Ostholstein: Schulstart an Grundschulen

Endlich wieder Schule. Das wird ab Montag, 22. Februar, für die Klassen 1 bis 4 in Ostholstein gelten. Rund 6300 Mädchen und Jungen dürfen dann wieder „in den Präsenzunterricht unter Coronabedingungen“ an 23 Grundschulen zurück. Vermittelt werden sollen ihnen zunächst Lesen, Schreiben, Rechnen, basale Kompetenzen sowie soziales Miteinander, heißt es aus dem Bildungsministerium. Auch die Verlässlichkeit der Grundschule solle gewährleistet sein, was bedeutet, dass die Klassenstufen 1 und 2 vier Zeitstunden in der Schule verbringen, die Klassenstufen 3 und 4 fünf Stunden. Unter Beachtung der geltenden Hygienevorschriften erlaubt das Ministerium ab Montag auch wieder eine Ganztagsbetreuung. Grundregeln lernen: Melden, ruhig sein, hinsetzen: Aber wie soll der Unterricht wieder losgehen? Wie sollen die Lehrer die Forderung, neben den Hauptfächern „basale Kompetenzen“ zu vermitteln, erfüllen? Laut Michael Nesemann, Schulleiter der Arnesboken-Schule in Ahrensbök, geht es bei diesen Kompetenzen darum, etwa den Erstklässlern, die das nie gelernt haben, die schulischen Regeln zu vermitteln: melden, ruhig sein, hinsetzen. Das neben dem Unterrichten der Hauptfächer hinzubekommen, sei ein Problem. Lesen Sie auch Lernen im Lockdown: Nachhilfelehrer in Ostholstein in Sorge um Schüler Ostholstein: Lebenshilfe warnt vor Lockdown-Schäden für Kinder SH: Corona-Testungen von Lehrern und Erziehern starten nächste Woche Nesemann sieht „ein ganz großes Unwohlsein“ bei den Lehrkräften und befürchtet es bei den Eltern. Es häuften sich die Sorgen der Lehrer um Kinder, die nicht mehr mitmachen beim Distanzlernen, die abgehängt werden. „Wir kommen an die Kinder nicht ran, die melden sich telefonisch nicht, das ist ein zunehmender Anteil“, sagt Nesemann. Hochachtung empfindet der Schulleiter für die Lehrer. „Ich ziehe den Hut davor, wie sie keulen.“ Die Wiedereröffnung der Schulen sei natürlich erst einmal eine gute Nachricht, „so bekommen wir auch die ,Problemfälle’ wieder in die Schule. Wir alle haben aber eher mit Wechselunterricht in kleinen Gruppen gerechnet. Wie es jetzt laufen soll, hat uns ein bisschen überrascht.“ Kinder werden „Ankommenszeit“ brauchen: Rund 220 Mädchen und Jungen werden ab Montag wieder in ihren Klassenzimmern in der Grundschule Ratekau sitzen. „Wir bereiten uns vor wie im vergangenen Jahr. Die Schüler kommen zeitversetzt zum Unterricht und sind in Kohorten eingeteilt, es gelten strenge Hygienevorschriften“, sagt Schulleiterin Petra Westphal. „Aber die Kinder werden sicher eine Ankommenszeit von ein, zwei Wochen brauchen.“ Deutsch, Mathe, Sachunterricht – darauf werde der Unterricht abgestellt. Aber es solle auch vermehrt Bewegungsangebote geben, ebenso wie Klassengespräche. „Wir werden mehr Zeit für die Kinder benötigen“, ist Petra Westphal klar. Ab Montag, 22. Februar, müssen Schüler sowie alle an einer Schule Beschäftigten im Unterricht und in einer Betreuungssituation medizinische Masken tragen. Diese Verpflichtung gelte unabhängig vom jeweiligen Inzidenzwert, teilte das Bildungsministerium mit. Eltern und Erziehungsberechtigte können ihre Kinder, die die Klassenstufen 1 bis 4 besuchen, ab Montag aus wichtigem Grund vom Präsenzunterricht befreien lassen. Sie müssen den Antrag auf Beurlaubung schriftlich oder per E-Mail einreichen Die Beurlaubung gilt dann als genehmigt. Eine Begründung sei nicht erforderlich, so das Ministerium. Zwischen 22 und 26 Schüler hätten in den vergangenen Wochen an einer Notbetreuung teilgenommen, in Kleinstgruppen zwischen zwei und vier Stunden: „Damit wir die Kinder nicht verlieren, die Probleme haben. “ Auf die Notbetreuung und alle, die daran beteiligt waren, sei sie sehr stolz, sagt Petra Westphal: „Das war eine Doppelt- und Dreifachbelastung. Auch die Eltern haben unheimlich viel geleistet.“ Auf den Schulstart würden sich alle freuen, dennoch schwinge die Sorge vor den Virusmutationen mit. „Wir hoffen, dass die uns zugesagten Test- und Impfstrategien bald greifen werden“, sagt Petra Westphal. Rektorin aus Oldenburg: In Sorge um Gesundheit: „Wir sind hocherfreut über jedes Kind, das wieder in die Schule kommt. Denn wir haben gesehen, dass die Kinder leiden und haben ihre große Sehnsucht nach Schule gespürt“, sagt Gesine Böllnitz, Schulleiterin der Grundschule am Wasserquell in Oldenburg. Eigentlich sei ein Neustart schön – wenn es denn ein Start in Schulnormalität sein könnte. „Aber man hat schon den Gedanken, ob es gesundheitlich die richtige Entscheidung ist. Hoffentlich geht das alles gut, denn ich bin ja auch für die Kollegen verantwortlich“, sagt Gesine Böllnitz. Zudem denke sie an das Wohlergehen der Kinder und Familien. Auf der anderen Seite sorgten sich die Lehrer um die Bildung der Schüler und um ihre soziale Situation, schildert die Schulleiterin. „Wir nutzen die Plattform I-Serve und haben uns damit im Lockdown freigeschwommen. Aber das ist kein Vergleich zu echter Schule. Die Kinder brauchen die Normalität. Es ist für sie höchste Zeit, in das soziale Gefüge zurückzukehren. Auch für Eltern ist es immer schwieriger geworden, wie sie ihre Kinder beaufsichtigen sollen.“ Die angekündigten Corona-Tests für Lehrkräfte begrüßt Gesine Böllnitz: „Eine gute Sache. Aber wir wissen nicht, wie aussagekräftig sie sind. Sie heben das Risiko nicht auf.“ Pönitzer Schulleiter: „Ambivalente Gefühle“: „Wir haben ja schon einmal, vor den Sommerferien im vergangenen Jahr, alle Schüler wieder ’reingeholt. Auf Basis der Hygienemaßnahmen tun wir das jetzt wieder“, sagt Peter Schultalbers, Schulleiter der Grundschule Pönitz. 190 Kinder besuchen dort die Klassen 1 bis 4. Schultalbers spricht von einer „Ambivalenz der Gefühle. Endlich ist wieder Unterricht. Wir haben ja die Drucksituation bei Eltern gespürt. Bei vielen war die Betreuungssituation schwierig. Andererseits haben wir Respekt vor mutierten Viren. Man weiß nicht, in welcher Form sie sich verbreiten.“ Das sorge für Unsicherheit bei den Lehrkräften. Die Lehrer sollen ab März geimpft werden. Fehmarn: Und noch ein neuer Stundenplan: „Lesen, Schreiben, Rechnen, Soziales – das kommt uns entgegen. Wir haben den Stundenplan noch einmal völlig umgeschmissen, so dass dauerhaft nur zwei Lehrkräfte in einer Klasse unterrichten“, sagt Ines Schmidt, Schulleiterin der Grundschule der Stadt Fehmarn in Burg. 260 Kinder besuchen ihre Schule insgesamt. „Wir müssen die Gegebenheiten kritisch akzeptieren“, formuliert Schmidt ihre Auffassung zum Neustart. Von Ulrike Benthien, Susanne Peyronnet