Ostholstein: So groß ist die Wohnungsnot an der Ostsee

Die Nachfrage ist enorm, das Angebot äußerst überschaubar: Fast alle Städte und Gemeinden im Kreis Ostholstein benötigen dringend mehr Wohnraum – dies ist das Ergebnis einer LN-Umfrage. Vor allem fehlen bezahlbare Wohnungen. Zudem dürfte sich das Problem weiter verschärfen, da in den kommenden Jahren nicht nur mehrere neue Hotels, sondern auch Gewerbebetriebe realisiert werden sollen – eine Folge wären neue Arbeitsplätze für Mitarbeiter, die irgendwo wohnen müssen. So ist die Lage: Wohnungsnot: Ahrensbök benötigt private Investoren: Dass längst nicht nur die Küstenorte boomen, verdeutlicht ein Blick nach Ahrensbök. Bürgermeister Andreas Zimmermann (parteilos) sagt: „Die Nachfrage hält bei uns ununterbrochen an. Wir haben aktuell allein 140 Familien als Baulandsuchende registriert.“ Davon abgesehen mangele es insgesamt an Wohnraum. „Da unsere Gemeinde zu den finanziell schwächsten Kommunen im Kreis gehört, können wir leider nicht selbst Wohnraum schaffen“, führt er aus und ergänzt, dass private Investoren gefunden wurden, die im Gemeindegebiet mehrere Projekte zur Schaffung von Wohnraum angehen. Mitarbeiter von Hotels und Restaurants finden keine Wohnungen: Etwas weiter nördlich in Neustadt gibt es mit dem Lübschen Mühlenberg das derzeit größte Neubaugebiet Ostholsteins. Bürgermeister Mirko Spieckermann (parteilos) spricht dennoch von einem Mangel: „Insbesondere für das Personal der Hotels und Gaststätten und des Gesundheitswesens ist es oftmals schwierig, preiswerten Wohnraum zu finden.“ Zudem fehle barrierefreier Wohnraum für die immer älter werdende Bevölkerung. Auch deshalb habe die Stadt zuletzt 30 öffentlich geförderte Wohnungen bauen lassen – die Mieter sind Anfang November eingezogen. Häuser und Wohnungen für Einheimische, nicht für Urlauber: In den meisten Orten wollen Politik und Verwaltung in erster Linie Unterkünfte für Einheimische und nicht für Zweitwohnungsbesitzer und Feriengäste schaffen. Nach Ansicht der Scharbeutzer Bürgermeisterin Bettina Schäfer (parteilos) geht es darum, „dass unsere Kinder hier bezahlbares Bauland finden, um ihre eigene Familie gründen zu können und im Eigentum zu leben“. Darüber hinaus würden kleine bezahlbare Wohnungen ebenso wie ein Zuhause für Großfamilien fehlen. „Gerade in vielen Neubaugebieten entstehen jetzt reine Wohngebiete, das heißt, die Vermietung als Ferienwohnung ist ausgeschlossen. Aber auch ältere Wohngebiete werden genau angeschaut. Dabei werden Ferienvermietung und Dauerwohnungen in ein gesundes Verhältnis zurückgebracht“, erläutert Schäfer. So schafft Eutin Wohnraum: In Eutin liegt der Fokus auf Mietwohnungen, die benötigt werden. „Die Stadt Eutin ist im ständigen Austausch mit den Vertretern der Wohnungsbaugesellschaften und Investoren. So konnte in den letzten Jahren im Bestand durch Modernisierung und Sanierung, teils durch Abbruch und Neubau zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden. Diese Strategie wird ungebrochen fortgeführt“, sagt Stadtmanagerin Kerstin Stein-Schmidt. Große Not in kleinen Gemeinden: Während in einigen Regionen immer wieder die Kosten von Wohnungen und Häusern im Mittelpunkt stehen, sieht der Bürgermeister von Neukirchen bei Oldenburg ein generelles Problem. „Meiner Meinung nach mangelt es nicht an bezahlbarem Wohnraum, sondern überhaupt an Wohnraum. Alle Mietwohnungen sind sehr gefragt und immer schnell vergriffen“, sagt Bernd Bruhn (CDU). Ähnlich äußert sich seine Kasseedorfer Kollegin Regina Voß (SPD): „Es fehlt uns an einem Investor, der kleine Mieteinheiten baut und vermietet.“ Sierksdorf: Viele Anfragen nach Bauplätzen: Eine weitere Schwierigkeit ist, dass Gemeinden und Städte nicht nach Belieben Bauland ausweisen können. Stattdessen müssen sie sich an die Vorgaben des Landesentwicklungsplans halten. Darauf weist der Sierksdorfer Bürgermeister Udo Gosch (SPD) hin. Zugleich betont er: „Ich habe in meiner gerade halbjährigen Amtszeit eine Vielzahl von Anfragen erhalten, ob es Bauplätze gibt, ob bezahlbare Häuser zum Verkauf stehen und ob die Gemeinde freien Wohnraum zur Verfügung hat.“ Ebenso gebe es Investoren, die Flächen für größere Bauvorhaben suchen. Lesen Sie auch Große Wohnungsnot an der Küste Tausende Wohnungen und Häuser in Ostholsteiner Orten wie Neustadt, Eutin und Timmendorfer Strand fehlen Corona lässt Mobilheime und Tiny Houses auf Campingplätzen boomen Lensahn: Bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware: Darüber hinaus hat die Zahl der Sozialwohnungen in der Vergangenheit abgenommen. „Durch Auslaufen der sogenannten Bindungsfrist stehen derzeit nur noch 34 von ehemals 192 aktiv geförderten Wohnungen zur Verfügung“, sagt Dirk Bruhse, Büroleitender Beamter vom Amt Lensahn. Deshalb stehe man mit örtlichen Wohnungsbauunternehmen in ständigem Kontakt, um Realisierungsmöglichkeiten auszuloten. In Bad Schwartau versucht die Stadt, mit eigenen Grundstücken Abhilfe zu schaffen. Bauamtsleiter Thomas Sablowski sagt, dass diese Immobilienunternehmen zur Verfügung gestellt würden, um Mehrfamilienhäuser zu bauen. Oldenburg will Bedarf für Wohnraum ermitteln: Auch in Oldenburg mangelt es an bezahlbarem Wohnraum. „Fakt ist, dass der Bau von frei finanziertem Wohnraum derzeit mit einer Kaltmiete von zehn bis elf Euro kalkuliert werden muss. Die Stadtverwaltung wird Anfang 2021 eine Wohnraumbedarfsanalyse für Oldenburg in Auftrag geben, um belastbare Daten für das zukünftige Handeln zu bekommen“, sagt Bürgermeister Jörg Saba (parteilos). Von Sebastian Rosenkötter