenden des Schaustellerverbandes Lübeck gehören zwei Hallen im Gleschendorfer Gewerbegebiet, wo das lagert, was eigentlich in dieser Zeit auf dem Hamburger Dom stehen sollte: der Stand fürs Enten-Angeln und das Kinderkarussell. Zum Jahrmarktsgeschäft der Familie Voß gehören außerdem mehrere Schank- und Imbissbuden, unter anderem die „Alte Kogge“, eines der Epizentren des Lübecker Weihnachtsmarktes. Ein solches Epizentrum ist Gleschendorf nicht. Aber bereits am ersten Tag, an dem der Duft von Krakauer, Schaschlik, Pommes sowie Brat-, Curry- und Schinkenwurst durch die Straßen rund um den Blauenkrog zieht, entwickelt sich ein reger Kundenstrom. Mitarbeiter der umliegenden Firmen versorgen sich für die Mittagspause, Handwerker von benachbarten Baustellen und Lkw-Fahrer stoppen für eine Stärkung zwischendurch. Kein Glühwein, keine Stehtische – nur Speisen „auf die Hand“: Glühwein oder irgendwelche anderen Getränke gibt es nicht, und auch der Vor-Ort-Verzehr ist nicht erlaubt, weshalb Familie Voß weder Stehtische noch Stühle aufgestellt hat. „Es gibt nur etwas auf die Hand sozusagen“, erklärt Dieter Voß. Dennoch haben seine Frau Martina und seine Tochter Alexandra im „Schlemmerhuus“ gut zu tun. Das Imbissprogramm soll auf unbestimmte Zeit von montags bis freitags zwischen 11 und 17 Uhr laufen. Das Angebot am Sonnabend will Familie Voß von der Nachfrage abhängig machen, und sonntags gibt es zusätzlich von 14 bis 17 Uhr Berliner, Muzen und Apfeltaschen. Dieses „Heißgebäck“ reicht Schwiegersohn Marcel Scholle aus seiner neuen Bude, die eigentlich für den Verkauf von Churros gedacht war – frittiertes Teiggebäck aus Spanien, das gern in flüssige Schokolade getunkt wird. Die Eroberung des Lübecker Weihnachtsmarktes mit dieser Spezialität muss warten, ebenso wie die „Alte Kogge“. Die würden sie normalerweise ab der kommenden Woche auf dem Koberg in Lübeck aufbauen, um pünktlich am Montag, 23. November, am Tag nach dem Totensonntag, in die heftigste Zeit des Jahres zu starten. Aber normal ist in diesem Jahr nichts. „Wir wollen wieder unseren Beruf ausüben“: „Wir Schausteller haben quasi seit Silvester keine Einnahmen“, erklärt Dieter Voß. Wer vor dem harten Corona-Jahr schlecht gewirtschaftet habe, für den werde es richtig eng. Die Überbrückungshilfe von 75 Prozent der Einnahmen aus dem November 2019 wüssten die Schausteller zu schätzen, sagt Voß, „auch wenn noch nicht klar ist, wie das auf den Weg gebracht wird“. Lieber aber möchten er und seine Familie wieder ihren Beruf ausüben, „uns alleine versorgen und unter Leuten sein“. Die zweite Corona-Welle rollt, zum zweiten Mal mussten Restaurants, Clubs und Kneipen schließen, viele Freiberufler und Künstler können ihrer Tätigkeit nicht mehr nachgehen. Aber Sie können Ihrem Lieblingsrestaurant helfen, die schwierige Zeit zu überstehen. Viele Läden haben sich neue Lieferservices und Angebote überlegt. Oft wird weiter lecker gekocht, und man kann die gewünschten Speisen einfach an der Eingangstür abholen – und mit Sicherheitsabstand bezahlen. Wir zeigen Ihnen, welche Angebote es in Lübeck und den umliegenden Kreisen gibt. Unter www.hilfsportal.online/ln/ registrieren sich gerade viele Gastronomiebetriebe, die Sie mit Ihrem Besuch/Einkauf unterstützen können. Einige Restaurants verkaufen jetzt auch Gutscheine, die die Kunden in besseren Zeiten einlösen können. Andere stellen einen Lieferservice auf die Beine, damit sie ihre Kunden weiter erreichen können. Wenn Sie einen Betrieb haben und sich kostenlos auf unserer Plattform supportyourlocal registrieren wollen, nutzen Sie bitte diesen link: https://www.hilfsportal.online/ln/eintrag-hinzufuegen/ Falls Sie Ihr Unternehmen bereits eingetragen haben und den Eintrag verändern möchten, schreiben Sie uns bitte eine E-Mail: machmit@LN-luebeck.de Gemeinsam werden wir die kostbare Infrastruktur unserer Innenstädte unterstützen – support your local! tir Zwei Mitarbeiter habe er in diesem Jahr entlassen müssen, berichtet Voß, sie allerdings bei einer Baufirma unterbringen können. „Aber unsere Aushilfen hängen in der Luft, und die Lieferanten verdienen auch nichts.“ Gewiss gab es kleine Lichtblicke wie die Mini-Jahrmärkte auf dem Lübecker Markt und in der Dornbreite, in Travemünde und am Zob in Mölln. In Stockelsdorf öffnete sogar ein Drive-in-Jahrmarkt. Doch das wird die Branche nicht retten. Standgebühren sind auf diesem Weg ebenfalls kaum finanzierbar – wohl dem, der zur Not vom eigenen Grundstück aus verkaufen kann. Das macht auch die Schausteller-Familie Belli, deren besonderer Hofverkauf wieder begonnen hat. Muzen, Mandeln, Crêpes, Schokofrüchte, Apfel- und Kirschtaschen sowie Bratwurst gibt es deshalb ab sofort auch wieder in Stockelsdorf, auf dem Gelände an der Albert-Einstein-Straße 34, und zwar sonnabends und sonntags zwischen 11 bis 17 Uhr. Wie lange Familie Voß in Gleschendorf aktiv sein wird, weiß Dieter Voß noch nicht. „Wir sind fest entschlossen, hier erst einmal etwas zu machen“, betont er. „Jeder sieht zu, wie er überleben kann.“ Lesen Sie auch: Lübecks Weihnachtsmarkt abgesagt: Harter Schlag für die Schausteller Lübeck: Dornbreite bietet Schaustellern Platz für kleinen Jahrmarkt Lübeck: Weihnachtsmarkt-Test mit fünf Ständen auf dem Markt Stockelsdorfer Drive-in-Jahrmarkt: Mit dem Auto auf den Jahrmarkt fahren Von Sabine Latzel