Ostholstein im Lockdown: Gastronomen warten auf Corona-Hilfen

Dass der Lockdown Mitte Februar beendet sein wird, glaubt in der Gastronomie schon längst niemand mehr. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Verlängerung in einem Fernsehinterview bereits angedeutet. Für Restaurant- und Cafébesitzer in Ostholstein bedeutet das eine weitere Durststrecke – dabei warten sie vielfach noch auf die zugesagten Corona-Hilfen, die nur schwerfällig bei ihnen ankommen. „Krabbes Restaurant“: Corona-Hilfe steht noch teilweise aus: Pamela Krabbe, Inhaberin von „Krabbes Restaurant“ in Neustadt, hat Anfang Januar Corona-Hilfe erhalten: „Einen Abschlag für November und Dezember.“ Der Rest für November sei Mitte Januar auf ihrem Konto eingegangen, der Nachklapp für Dezember stehe noch aus. Während es für die beiden letzten Monates des Jahres 2020 an staatlicher Unterstützung 75 Prozent vom Umsatz der Vorjahresmonate gibt, werde für Januar eine Beihilfe gezahlt, sagt Pamela Krabbe. „Da werden Grundkosten wie Miete, Strom, Heizkosten, Versicherung übernommen.“ Gegengerechnet würden Umsätze vom Außerhausverkauf und Lieferservice. Gastronomin serviert Wohnmobil-Menü für Camper: „Wenn man keine Rücklagen hat, ist es sehr schwer. Man kann zusehen, wie das Geld wegrinnt“, sagt die Gastronomin. Pamela Krabbe ist froh, dass sie trotz des ersten Lockdowns im vergangenen Jahr eine tolle Saison hatte und sich ein Polster schaffen konnte. „Außerdem war ich sparsam“, erklärt sie. Aufgrund des Lockdowns im Frühjahr 2020 habe sie in ihrem Betrieb einiges auf den Prüfstand gestellt. Mit Konsequenzen: „Wir bieten kein Frühstücksbuffet mehr an. Das ist zwar schade für die Gäste, hat sich aber für uns nicht gelohnt. Auch den Mittagstisch haben wir weggelassen, er war nicht gewinnbringend.“ Dafür war Pamela Krabbe kreativ: Bei ihr gibt es ein „Wohnmobil-Menü für Camper“. Diese Gäste dürfen auf dem restauranteigenen Parkplatz stehen, bekommen dort Strom und eine warme Mahlzeit serviert. „Ich glaube, dass wir erst Pfingsten wieder öffnen dürfen. Bis dahin halte ich durch. Danach wird es kritisch“, sagt Pamela Krabbe. Lesen Sie auch Urlaub an der Ostsee: Werden Tagesgäste an Wochenenden ausgeschlossen? IHK zu Lübeck hofft auf schnelle Öffnung von Geschäften und Gastronomie Corona in Ostholstein: Drei weitere Tote Eutin: Stadtcafé-Betreiber findet Bearbeitung kompliziert: „Die Hilfe für November ist da, die für Dezember ist beantragt, aber noch nicht überwiesen“, schildert Holger Pulvermann, der in Eutin seit 2005 das Stadtcafé am Markt führt, seine Situation. Er müsse auf seine Reserven zurückgreifen, sagt er. Was ihm und Kollegen nicht einleuchtet: „Wir empfinden die Bearbeitung als sehr kompliziert.“ Im ersten Lockdown hätten die Betriebe selbst den Antrag auf Unterstützung gestellt, das Finanzamt habe ihn überprüft, dann sei rasch überwiesen worden. „Jetzt kann ein Antrag nur über einen Steuerberater gestellt werden. Den müssen die Gastronomen bezahlen, und es dauert länger“, sagt Holger Pulvermann. Frühestens zu Ostern würden Restaurants, Bars und Cafés wieder öffnen dürfen, glaubt er und sieht selbst diesen Termin skeptisch. „Wenn wir Ostern starten dürften, setzt noch in der Nacht zu Karfreitag ein Chaos ein“, so seine Prognose. Die Küste würde überrannt. Wirt aus Heiligenhafen: Auszahlung läuft schleppend: Das sieht sein Kollege Joachim Stolpe aus Heiligenhafen genauso. Er betreibt dort seit 1986 am Binnensee das Restaurant „Anno 1800“. Auch wenn die Betriebe eine Öffnung herbeisehnten: „Hätte die Gastronomie zu Ostern auf, gäbe es Riesenprobleme durch tausende Tagestouristen. Da ist das Land gefragt.“ Er empfindet die Auszahlung der Corona-Hilfen ebenfalls als „schleppend“. Eine Teilzahlung für November habe er Anfang Dezember erhalten, den Rest für November und einen Dezember-Abschlag Mitte Januar, den Dezember-Restbetrag erwarte er täglich. „Ich will mich aber nicht beschweren, es ist ja eine freiwillige Geschichte“, sagt er. Wer allerdings keine Rücklagen habe, „der werde knurrig“. Gastronom rechnet mit Pleitewelle: Sein Vorteil sei, dass er über Reserven verfüge und nicht von einer Bank abhängig sei, so Stolpe. Gedacht gewesen sei die Rücklage allerdings fürs Alter. „Ich habe auch noch Durchhaltevermögen. Aber man führt ja keinen Betrieb, um ihn geschlossen zu halten“, sagt er. Die Küstenorte in Ostholstein hätten einen Vorteil durch den starken Sommer gehabt. „Von vielen Mitbewerbern aus der zweiten Reihe, und das ist schon fünf Kilometer von uns entfernt, weiß ich, dass sie Riesenprobleme haben. Es wird viele Pleiten geben, darauf steuert alles hin“, sagt Joachim Stolpe. Dehoga: Corona-Hilfen kommen schwerfällig: „Das Gros der Novemberhilfe ist bei fast allen eingegangen, für Dezember haben die meisten Abschläge bekommen. Das hat eine Umfrage bei unseren Mitgliedern gezeigt. Aber wir sind ja schon im Februar“, sagt Matthias Drespling, Vorsitzender beim Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) Kreisverband Ostholstein, zur Situation seiner Kollegen in der Gastronomie. Unter unbürokratisch verstehe er etwas anderes: „Die Auszahlungen sind sehr schwerfällig.“ Diese Ansicht teilten auch Steuerberater, so Drespling. Die lange Wartezeit von November bis jetzt könne viele Existenzen kosten, wenn die Gastronomen „nichts in der Hinterhand hätten“, sagt er. „Viele Restaurantbesitzer haben schon im ersten Lockdown ihren Betrieb aus Eigenmitteln gestützt. Das schaffen nicht alle ein zweites Mal.“ Dafür, dass die Bundesregierung im Herbst schnelle Hilfen angekündigt hätte, sei sie weit hinter ihren eigenen Ansagen zurückgeblieben, kritisiert Matthias Drespling. Von Ulrike Benthien